Essen.. Indem Essen feste Unterkünfte für Flüchtlinge unter anderem auf geschützten Freiflächen plant, verstößt die Stadt gegen den Grünen-Hauptstadt-Gedanken, klagen Initiativen.

„Man sollte die ,Grüne Hauptstadt’ und das Thema Asyl nicht gegeneinander ausspielen.“ Mit diesen Worten reagierte Essens Bau- und Umweltdezernentin Simone Raskob gestern auf die Kritik von Bürgerinitiativen an den Plänen der Stadt zur Bebauung von Freiflächen. Dass Essen als Titelträger 2017 feste Unterkünfte für Flüchtlinge auch in Landschaftsschutzgebieten bauen könnte, wie es Oberbürgermeister Thomas Kufen dem Rat der Stadt nahe legt, ist nach Ansicht von Bürgerinitiativen, die gegen diese Pläne mobil machen, unvereinbar mit dem europäischen Grüne-Hauptstadt-Gedanken.

Die Initiative „Fischlaker Mark“ hat sich deshalb, wie berichtet, bereits in einem Brief an die Europäische Kommission gewandt, die den Titel vergibt. Der Tenor: Essen verstößt gegen die Kriterien der Bewerbung. Damit ist die Verpflichtung gemeint, schützenswerte Landschaft zu erhalten. „Mir ist gesagt worden, die Bürgerinitiative will uns damit unterstützen.

Na ja, so habe ich das nicht empfunden“, kommentierte Raskob dies angesäuert. „Ich hätte mich gefreut, wenn man vorher miteinander gesprochen hätte.“

Beidseitiges Vergnügen

Das Vergnügen wäre wohl ein beiderseitiges gewesen. Nicht nur die Bürgerinitiative „Fischlaker Mark“ wurde von den Vorschlägen der Stadt zu möglichen Standorten für feste Asylunterkünfte kalt erwischt. Nun ist der Brief an die EU-Kommission raus. Eine Antwort aus Brüssel steht noch aus.

Aus Sicht von Simone Raskob kommt die Kritik zur Unzeit, nicht nur weil EU-Umweltkommissar Karmenu Vella ihr unangenehme Fragen übermitteln lassen könnte. In der kommenden Woche will die Stadt in der Volkshochschule dafür werben, dass sich möglichst viele Bürger im Grüne-Hauptstadt-Jahr beteiligen. Nun, da sich alles um die mögliche Bebauung von Freiflächen zu drehen scheint, könnte die Veranstaltung eine Wendung nehmen, die sich die Veranstalter nicht wünschen würden. Das bringt Raskob in die Defensive. Sie habe drauf hingewiesen, dass bei der Prüfung der Flächen Umweltbelange sehr wohl eine Rolle spielen würden, betont die Dezernentin. Inzwischen seien eine ganze Reihe von Freiflächen von der Liste gestrichen worden. Zwei Landschaftsschutzgebiete stehen noch drauf: das Hexbachtal in Bedingrade und ein Waldstück an der Lahnebecke Straße in Leithe.

Bei der „Grünen Hauptstadt“ gehe es um mehr als um Flächen, betont Raskob. Es geht um eine lebenswerte Stadt. Das hat auch eine soziale Komponente. Und ob eine Unterbringung in Zeltdörfern ökologisch wertvoll ist – auch diese Frage darf man stellen. Raskob wünscht sich eine Lösung, „die allen Belangen gerecht wird“. Wie die aussehen könnte, bleibt offen.