Essen. Tom studiert an einer finnischen Uni – von Essen aus. Warum er anderen von seinem besonderen Auslandssemester in Corona-Zeiten abrät.
Tom (Name geändert) plante schon lange, während seines Masterstudiums an der Universität Essen-Duisburg (UDE) ein Auslandssemester zu absolvieren. Doch die Corona-Pandemie durchkreuzte die Pläne des 24-Jährigen, sein Aufenthalt in Finnland wurde abgesagt. Tom muss allerdings nicht vollkommen auf die Erfahrung verzichten, Kurse an der finnischen Uni zu belegen – nur eben nicht vor Ort, sondern von Essen aus.
Im Januar hätte er noch die Chance gehabt, unter strengen Corona-Schutzmaßnahmen nach Finnland zu reisen. „Ich hätte mich nach meiner Ankunft am Flughafen direkt in Quarantäne begeben müssen. Das Taxi zu meiner Wohnung hätte ich selbst bezahlen müssen, genauso wie das Essen, das ich mir während der Quarantäne hätte bestellen müssen. Das war keine Option für mich“, sagt Tom. Er ist einer von 12 Studentinnen und Studenten der UDE, die zurzeit ein Auslandssemester von Zuhause aus absolvieren.
Essener Student: „Das fühlt sich überhaupt nicht wie ein Auslandssemester an.“
Er wollte abwarten, bis sich die Situation verbessert. Da es auf dem Campus jedoch zu vielen Regelverstößen kam, untersagte die Tampere Universität allen Studentinnen und Studenten aus dem Ausland die Einreise.
Daher belegt Tom die Kurse nun aus der Ferne. Er sei zwar froh darüber, dass er dank virtueller Lehrveranstaltungen überhaupt die Chance hat, an einer ausländischen Uni zu studieren und habe schon viel Neues gelernt, „aber das fühlt sich überhaupt nicht wie ein Auslandssemester an“, so Tom. Anstatt ein neues Land und eine neue Kultur zu entdecken, sitzt Tom fast jeden Tag in seiner Wohnung in Essen-Mitte am Schreibtisch, fährt den Laptop hoch und nimmt an den Videokonferenzen auf Englisch teil.
Durch gemeinsame Projekte arbeite er manchmal mit Studenten aus der ganzen Welt zusammen, näher kennenlernen würde man sich aber nicht. „Die ganzen Erfahrungen, die man eigentlich machen würde, habe ich nicht. Es gibt so viele ganz klassisch finnische Sachen, die ich gerne erlebt hätte. An jedem Campus ist zum Beispiel eine Sauna. Und ich hätte so gerne die Polarlichter gesehen. Das fällt leider alles flach“, sagt Tom.
Auslandsstudium wenn möglich verschieben
Da er während des Auslandssemesters in Essen bleibt, bekommt er auch keine finanzielle Hilfe. Normalerweise wäre er mit einem monatlichen Beitrag unterstützt worden. Denn Finnland ist Teil des Erasmus-Förderprogrammes der Europäischen Union.
In einem Monat endet sein Studium an der finnischen Uni, sein Fazit fällt ernüchternd aus: „Wenn man die Möglichkeit hat, sein Auslandssemester zu verschieben, sollte man das auf jeden Fall machen.“