Essen. Bei dem „Montagsspaziergang“ in Essen sind die Begriffe Frieden, Freiheit und Demokratie gekapert worden. Ein Kommentar von Johannes Pusch.

Frieden, Freiheit, Demokratie: Wir können uns glücklich schätzen, dass wir in einem Land und in einer Zeit leben, in der dieser Dreiklang gilt. Umso trauriger ist es, dass Menschen, die zeitgleich alles andere als solidarisch handeln, diese Begriffe kapern.

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Auf dem „Montagsspaziergang“ zwischen Rüttenscheid und Südviertel in Essen – nichts anderes als eine Demonstration – sagte doch tatsächlich jemand, dass er „impffrei“ und gegen den „drohenden Impfzwang“ sei, möglicherweise aber anders über eine Coronaschutzimpfung nachdenken würde, wenn er über 85 Jahre alt wäre. Genauso gut hätte er sagen können: „Was juckt mich der Rest der Gesellschaft?“ Solidarität? Fehlanzeige!

Eine Frau warf mir den Begriff „Lügenpresse“ an den Kopf, als ich mich als Reporter vorstellte und sie fragte, warum sie an der Veranstaltung teilnehme.

Corona in Essen: Gesellschaft muss andere Meinungen aushalten

Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer setzten verbal noch einen drauf, indem sie den politischen Zustand des Landes mit dem Wort „Diktatur“ beschrieben. Leben wir tatsächlich in einer solchen? Wie kommt man darauf, so etwas zu äußern, wenn man zeitgleich ohne Einschränkungen demonstrieren und seine Meinung äußern kann und dabei noch von der Polizei geschützt wird? – Einem, ja richtig, Staatsorgan.

Was aber gar nicht geht: Eine Demonstrantin ist am Montagabend aus einem offenen Fenster mit Wasser aus einem Eimer begossen worden. Eine Gesellschaft, die zum Großteil eine andere Auffassung als die „Spaziergänger“ vertritt, muss deren Meinung aushalten.

So schwer es in Zeiten der Pandemie auch fallen mag.