Essen. Mit massiven Kräften hat die Polizei den Verkehr in Rüttenscheid und andernorts kontrolliert. Es soll sich in Essen keine PS-Szene etablieren.

Erst die „BAO Clan“, neuerdings die „BAO Szenebildung“ und wenn nötig auch beide „Besonderen Aufbauorganisationen“ zusammen: Mit einem massiven Aufgebot aus Hundertschaft, Streifenbeamten, zivilen Kräften, orts- wie clankundigen Beamten und allerlei Radargeräten hat die Polizei Essen am Freitagabend in Rüttenscheid und an anderen Orten der Stadt zum Rundumschlag gegen die PS-Szene ausgeholt. Die Behörde will bei dem leidigen Thema das große Rad drehen und den Posern auf den Pneu fühlen.

Im besonderen Fokus steht dabei eine Klientel, die seit geraumer Zeit unangenehm auffällt, regelmäßig für Beschwerden, Unsicherheit und manch gefährliche Situation sorgt: „Junge Männer, die mit meist geliehenen Boliden die Straßen unsicher machen“, sagt Ulrich Sievers, Chef der Verkehrsdirektion bei der Essener Polizei: „Wir erkennen die Gefahr, dass sich auf lange Sicht in der Stadt eine Szene etablieren könnte.“

„Ohne Benehmen und ohne eigenes Auto“

Aktuell sei es noch eine Poser-Szene „ohne Benehmen und ohne eigenes Auto“, die aber zur Raser-Szene werden könne, wenn man sie gewähren ließe, eine Klientel, die Essen in den Sommermonaten als neues heißes Pflaster entdeckt, während ihr die Behörden in Dortmund und Gelsenkirchen das Leben auf den vier breiten Rädern schwer machen - Verdrängungseffekte über Stadtgrenzen hinweg inklusive.

Jede Menge Polizei in Essen-Rüttenscheid.
Jede Menge Polizei in Essen-Rüttenscheid. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Denen, so Sievers, will die Essener Polizei nun durch regelmäßige und konsequente Kontrollen vor allem an Wochenenden frühzeitig signalisieren, dass sie unerwünscht sind. Wer sich nicht an die für alle verbindlichen Regeln hält, muss verstärkt mit Bußgeldern, Platzverweisen und auch Strafverfahren rechnen.

In der Nacht zum Samstag bekam die Polizei zum Beispiel Hinweise, dass sich die sogenannte „Wallszene“ in Richtung Zollverein aufmachte, um dem Kontrolldruck in „ihrem“ Dortmunder Revier zu entgehen. Doch als Beamten am Weltkulturerbe eintrafen, hatte sich das Treffen bereits erledigt. Der hauseigene Sicherheitsdienst konnte das Feld bereinigen.

Eine Klientel, die regelmäßig aus der Reihe tanzt

Denn im Essener Norden war man gewarnt: Belästigungen durch aufheulende Motoren, das Befahren von Rasenflächen oder das Hinterlassen von Müll sind ein häufiges Problem auf Zollverein. Dort ist ab und an eine Tunerszene anzutreffen, „die eigentlich harmlos ist“, jedoch jene arabischstämmige Klientel anzieht, die nach Angaben der Behörde bei solchen Treffen regelmäßig aus der Reihe tanzt. Einige wenige, so die Polizei, sorgen immer wieder für Ärger und bringen so alle anderen mit in Verruf.

Stadtweit überprüften die Einsatzkräfte am Wochenende insgesamt 42 Autos und deren Fahrer, notierten drei Ordnungswidrigkeiten und schrieben eine Strafanzeige wegen eines mutmaßlichen illegalen Rennens.

Auch wenn diese Zahlen angesichts des Einsatzaufwands überschaubar erscheinen, wertet die Polizei die Kontrollen als strategischen Erfolg, betont deren Sprecher Thomas Weise, zumal man durch die massive Präsenz in Rüttenscheid „einer Reihe von jungen arabischen Fahrzeugführern schnell den Zahn gezogen“ habe.

Duelle zwischen zwei Autofahrern sind eher selten in Essen

Die Polizei war in Rüttenscheid nicht zu übersehen.
Die Polizei war in Rüttenscheid nicht zu übersehen. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Die Polizei sieht Handlungsbedarf: Immer wieder werden in Essen rücksichtslose selbsternannte Rennfahrer erwischt, meist junge Männer, seltener Frauen, die grob verkehrswidrig und rücksichtslos Gas auch im Stand geben, mit quietschenden Reifen und ausbrechendem Heck von einer Ampel zur nächsten rasen, auch ohne sich mit einem zweiten Beteiligten zu messen.

Beschleunigungsrennen heißt das im Fachjargon und das kann unter bestimmten Umständen genauso als Straftat auf der Straße gewertet werden wie ein Duell zwischen zwei Autofahrern, „was in Essen nicht so häufig vorkommt“, so Sievers.

Mehr Handlungssicherheit bei mutmaßlichen illegalen Rennen

Dass die Polizei inzwischen genauer hinschaut und gleichzeitig neue gesetzliche Regelungen wie der Paragraf 315 d des Strafgesetzbuches für mehr Handlungssicherheit bei mutmaßlichen illegalen Rennen sorgen, spiegelt sich auch in den Zahlen wieder: 34 Anzeigen nach entsprechenden Verstößen in Essen hat die Behörde 2018 geschrieben, ein Jahr später waren es 58, in 2020 exakt 75 - Sicherstellungen von Führerscheinen und Autos meist inklusive.

„Die Kollegen auf den Straßen sind mittlerweile sehr sensibel“, was solche Verstöße angehe, die seit 2017 nicht mehr nur als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat gewertet werden können, warnt Polizeidirektor Sievers, dessen Direktion neuerdings genau Buch führt über die „Intensivtäter Verkehr“. Sechs notorische Regelbrecher finden sich bereits in der Kartei und bald womöglich auf einer Anklagebank wieder.

Die Polizei kündigte an, den Kontrolldruck in den kommenden Wochen hochhalten zu wollen. Zumal das Essener Konzept der „BAO Szenebildung“ im Düsseldorfer Innenministerium als ein so gutes angesehen wird, dass die Essener Behörde jederzeit zusätzliche Einsatzkräfte anfordern kann - und machen die Kontrollen in dieser Form erst möglich.