Essen. Ein Ortstermin in einem osteuropäischen Supermarkt in Essen: Dort kaufen Russen, Polen und Bürger aus anderen Ländern Osteuropas ein.

Mehrere Lebensmittel-Geschäfte in Essen haben sich auf Produkte aus Osteuropa spezialisiert – zum Beispiel der „Mix Markt“, der seit September 2021 an der Altendorfer Straße residiert. Wie ist dort die Stimmung? Ein Ortstermin.

Auf dem Parkplatz: Eine Frau Ende 40 packt ihre Einkäufe in ihren Geländewagen. Aus Russland sei sie, erzählt sie, und seit 25 Jahren ist sie in Deutschland, lebt mit ihrer Familie in Borbeck. „Ich finde es nicht gut, wenn alle Russen jetzt beschuldigt werden, sogar vor Kindern macht das nicht Halt“, sagt die Frau. Dass Russland einen Krieg mit der Ukraine angezettelt habe, finde sie „schrecklich“, aber „ich hab’ damit doch gar nichts zu tun, wir alle, die wir schon lange hier leben, haben damit nichts zu tun. Das ist allein Politik.“

Andernorts werden russische Supermärkte jetzt Ziel von Angriffen

Aus anderen Städten Deutschlands wird längst gemeldet, dass russische Supermärkte Ziel von Attacken werden – Eier, die an Schaufenster geworfen werden, sind dabei noch das Harmloseste. Der „Mix Markt“, der seit Jahrzehnten ein Filialnetz in Deutschland betreibt, nimmt zu den aktuellen Vorgängen „keine Stellung“, man wolle „neutral“ bleiben, heißt es, habe aber schon Spenden-Konvois mit Lebensmitteln an die Grenze nach Polen gefahren. Das Handelsunternehmen, dessen Firmenfarben Blau und Gelb sind wie die Fahne der Ukraine, betont; „Wir vertreiben Lebensmittel aus vielen osteuropäischen Ländern.“

Stimmt: Ein Gang an den Regalen entlang offenbart eine beeindruckende Anzahl von eingelegtem Gemüse, Gurken und Silberzwiebeln, so wie man es aus Polen kennt, aber auch Rote-Bete-Suppe „ukrainischer Art“ im Glas, laufende Meter eingeschweißte Wurstwaren.

„Der Krieg ist schrecklich“, sagt eine Kundin

Zurück auf dem Parkplatz: „Mein Mann ist Tschetschene“, sagt eine Frau, „wir reden viel über die Ereignisse in der Ukraine.“ Dass Raketen fliegen und Menschen sterben, sei „schrecklich“, und „ich hatte heute Morgen erst kurz ein mulmiges Gefühl, hier herzufahren.“ Von den Bedrohungen auf andere osteuropäische Supermärkte in Deutschland hatte sie gehört. „Aber dann habe ich mir gesagt, jetzt nicht Einkaufen zu gehen, das würde doch zu weit führen.“

Ansonsten: Augenscheinlich normaler Betrieb im „Mix Markt“ an der Altendorfer Straße. Ob Kunden und Mitarbeiter Angst haben oder wütend sind – man erfährt es nicht; niemand will sprechen.