Duisburg. „CaRLO“ heißt ein Seilroboter, den Forschende an der Universität Duisburg-Essen (UDE) entwickelt haben. Was noch zum Einsatz auf realen Baustellen fehlt.
Die Mauer steht schon, jetzt heben die Greifarme von „CaRLO“ einen rund 300 Kilogramm schweren, hölzernen Deckenbalken und hieven ihn vom Stapel an die richtige Stelle. Lange Seile, bewegt von Motoren an einem Stahltraversen-Geviert um die Baustelle, ermöglichen die flinken Bewegungen des Seilroboters, der die Bauwirtschaft revolutionieren könnte. Die gemeinsame Entwicklung von Ingenieuren für Mechatronik, Robotik und Bau an der Universität Duisburg-Essen (UDE) steht nun vor dem Sprung auf „echte“ Baustellen.
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Noch findet die Demonstration, zu der am Donnerstag auch UDE-Rektorin Prof. Dr. Barbara Albert und Staatssekretär Daniel Sieveke (CDU, NRW-Bauministerium) gekommen sind, in einer Halle am Ruhrorter Vinckeweg statt, in der die Forschenden seit einigen Jahren die bereits 2006 begonnene Entwicklung vorangetrieben haben. Unterstützt wurde das Projekt durch die Forschungsvereinigung Kalk-Sand e.V. sowie das Institut für Angewandte Bauforschung Weimar, gefördert von den Bauministerien in Bund und Land sowie dem Bundesverband der Kalksandstein-Industrie.
Ingenieure verschiedener Disziplinen entwickelten Duisburger Seilroboter
Das Gewicht der Lasten, die der Roboter nun bewegen kann, ist von 50 auf 500 Kilo gestiegen, es gibt ein Gerät, das den Mörtel aufträgt, auch bei Geschwindigkeit und Präzision hat CaRLO (steht für: Cable Robot for Large scale Operation) zugelegt. Innerhalb weniger Stunden soll er künftig eine Etage mauern. Anschließend wechselt er das Werkzeug und platziert Deckenelemente als Grundlage des nächsten Geschosses.
„Ein Seilroboter macht keine Mittagspause und keinen Feierabend, er könnte auch in der Nacht arbeiten“, sagt Prof. Dr.-Ing. Tobias Bruckmann. Der Mechatroniker koordiniert gemeinsam mit Bauingenieurin Dr. Aileen Pfeil (Institut für Baubetrieb und Baumanagement/IBB) die Arbeit des interdisziplinären Entwicklungsteams.
Das IBB, geleitet von Prof. Dr.-Ing. Alexander Malkwitz, brachte wichtige Expertise rund um den Baubetrieb ein. „Je mehr man bei der Entwicklung bedenkt, desto weniger muss man später auf der Baustelle nachsteuern“, sagt Malkwitz, der auch Dekan der Ingenieurwissenschaften an der UDE ist. Die zugrunde liegende Technik wurde am Lehrstuhl für Mechatronik unter Leitung von seinem Vorgänger als Dekan, Prof. Dr.-Ing. Dieter Schramm, entwickelt.
Innovative Technik soll Ausbildung im Baugewerbe attraktiver machen
Während Seilroboter etwa für den Betrieb von Hochregal-Lagern bereits im Praxisbetrieb sind, waren die Forschenden mit der Anlage für den Bau ihrer Zeit voraus. Denn CaRLO braucht für die automatische Fertigung Planungsdaten für einen „digitalen Zwilling“ des Gebäudes. Die Planung mit sogenannten BIM-Systemen (Buildung Information Modeling) hat sich noch nicht flächendeckend durchgesetzt. „Die Digitalisierung der Branche müssen alle am Bau Beteiligten aus Architektur, Planung, Baustoff-Produktion und -Lieferung mitgestalten“, sagt Bruckmann.
Der Roboter, davon sind die Forschenden überzeugt, könnte schon bald auf den Baustellen schwere, monotone Arbeiten übernehmen, damit die Arbeiter entlasten. Die Automatisierung könne nicht nur in dieser Hinsicht eine Antwort auf den Fachkräftemangel der Branche sein, glaubt Bruckmann: „Durch die Technik würde die Ausbildung auch für Jugendliche attraktiver.“
Sprung in die Praxis mit dem Startup Red Cable Robots
Spürbar ist bei der Präsentation die Ungeduld, nun endlich den Sprung in die Praxis zu schaffen. Dabei helfen soll das Start-up Red Cable Robots, das vier junge Forscher bereits 2023 gegründet haben. Sie können auf die Unterstützung der Professoren Tobias Bruckmann und Dieter Schramm zählen. Tobias Burger, Patrick Lemmen, Robin Heidel und Roland Boumann wollen Seilroboter-Lösungen aus einer Hand anbieten.
„Wir haben die ersten Zusagen von Geldgebern und sind auf der Suche nach weiteren“, sagt Boumann. Noch ist Red Cable Robots „Untermieter“ der Uni in Ruhrort. Die Halle am Vinckeweg wollen allerdings sowohl die Forscher als auch die Gründer bald verlassen. „Wir stoßen hier an Grenzen, brauchen eine größere Halle“, erklärt Prof. Tobias Bruckmann, „und das Start-up muss irgendwann auch unabhängig werden.“
>> REKTORIN: UNI WILL INNOVATIONSTREIBERIN SEIN
- Das Seilroboter-Projekt sei ein gutes Beispiel für den gelungenen Transfer von Forschung in die Wirtschaft, sagt Prof. Dr. Barbara Albert. „Es veranschaulicht den Anspruch der Universität, gemeinsam mit ihren Partnerinstitutionen als Impulsgeberin und Innovationstreiberin in der Region zu wirken.“
- Wissenschaftliche Innovation könne einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Fragestellungen leisten, betonte die Rektorin der UDE. „Seilroboter sind eine Perspektive für die Lösung des Fachkräftemangels im Bauwesen.“
- Das Startup Red Cable Robots sei auch mit Unterstützung des Zentrums für Gründungen und Innopreneurship der UDE, GUIDE, entstanden. Info zum Unternehmen: www.redcablerobots.com