Essen. Roland Leger muss alle zwei Wochen zur Chemotherapie. „Ich habe das so gelegt, dass ein Wochenende dazwischen ist, damit ich auf der Arbeit nur am Freitag und am Montag ausfalle.“ Das ging eineinhalb Jahre gut. Dann fiel Leger aus der Krankengeldzahlung. Jetzt spenden ihm seine Kollegen einen Teil ihres Urlaubs.
Vor dreieinhalb Jahren warf der Krebs Roland Leger aus der Bahn. Nur mühsam gelang dem heute 60-Jährigen nach zwei Jahren der Weg zurück in den Beruf. Seit eineinhalb Jahren arbeitet er wieder in Vollzeit als Fahrer – doch nun habe ihm die Agentur für Arbeit geraten, in Rente zu gehen.
Die Krux: Roland Leger muss alle zwei Wochen zur Chemotherapie. „Ich habe das schon so gelegt, dass ein Wochenende dazwischen ist, damit ich auf der Arbeit nur am Freitag und am Montag ausfalle.“ Das ging eineinhalb Jahre gut. Dann fiel Leger aus der Krankengeldzahlung. „In den Jahren der Krankheit habe ich meine Ansprüche auf Lohnfortzahlung und Krankengeldzahlung voll ausgeschöpft. Jetzt kann ich für die Chemo-Therapie nicht mehr krankgeschrieben werden“, erklärt der 60-Jährige verzweifelt.
Die Krankenkasse hat keinen Ermessensspielraum
Nur kann der Berufskraftfahrer und zweifache Familienvater von 80 Prozent seines derzeitigen Gehaltes, die ihm nach Abzug der vier monatlichen Krankheitstage zustehen, nicht leben, „dann müsste ich ergänzendes Hartz IV beantragen.“ Weil er das aber nicht wollte, fragte er bei der Agentur für Arbeit, welche Möglichkeiten er habe, „aber da riet man mir, doch in Rente zu gehen. Das habe ich mir ausrechnen lassen. Die Abzüge wären sehr hoch, davon könnten wir nicht leben.“
Ein Dilemma, das auch Helmut Kiedrowicz, Sprecher der AOK Essen, sieht: „Allerdings haben wir als Krankenkasse keinen Ermessensspielraum, weiter zu zahlen.“ Erst wenn im August ein neuer Anspruchszeitraum beginnt, hat Leger erneut einen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Bis dahin trägt die Kasse lediglich die Kosten der Chemo-Therapie-Medikamente.
Bewegende Geste der Arbeitskollegen
„Jetzt haben mir meine Kollegen darum einen Gutschein über zwölf Urlaubstage geschenkt“, sagt Leger. Jeder der Kollegen der Siebdruck- und Werbetechnik-Firma Lockamp, bei der der 60-Jährige seit zehn Jahren angestellt ist, gibt anteilig etwas von seinem Urlaub ab, damit Leger nicht unbezahlt krankfeiern muss. „Das ist sehr bewegend“, sagt der zweifache Familienvater. Denn wenn man es genau besehe, opferten die Kollegen diese Tage für seine Gesundheit. „Damit hätte ich nie gerechnet.“
Aber er rechnete eben auch nicht damit, dass eine solche Situation überhaupt auf ihn zukommen könne. Hoffnung, dass sich daran rütteln lässt, hat er nicht mehr. „Ich war schon bei einem Fachanwalt. Der hat mir erklärt, dass ein Fall wie meiner extrem selten ist.“ Viele Patienten mit ähnlichen Krankheitsbildern gingen direkt in Rente, „aber das kommt für mich nicht in Frage. Ich habe ja gekämpft, damit ich zurück in den Beruf kann.“