Essen-Holsterhausen. Der Bürgerbund Holsterhausen hatte zu einem Stadtteilspaziergang durch das Malerviertel eingeladen. Die Teilnehmer erfuhren Details aus den Bereichen Geschichte und Kunst. Weitere Exkursionen dieser Art sollen folgen.
Sie wollte eigentlich nur kurz einen Brief einwerfen. Auf dem Weg zum Briefkasten begegnet Irmgard Schilling dann aber einer zehnköpfigen Gruppe, die am Stadtteilspaziergang durch das Malerviertel teilnimmt. Und schon schließt sich die 72-Jährige spontan an. „Ich bin in Holsterhausen geboren, habe immer hier gelebt. Da ist das Interesse an der Geschichte natürlich groß“, erzählt Irmgard Schilling.
Die Kunstinteressierten, aber auch Stadtteilpatrioten, folgten der Einladung des Holsterhauser Bürgerbundes und begeben sich zu Fuß auf die Spuren bekannter Künstler, denen der Stadtteil viele Straßennamen zu verdanken hat. Genau genommen sind es 32 Straßen, die auf diverse Maler hinweisen. Aldegrever, Dürer, von Gebhardt, Bruyn, Holbein, Krauss, Rubens oder Schongauer – um nur einige zu nennen. Beim ersten Spaziergang dieser Art stehen zunächst nur fünf im Fokus: Albrecht Dürer, Barthel Bruyn, Raffael, Hans Holbein und Martin Schongauer. „Allesamt bedeutende Maler, die etwa in der gleichen Zeit lebten. In der Renaissance, so im 15./16. Jahrhundert“, wie Exkursionsleiterin Rita Sander informiert.
Bevor es um die Künstler geht, erzählt Sander, ehrenamtliche Mitarbeiterin des Folkwang Museums, aber zunächst etwas über die Geschichte Holsterhausens. Dass sich der Name aus den einstigen „Holstern“, die früher in den hiesigen Wäldern „hausten“ ableitet, ist für manch einen Spaziergangsteilnehmer neu. Ebenso die Tatsache, dass sich der damalige Oberbürgermeister Erich Zweigert im Jahre 1901 gemeinsam mit der Firma Krupp dafür einsetzte, die Dreibauernschaft Frohnhausen, Altendorf und Holsterhausen zu Essen einzugemeinden, wie Rita Sander berichtet. „Erst da konnte Krupp behaupten, zu Essen zu gehören“, so Sander.
Etwa zu dieser Zeit, so weiß Sander, entschied auch ein Gremium, den Straßen die Künstlernamen zu verleihen. Eher willkürlich sei das passiert. Genauso wie man andere Straßen in der Umgebung nach Juristen benannte, wie zum Beispiel Savigny, Pape oder Planck. „Oh“, so wundert sich eine Spaziergängerin mit zwei Hunden an der Leine. „Ich dachte, Savigny wäre ein Feldherr gewesen.“ Wieder etwas dazu gelernt.
Vom Treffpunkt an der St. Mariä Empfängnis Kirche geht es für die Gruppe dann direkt zum ersten Maler: Hans Holbein, der vor allem durch den Realismus in seinen Bildern begeisterte. Seine Werke, so heißt es, seien die Vorläufer zur Fotografie gewesen.
Auf Holbein folgt Barthel Bruyn, dessen Name oft falsch ausgesprochen wird, wie auch Irmgard Schilling weiß: „Viele sprechen den Namen ,Brühn’ aus, dabei wird er ,Breun’ ausgesprochen“, weiß die Ur-Holsterhauserin. Neu ist einigen hingegen, dass Bruyn zwischen 1522 und 1525 für den Essener Damenstift ein Altargemälde vollbrachte und zudem noch heute zwei großformatige Altartafeln im Essener Dom zu besichtigen sind. Der rund einstündige Spaziergang wird schnell zu einer Mischung aus Kunst- und Geschichtsunterricht unter freiem Himmel und endet mit einem Besuch in der Galerie Christian Gnaß an der Papestraße sowie im Atelier Ikosaeder. Eine Fortsetzung hält Renate Wagner vom Holsterhauser Bürgerbund nicht ausgeschlossen. Immerhin sollen auch die anderen 27 Maler noch besprochen werden.