Essen. Der Arzt, der zwei Reinigungskräfte attackiert haben soll, kehrt nicht zur Uniklinik Essen zurück. Ihm drohen auch strafrechtliche Konsequenzen.
Die Uniklinik Essen hat sich endgültig von dem leitenden Mediziner getrennt, der zwei Reinigungskräfte verbal und tätlich attackiert haben soll. Nach der außergerichtlichen Einigung zu seinem Beschäftigungsverhältnis läuft das Ermittlungsverfahren wegen schwerer Körperverletzung weiter. Ob es zu einer Hauptverhandlung kommen wird, werde aber vermutlich erst in einigen Wochen feststehen, sagt die Essener Oberstaatsanwältin Anette Milk. „Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.“
Grundsätzlich sei auch möglich, dass das Verfahren eingestellt wird oder ein Strafbefehl gegen den Mediziner erlassen wird. In letzterem Fall erginge eine Geld- oder eine Bewährungsstrafe ohne eine Hauptverhandlung. Vermeiden ließe sich die Verhandlung auch durch einen erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleich.
Diesen Weg hatte der Rechtsanwalt Volker Schröder dem Mediziner bereits nahegelegt, der eine der beiden Reinigungskräfte vertritt. Sie hatte den Vorfall wie folgt geschildert: An einem Tag Anfang Oktober 2021 habe sie im Umkleideraum vor dem Operationssaal mit einer Kollegin OP-Kleidung in die Regalböden nachgelegt, als der Mediziner den Raum betrat – in Unterwäsche, weil er sich aus dem OP-Saal kommend dort umziehen wollte. Der Arzt habe sofort begonnen, die beiden Frauen, die dort ihrer Arbeit nachgingen zu beschimpfen, ihnen gar sexuelle Belästigung vorgeworfen.
Arzt soll Wäschewagen als Waffe eingesetzt haben
Schließlich soll er zweimal einen 1,40 Meter hohen Wäschewagen gegen eine der beiden gestoßen haben. Die Frau wurde von dem Wagen verletzt und so gegen die Tür gedrückt, dass sich die Klinke in ihren Rücken bohrte. Bei der anschließenden Untersuchung in der Uniklinik wurden demnach Prellungen an Oberschenkel und Lendenwirbelsäule sowie eine Schädelprellung festgestellt.
„Der Karren, den der Mediziner einsetzte, ist strafrechtlich als gefährliches Werkzeug einzustufen“, erklärt Rechtsanwalt Schröder. Daher müsse die Attacke als gefährliche Körperverletzung gewertet werden – kein geringfügiger Vorwurf. Selbst wenn der Arzt deswegen letztlich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt werden solle, „wäre er dann vorbestraft“, sagt Schröder. Er rate ihm daher, den „Gang nach Canossa“ anzutreten und auf sein Opfer zuzugehen: Um den Preis einer Geldbuße, einer Schadenswiedergutmachung (Schmerzensgeld) und einer glaubwürdigen Entschuldigung könne er eine Verurteilung noch abwenden. „Bisher ist er noch nicht auf uns zugekommen“, sagt Schröder.
Mit der Uniklinik Essen hat sich der Mediziner verständigt
Der Mediziner gilt noch als unbescholten: Es gab zwar vor einigen Jahren strafrechtliche Ermittlungen gegen ihn, diese wurden jedoch gegen eine Geldauflage eingestellt. Im aktuellen Fall hatte die Uniklinik den Arzt umgehend von seinen Aufgaben freigestellt. Wie wir aus zuverlässiger Quelle erfuhren, ist die Trennung inzwischen endgültig. Der Mediziner soll zunächst arbeitsgerichtlich dagegen vorgegangen sein, zwei Gütetermine vor dem Arbeitsgericht wurden Anfang Dezember 2021 jedoch abgesagt. Wie eine Gerichtssprecherin mitteilt, hätten sich der Arzt und die Uniklinik außergerichtlich verständigt – und Stillschweigen über die Details der Einigung vereinbart. Folgerichtig mochte sich das Klinikum zu der „Personalangelegenheit“ nicht äußern.