Duisburg. Arno Eich hat in über 300 Mordkommissionen bei der Duisburger Kripo ermittelt. Jetzt ist Schluss – und Eich offenbart Details aus bemerkenswerten Fällen.

Er war einer der erfahrenste Mordermittler der Duisburger Polizei und hat sich eingereiht in die Liste der Chefermittler um den berühmten Heinz Sprenger: Arno Eich war über Jahre eines der bekanntesten Gesichter der Kripo. Nun ist er in den Ruhestand gegangen. Der 61-Jährige spricht jetzt über spektakuläre Ermittlungserfolge, den Reiz der großen Rätsel und auch die Schattenseiten.

Wer mit Arno Eich durch die langen Gänge des Polizeipräsidiums schlendert, muss viele Stopps einplanen. Überall wird Eich angesprochen oder umarmt, einen lockeren Spruch hat er auf den Lippen. Eich wirkt dabei entspannt. Für ihn hat eine neue Zeitrechnung begonnen. Seit dem 1. Februar ist er offiziell in Pension. „Es war die richtige Zeit, alles ist gut aufgestellt“, sagt er.

Mit „alles“ meint er das Duisburger Kriminalkommissariat 11, dort wo die großen Fälle – Mord, Waffen- und Sprengstoffdelikte, Todesermittlungen und Brände – bearbeitet werden. Seit den frühen 1990ern war Arno Eich Mordermittler. Am 1. Januar 2018 übernahm er dann die Leitung des KK 11.

Wie Arno Eich und seine Ermittler in Duisburg dem Mörder von Mine O. auf die Spur kamen

In über 300 Mordkommissionen hat er in dieser Zeit mit seinen Ermittlerteams geforscht, geackert und viele Erfolge gefeiert. Es ist auch sein Verdienst, dass die Duisburger Kripo seit Jahren in deutschen Polizeikreisen als äußerst leistungsstark gilt. Eich selber, das merkt man sofort, hat alle großen Fälle der vergangenen Jahre im Kopf, erinnert sich an kleinste Details und an die Schlüsselmomente in den Ermittlungen, die die Ermittler auf die Spur des Täter brachten.

So wie im Fall Mine O. im Herbst 2019. Ihr Ehemann meldet die junge Mutter als vermisst. Europaweit wird nach ihr gesucht. Arno Eich bleibt mit seinen Beamten aber die ganze Zeit nah an dem Mann aus Kaßlerfeld dran. Schließlich entdecken sie bei einer Wohnungsdurchsuchung einen Mietvertrag für eine Garage – und dort Maden und Leichenflüssigkeit. „Uns war ab diesem Zeitpunkt endgültig klar, dass sie tot ist“, sagt Eich. Doch der Ehemann, der mittlerweile in Untersuchungshaft sitzt, schweigt in den Befragungen beharrlich. Eich wendet einen kleinen Kniff an, der den Durchbruch bringt. Er wechselt das Vernehmungsteam und plötzlich gesteht der Mörder alles und offenbart, wo er seine Ehefrau vergraben hat.

In dem Waldstück entdeckten die Mordermittler schließlich die Leiche der jungen Mutter.
In dem Waldstück entdeckten die Mordermittler schließlich die Leiche der jungen Mutter. © dpa | ---

In der Dunkelheit machen sich Eich und seine Mannschaft auf in ein Waldstück in Untermeiderich. Der Mordermittler folgt genau dem beschriebenen Weg – und somit dem Pfad den Wochen zuvor auch der Täter nahm. Er stößt auf das Loch im Zaun und dann auf die umgegrabene Erde. „Wir hatten sie gefunden“, weiß er in diesem Moment. Monate des Rätselns sind vorbei. Es ist das Rätseln, Kombinieren und die Akribie, die den heute 61-Jährigen bei diesen Ermittlungen immer fasziniert haben.

Die Todesnachricht an Heiligabend

Aber der Beruf hat auch seine Schattenseiten: Um die ausführlichen Berichte zu schreiben, bleibt in seinem unscheinbaren Büro oft nur am Wochenende Zeit. Häufig klingelt nachts das Handy von Eich: ein neues Mordrätsel wartet. Schnell muss Eich in solchen Fällen ein Team zusammenstellen, raus zum Tatort fahren. Denn die ersten 48 Stunden sind bei der Tätersuche entscheidend. Die Uhr tickt. Und: Oft übernimmt der Chef des KK11 das Überbringen der Todesnachricht selbst. Nach einem schlimmen Unfall auf der B288 in den 2010er-Jahren muss er einer Mutter am Heiligabend sagen, dass ihr Sohn nicht mit ihr unter dem liebevoll dekorierten Tannenbaum feiern wird. Dass er nie mehr nach Hause kommen wird.

Zur Arbeit im KK11 gehörte auch die Suche nach den kleinsten Details.
Zur Arbeit im KK11 gehörte auch die Suche nach den kleinsten Details. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Die Angehörigen sind es, die für Eich in vielen auch zähen Ermittlungen Antrieb und Motivation waren, dran zu bleiben, immer neue Wege zu gehen. „Sie verdienen die Wahrheit“, sagt er mit großer Überzeugung.

In den Gesprächen über die Jahre hat sich der Eindruck verfestigt, dass Arno Eich sich bei seiner Arbeit stets intensiv mit den Rahmenbedingungen auseinandergesetzt, ja teilweise auch damit gerungen hat. Datenspeicherung, Gesetzgebungen, Personalausstattung, Arbeitsbelastung – alles Themen, über die sich Eich schon immer Gedanken gemacht hat. Dazu passt: Gerichtsverfahren hat er häufig vor Ort verfolgt. Um zu sehen, an welchen Punkten Verteidiger die Ermittlungsergebnisse angreifen und welche Gewichtung bestimmte Beweise in Prozessen haben.

Wer jahrzehntelang so für seinen Beruf gebrannt hat, der kann nicht so schnell loslassen. Wenn der 61-Jährige jetzt von Gewaltdelikten und sogar Todesfällen liest, zuckt er sofort zusammen. Er weiß, was das für die ehemaligen Kollegen bedeutet. Aber: Eich hat jetzt mehr Zeit für seine Hobbys, Sport und seine Familie. Aber auf gemeinsame „Tatort“-Abende darf sich seine Frau keine Hoffnungen machen. Eich macht deutlich: „Die Filme kann ich einfach nicht sehen. Das ist vollkommen unrealistisch.“

>>Hier bleibt Arno Eich weiter präsent

Langweilig dürfte es Arno Eich auch in Zukunft nicht werden. Denn: Seine Aufgabe als Pressesprecher im Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) wird er weiter ausführen, genauso bleibt er Vorsitzender des Huckinger Steinhofs.

Der 61-Jährige ist außerdem als Dozent im Fach Kriminalistik an der Hochschule der Polizei eingespannt. „Das macht mir unheimlich viel Spaß. Da habe ich das Gefühl, das man junge Polizistinnen und Polizisten für die Kripo begeistern kann“, sagt Eich.