Essen. Großer Andrang bei Impfaktion gegen Corona in Essener Moschee: Im Vorfeld gab es auf Facebook Anfeindungen von islamistischen Fundamentalisten.
Die Schlange vor der Salahu d-Din-Moschee in Altenessen ist am Samstag lang. In der Kälte warten Menschen auf ihre erste, zweite oder dritte Spritze gegen das Coronavirus. Nicht nur Mitglieder der Essener Gemeinde stellen sich an. Auch viele Bürger aus den umliegenden Stadtteilen nehmen die Impfaktion der Stadt wahr.
Der islamische Verein hatte dafür zum zweiten Mal seine Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Vor drei Wochen hatte sich auch der Imam zum zweiten Mal impfen lassen. Zur zweiten Impfaktion kommen deutlich mehr Besucher. Viele freuen sich auf ihre Impfung. Manche sind skeptisch.
Corona in Essen: Anfeindungen gegenüber Essener Moschee wegen der Impfaktion
Die Gemeinde selbst wird wegen der Impfaktion im Internet angefeindet. Das islamische Zentrum macht sich für die Corona-Impfung stark und klärt auf. „Wir haben oft nach dem Gebet mit denen gesprochen, die Angst hatten oder skeptisch waren“, erzählt El Sayed, stellvertretender Vorsitzender des islamischen Zentrums. Die Impfquote innerhalb der Gemeinde sei dadurch angestiegen.
Außerdem hatte sie mit einem Video in den sozialen Medien zum Impfen aufgerufen und für die städtische Impfaktion geworben: „Die körperliche Unversehrtheit ist einer der Grundpfeiler unserer Religion und diese wollen wir niemandem verwehren. Im Gegenteil wollen wir sogar ausdrücklich dazu aufrufen, Euch impfen zu lassen.“
Es folgten Kommentare bei Facebook, die El Sayed direkt gelöscht hat. „Verschwörungstheoretiker und islamistische Fundamentalisten haben sich rassistisch geäußert“, sagt er enttäuscht. „Ich respektiere, dass sie sich nicht impfen lassen. Aber ich erwarte auch Respekt von ihnen für uns Impfwillige.“
Die ersten Impfwilligen kommen drei Stunden vor Impfbeginn
„Letztes Mal kamen die Leute nur tröpfchenweise – 88 insgesamt“, erinnert sich Alaá El Sayed am vergangenen Samstag. Jetzt schaut er auf die Schlange und freut sich. Schon drei Stunden vor offiziellem Beginn stehen die ersten Impfwilligen an.
Mitglieder aus der Gemeinde helfen beim Ausfüllen der Anamnesebögen. „Manche sprechen kein Deutsch. Dann übersetzen wir auf Arabisch, Englisch und Russisch“, erzählt Fatima Zahdan, die schon vollständig geimpft ist. Vorne in der Reihe warten zwei Anwohnerinnen aus Altenessen auf ihre dritte Spritze. „Wir stehen hier seit einer dreiviertel Stunde. Aber es ist superorganisiert“, erzählt Siglinde Kuss. Auch viele aus der Gemeinde warten auf die Impfung. „Ich freue mich schon auf den Booster“, sagt zum Beispiel Burak Kiyicki.
Manche finden Impfaktion in Essener Moschee ungewöhnlich
Im Eingang des muslimischen Gotteshauses wartet der Sohn des Imams. Wenn ein Impfplatz frei wird, bittet Yusuf Raschid den nächsten Besucher hinein. Wer die Moschee betritt, staunt nicht schlecht. An der Decke hängen schwere Kronleuchter, die glitzern. Das Foyer ist lichtdurchflutet mit hellen Fliesen und Säulen aus Marmor. „Ich finde die Aktion klasse. Aber es ist schon komisch, in einer Moschee geimpft zu werden“, sagt Steffi Breckmann und schaut ehrfürchtig an die hohe Decke, die mit Stuck verziert ist.
Die vier Impfstationen stehen an einer Wand. Alle paar Minuten winkt ein Arzt im grünen Kittel aus der Kabine und ruft: „Der Nächste bitte.“ So geht es nach und nach. In einer Kabine sitzt Mike Breilmann. Er holt sich den ersten Piks ab, um sich den Corona-Test für die Arbeit zu ersparen. „Ich hätte lieber gewartet, bis es Langzeitstudien gibt. Aber ich werde ja quasi dazu gezwungen“, sagt der 50-Jährige aus Borbeck. Auch André Diekmann lässt sich nur ungern spritzen: „Ich bin kein Arztgänger. Aber ich kann ja sonst nichts mehr machen.“
Nach acht Stunden Einsatz resümiert der stellvertretende Vorsitzende, dass sich über 500 Menschen in der Moschee haben impfen lassen. „Das ist positiv. Viele fragen, ob wir die Impfaktion noch mal anbieten. Wir wollen gerne unseren Beitrag für die Gesellschaft leisten.“