Essen.. Peter Nowacki (63) aus Heisingen erkundet seinen Stadtteil, wo schon vor mehr als 200 Jahren 30 Kleinzechen blühten. Zuletzt entdeckte er nahe der Ruhr die Überreste der „Zeche Plaetzesbank“. Doch er warnt: „Der Zugang ist sehr beschwerlich, nicht ungefährlich und keinesfalls empfehlenswert.“
Die Vögel zwitschern, die Sonne lacht und nicht weit von „Haus Heisingen“ schiebt sich die Ruhr unter blauem Himmel durchs grüne Tal. Dass hier ein wichtiges und vor allem frühes Kapitel Bergbau-Geschichte geschrieben wurde, will der Süd-Stadtteil mit seinen vielen idyllischen Ecken und Winkeln nicht auf Anhieb preisgeben.
Peter Nowacki, ein 63 Jahre alter Pensionär, hat die anekdotensatte Bergbauvergangenheit Heisingens deshalb zu seinem Steckenpferd gemacht. Es ist das sprichwörtlich weite Feld, das sich direkt vor seiner Haustür ausbreitet.
Das alte Rittergut - später gemütliche Residenz der Werdener Äbte - im Rücken deutet er droben auf dem kleinen Parkplatz auf einen Gully-Deckel und erklärt: „Darunter liegt ‘Schacht Franz’, der mit der ‘Zeche Jacob’ zur ‘Zeche Wasserschneppe’ gehörte.“ Ein emailliertes Hinweisschild mit Heisinger Wappen bestätigt dies und gibt auch die schmalen Schachtmaße an: fünf Meter mal drei Meter.
Weit über 100 Zechen gab es einst in der Ruhrmetropole, davon lagen mehr als 30 allein in Heisingen. „Der ganze Stadtteil ist durchlöchert wie ein Käse“, sagt Nowacki. Und fügt hinzu: „Die Geologische Wand Kampmannbrücke war es, die mein Interesse am heimischen Bergbau weckte.“
Der Mann ist leidenschaftlicher Heimatkundler, Hobby-Bergbauforscher und Einzelkämpfer. Seine Mission: die Erinnerung an die vielfach schon vergessene Epoche der Kleinzechen wachhalten. So schnürt er festes Schuhwerk, stapft bei Wind und Wetter durch unwegsames Gelände - und wird immer wieder fündig. Mal stößt er auf Mauerreste und Lüftungsrohre, mal auf Stollenmundlöcher und typische Vertiefungen, so genannte Pingen. „Eigentlich müssten die meisten Zechen schon längst restlos abgebaut sein, doch überall steht noch was.“
Heisingen - das ist die romantisch anmutende Welt der Mini-Bergwerke. Antik-Zechen, die poetische Namen tragen wie Flor und Flörchen, Voßhege und Rauhensiepen, Nottekampsbank und Hundsnocken, Abendlicht und Zwergmutter. So manche Straße in Heisingen hat ihnen ihren Namen zu verdanken.
Das 42 Meter hohe Fördergerüst von „Carl Funke“ ist auf der „Route der Industriekultur“ das unübersehbare Symbol der glanzvollen Heisinger Bergbau-Ära. „Oft muss man zwei- oder dreimal hinschauen, bis man weitere Überreste entdeckt“, sagt Nowacki. Auf seine jüngste Entdeckung - die Überreste von „Zeche Plaetzgesbank“ - ist er besonders stolz. 1781 wurde das Bergwerk durch eine Konzession des mächtigen Abtes von Werden abgeteuft und erst 1959 endgültig stillgelegt. 1954 schafften 84 Mann dort die bescheidene Jahresförderung von 27 000 Tonnen. Zum Vergleich: Dieselbe Menge förderten sie am Schacht XII der Mega-Zeche Zollverein an nur zwei Tagen.
Ein ehemaliger Kumpel von „Zeche Pörtingssiepen“ hat Nowacki historische Aufnahmen von „Plaetzgesbank“ überlassen. Sie stammen aus den fünfziger Jahren und zeigen Maschinenhaus und Förderturm, Holzplatz und Kohlenbunker. Und wo bitte liegt „Plaetzgesbank“ genau? Nowacki setzt seinen Zeigefinger im Stadtplan auf das schmale Dreieck zwischen Ostpreußen- und Wuppertaler Straße und sagt: „Ich habe mich richtig gefreut, dass ich Plaetzgesbank gefunden habe.“ Doch sogleich schränkt er ein: „Der Zugang zu den Überresten ist, egal aus welcher Richtung kommend, sehr beschwerlich, nicht ganz ungefährlich und deshalb keinesfalls empfehlenswert.“