Essen.. Immer mehr Firmen wollen die Zahl der Plastiktüten verringern und verlangen einen Aufschlag an der Kasse. Auch die Stadt wirbt für den Einsatz von Mehrwegtaschen.


Es ist eine kleine Revolution an den Kassen und Theken dieser Stadt: Die Plastiktüte, die man bisher fast nach jedem Einkauf gratis dazu bekommt, kostet bereits in mehreren Geschäften Geld. Mal sind es fünf Cent, manchmal auch zehn oder gar 15 – je nach Größe und Unternehmen. Zu den bekanntesten Firmen, die in Essen mit der jahrelangen Kostenlos-Kultur gebrochen haben, gehören die Drogeriekette DM, der Sporthandel Decathlon und der Elektrofachmarkt Saturn.

Die Konzerne reagieren damit auf das stark veränderte Umweltbewusstsein in der Gesellschaft. Plastiktüten gelten als umweltschädlich. Vor allem Gewässer und die Tierwelt leiden unter den Kunststoffabfällen. EU-weit landen jährlich rund acht Milliarden Beutel in der Natur. Passenderweise ist der ökologisch unbedenkliche Jutebeutel seit einiger Zeit wieder voll im Trend.

Fünf Cent für eine Kunststofftasche

Auch die Europäische Union hat Plastiktüten den Kampf angesagt. Anfang des Monats fassten die Politiker einen Beschluss, der es Staaten erlaubt, Einwegtaschen mit einer Zusatzsteuer zu belegen oder gänzlich zu verbieten. Mehrere Parteien hatten sogar ein komplettes Verbot gefordert, das aber keine Mehrheit fand. Einigen konnte man sich immerhin auf konkrete Zahlen: Aktuell verbraucht jeder EU-Bürger pro Jahr 176 Plastiktüten. Bis zum Jahr 2025 soll der Verbrauch auf 40 Beutel gesenkt werden.

Zwar gibt es nach Angaben der EBE keine genauen Zahlen für Essen, doch auch hier gehen im Minutentakt hunderte Tüten über den Ladentisch, wie Thorsten Schroer, Geschäftsführer des Saturn-Elektromarkts im Limbecker Platz bestätigt. „Der Verbrauch ist immens. Deshalb geben wir seit Anfang Februar keine Tüten mehr umsonst an die Kunden ab. Unser Ziel ist es, den Verbrauch auf etwa 70 Prozent des bisherigen Wertes zu senken.“ Schroer rechnet vor: Rund 55.000 Plastiktüten werden in seiner Filiale monatlich ausgegeben. Fünf Cent werden mittlerweile pro Beutel fällig, drei Cent kosten die Tüten im Schnitt im Einkauf. Ein schöner Nebeneffekt für Saturn: Das Unternehmen spart zumindest etwas Geld.

Jedoch nur auf den ersten Blick, wie Schroer betont. „90 Prozent unserer Kunden begrüßen das Thema. Aber es gibt auch welche, die sehr verärgert reagieren, es nicht verstehen möchten. Im schlimmsten Fall gibt es die Tüte daher weiter umsonst.“ Außerdem vertreibe der Konzern vergünstigte Mehrwegtüten.



Auch bei der Drogeriekette DM hat man bislang überwiegend gute Erfahrungen mit den kostenpflichtigen Angeboten gemacht, berichtet Erich Harsch, Vorsitzender der Geschäftsführung von DM. „Wir beschäftigen uns schon seit einiger Zeit mit der Frage, welche Einkaufstaschen von unseren Kunden gewünscht sind und inwieweit wir dies mit den Aspekten der ökologischen Nachhaltigkeit vereinbaren können.“

Plastiktüten landen oft im Feuer

Ganz ähnlich argumentiert Sabine Rocholl, Sprecherin von Decathlon. „Die Kunden sollen sich fragen, ob sie die Tüte wirklich brauchen. Schließlich müssen die Taschen auch produziert werden.“ Der Konzern hat seine Tüten zudem so überarbeitet, dass sie zu 100 Prozent recycelt werden können – vorausgesetzt, sie werden richtig entsorgt.

Doch nach Ansicht der Essener Entsorgungsbetriebe ist gerade die Einwegnutzung von Plastikbeuteln eines ihrer größten Probleme. So würden kostenlose Einkaufstaschen häufig in der grauen Restmülltonne landen, womit sie für die weitere Verwertung „verloren“ seien. „Die Tüten, die dort hineingeworfen werden, kommen in große Container. Diese gehen direkt in das Müllheizkraftwerk Karnap und werden verbrannt“, so ein Mitarbeiter. Deshalb könne man nicht sagen, wie viele Plastiktaschen im Umlauf seien.

Die Stadt Essen appelliert an ihre Bürger, verstärkt Mehrwegbehältnisse zu verwenden. „Wir haben natürlich ein grundsätzliches Interesse an Abfallvermeidung“, erklärt Ursula Warich, Umweltberaterin der Stadt. „Ein Ziel ist es, Ressourcen zu schützen. Um das zu erreichen, kann man auch den eigenen Haushalt plastikärmer gestalten.“ Sollte man doch mal zur bewährten Plastiktüte greifen, gilt aber: „Bitte nicht in die Natur werfen.“