Essen. Vom Gericht dazu „gezwungen“, hat die Stadtspitze jetzt eine Kostenschätzung zum Klinik-Entscheid abgegeben. Eine Drohkulisse? Nicht für jeden.
Monatelang ging der Streit hin und her. Nun hat die Stadtverwaltung die seit langem geforderte und vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zuletzt ausdrücklich angemahnte Kostenschätzung fürs geplante Klinik-Begehren abgegeben. Vier Zahlen stehen im Raum, die umreißen, was der Stadt in finanzieller Hinsicht blüht, wenn sie in eigener Regie ein Krankenhaus baut und betreibt. Vier Zahlen, die ein „erhebliches Kostenrisiko“ beschreiben, so findet die Stadt. Doch nicht jeder ist erschrocken.
Zahl Nr. 1 ist die kleinste und wohl auch verlässlichste: Gerade mal 30.000 Euro kostet es, eine gemeinnützige Träger-Gesellschaft mit 25.000 Euro Stammkapital aus der Taufe zu heben, so wie es der Begehrens-Text eigentlich nahelegt. Doch da die Firmenhülle auch sinnvoll gefüllt werden muss, kommen die großen Zahlen hintendrein.
Ein neues 513-Betten-Haus für 162 Millionen Euro – Risikoaufschlag inklusive
Zuvörderst die Kosten, um ein Konzept für die stimmige stationäre Gesundheitsversorgung im Essener Norden zu entwickeln. Diese Zahl Nr. 2 schätzt man bei der Stadt auf rund 1,3 Millionen Euro pro Jahr, wobei die Hälfte davon für ein fünfköpfiges Planer-Team anfallen dürften und weitere 500.000 Euro für externe Berater.
Neuer Protest und ein gewagtes Versprechen
Demo folgt auf Demo, so viel muss man der Initiative KrankenhausEntscheid lassen – sie lässt einfach nicht locker. Der nächste öffentliche Protest gegen die erfolgte Schließung der beiden Krankenhäuser im Norden und für einen kommunalen Ersatz geht am Gründonnerstag, 1. April, um 18 Uhr, am Alleecenter in Altenessen über die Bühne. Dass, wie im Aufruf versprochen, die Firma Stauder ihr „abgelaufenes Bier spendet – als Ablass“ für die im Contilia-Aufsichtsrat erfolgte Zustimmung zur Schließung der Kliniken, ist aber wohl datumsbedingt eher mit Vorsicht zu genießen.
Um ihre Sorge vor erheblichen Kostenrisiken deutlich zu machen, musste die Stadt darüber hinaus drittens das Investment für ein 513-Betten-Haus schätzen (St. Vincenz in Stoppenberg hatte 206, das Marienhospital in Altenessen 307 Betten). Man behalf sich mit Pauschalbeträgen – 200.000 Euro pro Klinikbett für die Investition, weitere jeweils 40.000 Euro für die medizinische Ausstattung. Macht über den Daumen gepeilt 123 Millionen Euro, die sich mit einem 30-prozentigen Risiko-Aufschlag und den Zinskosten auf gut 162 Millionen Euro aufsummierten.
Bis zu 20 Millionen Euro Zuschuss jährlich gelten als nicht so bedrohlich wie befürchtet
Hinzu kommen – Zahl Nr. 4 – die Betriebskosten einer kommunalen Klinik, bei der sich die Stadt an den Katholischen Kliniken Essen orientierte. Schon die fuhren Millionen-Defizite ein, in städtischer Hand wäre das Lohnniveau im Zweifel eher noch höher. Zudem seien zusätzliche Risiken laut Klinik-Geschäftsführung absehbar, und am Ende steht dann eine Zahl mit hoher Schwankungsbreite: Irgendwas zwischen 15 und 20 Millionen Euro jährlich, so die Stadt, sei als jährliches Defizit wohl zu erwarten.
Mehr nicht? So etwa könnte man manche Reaktion aus dem Lager der Initiatoren fürs Bürgerbegehren deuten. Die befürchtete Drohkulisse jedenfalls, mit der die Stadt die Idee einer kommunalen Klinik hätte madig machen wollen, hatte man noch gewaltiger erwartet. 20 Millionen Euro jährlich, das sei ja nicht einmal die Hälfte des Zuschusses für Theater und Philharmonie. Ob diese laxe Einschätzung alle teilen, wird sich zeigen. Die Stadt jedenfalls hat ihre Hausaufgaben gemacht.
Jetzt ist es an den Initiatoren fürs Bürgerbegehren zu entscheiden: Starten sie oder nicht?