Essen. Die Landtags-SPD hat Zweifel, ob die Erstattung von Mietkosten aus Steuermitteln an der Limbecker Straße in Essen auch für Konzerne gelten soll.

Die subventionierte Miete für den Schweizer Süßwaren-Konzern Lindt an der Limbecker Straße beschäftigt nun auch den Landtag NRW. Die SPD-Fraktion hat den Vorgang in Essen im Rahmen einer „Kleinen Anfrage“ mit kritischem Unterton aufgegriffen und die Landesregierung um Auskunft gebeten.

Es geht dabei vor allem um die Frage, ob auch „finanzstarke Unternehmen“ wie Lindt von den Mitteln profitieren können und sollen, die das Land NRW den Städten zwecks Belebung der Innenstädte zur Verfügung stellt. Um Leerstände bei Ladenlokalen in zentralen Lagen abzubauen und damit den Innenstädten auch mit Blick auf die Folgen der Corona-Lockdowns zu helfen, können Unternehmen sich um Subventionen bewerben, dank derer sie nur noch einen Bruchteil der Marktmiete bezahlen müssen. Landesweit stehen zu diesem Zweck aus Steuermitteln 70 Millionen Euro bereit, Essen erhielt insgesamt rund 2,6 Millionen Euro.

„Landesmittel für Luxusschokolade?“ - SPD stellt Kleine Anfrage

Unter der Überschrift „Landesmittel für Luxusschokolade?“ nimmt der Essener SPD-Landtagsabgeordnete Frank Müller auf den Fall Lindt Bezug. Wie berichtet, hat die Essen Marketing GmbH (EMG) eine Vorzugsmiete gewährt, sodass der Schweizer Konzern nur rund 20 Prozent des Marktpreises zahlen muss. „So wichtig und richtig es ist, unsere Innenstädte zu beleben und gerade auch in Essen den Handel auf der Limbecker Straße zu unterstützen, so sorgt es doch für großes Unverständnis, dass sich finanzstarke Unternehmen mit zahlreichen Filialen auf Steuerzahlerkosten geringe Mieten für ihre Ladenlokale sichern“, schreibt Müller in seiner Anfrage.

Als nicht unproblematisch gilt der SPD zudem der potenziell nur kurze Zeitraum des Mietvertrages, der sich am maximal möglichen Förderhorizont von zwei Jahre orientiert. Neueren Informationen aus der EMG zufolge hat Lindt das Ladenlokal sogar nur für ein Jahr gemietet, woraus man schließen könnte, dass der Konzern selbst seine Zweifel hat, ob der Standort richtig ist. Der erhoffte Effekt, dass andere Unternehmen dem Beispiel von Lindt folgen und die Innenstadt so als Ganzes profitiert, könnte durch die geringe Mietdauer jedenfalls eher erschwert werden. Lindt selbst ließ Anfragen der Redaktion bisher unbeantwortet.

Erwägt die Landesregierung ein Nachjustieren der Förderbedingungen?

Nach Ansicht von Frank Müller sei die vielfach geäußerte Kritik an dem Vorgang nachvollziehbar. „Es drängt sich die Frage auf, warum ein finanzstarkes Unternehmen sich eine solche Ladenmiete nicht auch zu den normalen Marktkonditionen leisten kann.“ Neben einer generellen Bewertung der Essener Sachlage, will die SPD von der Landesregierung auch wissen, ob die Förderbedingungen eventuell nachjustiert werden müssen, um „Mitnahmeeffekte durch finanzstarke Unternehmen zu verhindern“.

So funktioniert das Subventionsprogramm

Nach den geltenden Förderregeln müssen Unternehmen, die von dem Subventionsprojekt profitieren, maximal 20 Prozent der Miete zahlen, die an der Limbecker Straße bislang üblich war. 30 Prozent Nachlass muss der Eigentümer der Leerstandsimmobilie einräumen, den restlichen Betrag steuern das Land und zum kleineren Teil die Stadt Essen bei. Dieser Beitrag kann sich sogar auf maximal 70 Prozent erhöhen.Eine fiktive Beispielrechnung: Betrug die monatliche Ladenmiete bislang 10.000 Euro, zahlt der neue Mieter nur noch 2000 Euro. Land und Stadt überweisen dem Immobilienbesitzer aus dem Fördertopf 5000 Euro, der unterm Strich somit 7000 Euro Miete kassiert.

Eine Antwort der Landesregierung steht noch aus, doch war NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) bereits vorsichtig auf Distanz zum Vorgehen der Stadt Essen gegangen. „Eine Mietsubventionierung von internationalen Filialisten ist nicht intendiert“, hatte das Ministerium auf Anfrage der Redaktion erklärt und damit die Stoßrichtung des Landesprogramms präzisiert. Dieses soll demnach offenbar eigentlich kleinen Unternehmen und Start up-Firmen helfen. Auch in Essen war dies durchaus so verstanden worden. (Hier die Pressemitteilung der EMG im Wortlaut).

Anlass zum Einschreiten biete die Mittelverwendung in Essen aber offenbar nicht. Die Entscheidung über die individuelle Ausgestaltung der kommunalen Verfügungsfonds obliege der jeweiligen Stadt, betonte das Ministerium. Dabei sei nicht auszuschließen, dass es in Einzelfällen sinnvoll sein mag, „Impulse über die Ansiedlung von etablierten Anbietern zu setzen“.

Unverständnis bei EMG und Stadtverwaltung über die Diskussion

Dies unterstreichen auch EMG und Stadtverwaltung, die Unverständnis über die Diskussion um Mitnahmeeffekte von Subventionen zeigen. Stadtplanungsdezernent Martin Harter erklärte vor einigen Tagen auf Nachfrage, der Vorgang sei seiner Ansicht nach medial hochgespielt worden. Ansatz des Förderprogramms sei es, „innovative Nutzungskonzepte anzusiedeln“, die positiv in die Nachbarschaft ausstrahlen sollen. „Lindt passt daher ins Konzept sehr gut hinein, weil damit eine positive Wirkung für die Nachbarschaft einhergehen kann.“ Er, Harter, könne daran „nichts Verwerfliches finden“. (F.S./jgr)