Essen-Stoppenberg. Der Spielwarenladen Küchmeister in Essen-Stoppenberg hat nach 50 Jahren geschlossen. Darum standen die Kunden am letzten Öffnungstag Schlange.
Im Jahr 1965 öffnete das Ehepaar Küchmeister an der Ernestinenstraße 3 in Stoppenberg ihren Schreibwaren- und Spielzeugladen im selben Haus, in dem sie mit ihren vier Kindern wohnten. Jetzt, 50 Jahre später, geht Ingrid Küchmeister mit 86 Jahren in Rente. Ihr Mann ist im vergangenen Jahr gestorben. Am letzten Öffnungstag kamen die Kunden nicht nur, um die Rabatte mitzunehmen, sondern auch, um Erinnerungen auszutauschen und sich zu bedanken.
Essener kauften in Spielzeugladen als Kinder ein und schicken jetzt eigenen Nachwuchs
Einige gingen schon als Kind zu Alfred und Ingrid Küchmeister, um sich das linierte Heft ohne Rand, ein Geodreieck oder den Bleistift mit der Härte 5h zu kaufen. „Immer, wenn ein Schuljahr neu begann, ließ ganz Stoppenberg die Schulbücher neu einschlagen“, erinnert sich eine Kundin. So manches Taschengeld wanderte auch in die Kasse des Essener Ehepaares, im Tausch gegen Lego oder Puppenkleidung.
Eine Generation später schickten dieselben Kunden dann ihre Kinder zu dem alt eingesessenen Laden in der Ernestinenstraße und zum Abschied am vergangenen Samstag kamen einige dann im Doppelpack: So auch Torben Wüllner und sein Bruder Gordon Wüllner-Adomako, die das Geschäft schon aus ihrer Kindheit kennen und zum Abschied Spielzeug für ihren eigenen Nachwuchs kauften.
Früher kamen die Kunden wegen Steiff-Kuscheltieren, Hörspielkassetten, Lego und Playmobil. „Zuletzt war hauptsächlich interaktives Spielzeug mit Batterien gefragt“, erklärt Lars Küchmeister. Wobei Lego und Playmobil aus den Kinderzimmern noch immer nicht wegzudenken sei. Der 46-Jährige ist in dem Laden aufgewachsen und hat ausgeholfen, sobald er mit sechs Jahren halbwegs rechnen konnte. „Für mich war das ganz normal“, erklärt Küchmeister. Erst rückblickend sei ihm klar, welch Privileg es ist, welch ein Glück er hatte, dass die Eltern einen Spielzeugladen betrieben – und das auch noch im eigenen Wohnhaus.
Amazon und Onlinehandel als Konkurrenz für Essener Ehepaar
Zuletzt hatte der Laden bereits seit einem halben Jahr geschlossen. „Wir Kinder haben andere Berufe ergriffen und die Mutter konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr“, erklärt Küchmeister. Im Zuge von Amazon und dem Onlinehandel sei der Einzelhandel im Vorort zuletzt auch nicht mehr allzu rentabel gewesen – diese Meinung teilen nicht alle Essener. In Heisingen hat vor einigen Wochen erst ein Spielzeugwaren neu eröffnet. Die Argumentation dort: Die Kunden haben mittlerweile verstanden, dass sie den Handel vor Ort unterstützen müssen und tun das auch.
Der eine und letzte Öffnungstag in Stoppenberg war für Lars Küchmeister dann doch emotionaler, als er selbst gedacht hat. Draußen standen die Kunden Schlange, drinnen wurden die Regale leerer, aber nicht leer: „Die Leute haben viel eingekauft, aber es ist immer noch voll“, erzählt Küchmeister und ergänzt, dass der Laden 100 Quadratmeter Verkaufsfläche hatte, das gesamte Erdgeschoss des Hauses aber als Lager diente; Puppenstuben, Spielküchen, Puppenwagen.
Verkaufstheke in Spielzeugladen stammt von Karstadt
Auch an der Einrichtung hängen Emotionen. So stammt die Verkaufstheke ursprünglich von Karstadt. Alfred Küchmeister war gelernter Schreiner und hatte die damals aufbereitet und in das Spielwarengeschäft gestellt. Die Theke bleibt in Stoppenberg und soll in ein Stoffladen in der Nikolausstraße umziehen. Doch der Spielzeugladen schließt, zur Trauer einiger Kunden: „Da gab es doch alles, was das Kinderherz hat höher schlagen lassen. Zur Karnevalszeit gab es immer Knallpistolen und Munition da. Wie oft hab ich da vorm Schaufenster gestanden“, erklärt ein Kunde, eine Kundin: Unfassbar, ich erinnere mich noch heute an den Geruch in dem Geschäft.“