Essen. Der französische Fotograf Guy Delahaye hat die Arbeit von Pina Bausch 35 Jahre lang begleitet. Nun zeigt er die Bilder im Deutsch-Französischen Kulturzentrum. Es ist eine Liebesgeschichte mit der Kamera.

In Frankreich nennen sie ihn „den Mann, der Pina Bausch fotografiert hat“. Guy Delahaye ist unter den Großen, die die Arbeit der Wuppertaler Tanz-Ikone begleitet haben, eine Größe. Seine Bilder erzählen eine deutsch-französische Liebesgeschichte mit der Kamera, die bis heute hält. Jetzt zeigt der Franzose seine anmutigen Schwarz-Weiß-Fotografien im Deutsch-Französischen Kulturzentrum an der Brigittastraße.

Die Geschichte von Guy, dem Bewunderer der schönen Künste, und Pina, der international gefeierten Choreografin, begann vor 35 Jahren im Stadttheater von Paris. „Geh hin und schau dir das an“, empfahl ihm damals einer der frühen, langjährigen Bausch-Tänzer. Guy ging und blieb. „Was man an diesem Abend nicht von allen Zuschauern sagen kann. Ich war begeistert, aber der halbe Saal hinterher leer“, lächelt der 70-Jährige, der die Erinnerung an diesen Abend auf einem Foto festgehalten hat, das jetzt die Einladungskarte zur Ausstellung ziert. Es war die Zeit, als Pina, die zarte Große, noch kein Weltstar auf leisen Sohlen war. Weil ihr Tanz anders war, weil sie sich einer anderen Bewegungssprache bediente. Kurze Zeit später gab es eine weitere Begegnung beim Festival von Nancy. Pina Bausch zeigte „Café Müller“, das Stück, das Delahaye bis heute am meisten berührt. „Ich bin acht Tage auf dem Festival geblieben und habe nichts anderes mehr gesehen.“ Den Klang der Körper, die synchron zu Boden gehen, hat er bis heute im Kopf, „wenn etwas zu Boden fällt“.

Zweites Buch in Arbeit

Was ihn am meisten begeistert? „Pinas Tanz bildet eine ganze Welt, darin findet jeder, was er sehen will.“ Was Guy Delahaye sieht, spiegelt sich in den Bildern als eine Mischung aus Fotokunst, Tanzdokumentation und zärtlicher Verehrung. Es ist ein ganz eigener, manchmal fragmentierter Blick auf das Gesamtkunstwerk Bausch. Hier die anmutige Biegung eines Beines, da die schlanke Rundung eines Rückens und natürlich die lebendige Mimik der berühmten Bausch-Tänzer. Lust Försters markante Kinnlinie, die wilden Locken von Mechthild Großmann, heute „Tatort“-Staatsanwältin. Es sind fast nur Hochformate, die Delahaye in Essen zeigt.

Zwischen 100.000 und 200.000 Bausch-Bilder besitzt Delahaye heute, ein riesiger Schatz, den er entsprechend behütet. 2009 hat er sein erstes Pina-Buch herausgebracht. Das nächste ist in Arbeit, die meisten Bilder der Ausstellung sind dafür vorgesehen und wurden deshalb vorher noch nie gezeigt.

Da war das Eis gebrochen

Die Verbindung, sagt Delahaye, war eng, „auch wenn ich in den Jahren vielleicht zehn Sätze mit ihr gewechselt habe“. Der entscheidende Moment, sagt der, sei seine erste Porträtaufnahme von Pina gewesen, der sie zugestimmt hat. „Da habe ich gewusst, dass das Eis gebrochen ist. Danach ändert sich die Beziehung immer.“

„Dass Pina mein Leben vollständig umgeworfen hat, das habe ich ihr nie gesagt. Aber sie hat es gewusst“, lächelt der 70-Jährige. Und das geht so weiter. Gestern hat Delahaye schon wieder die Proben in Wuppertal fotografiert. Analog natürlich, wie seit Anbeginn.