Duisburg. Inkassoverfahren, drohende Pleite und mehr: Das Jugendamt Duisburg bräuchte klare Worte, Kritik, auch Hilfe. Warum sich SPD und CDU blamieren.

Dass Inkassounternehmen bei städtischen Ämtern tätig werden, ist sehr selten. Wenn also gleich drei Inkassoverfahren im Duisburger Jugendamt laufen, über 40 Millionen Euro an Rechnungen nicht bezahlt werden, wenn der Oberbürgermeister in einem Dringlichkeitsbeschluss zudem über 32 Millionen außer Plan in das Amt pumpt, dann zeigt das: Hier läuft was gehörig schief. Hier ist Handlungsbedarf. Hier ist die Politik gefordert: auf Landes- und Bundesebene, weil die Finanzierung schon lange nicht auskömmlich ist. Aber auch auf kommunaler Ebene.

Im Jugendhilfeausschuss herrschte allerdings das große Schweigen bei SPD und CDU. Auch im Nachgang hielten sich angefragte Ratsherren sehr bedeckt. Ünsal Başer, der als Mitglied im Sozialausschuss, im Jugendhilfeausschuss und im Haupt- und Finanzausschuss vielfach mit der Thematik konfrontiert ist, leitete eine Anfrage dieser Redaktion zu einer Stellungnahme unkommentiert an die Geschäftsstelle seiner SPD-Ratsfraktion weiter.

Jugendamt Duisburg: SPD verweist auf die Pressestelle der Stadt

Von da kam eine bemerkenswerte Mail von Geschäftsführerin Jacqueline Teichgräber: „Da es sich bei dem Tagesordnungspunkt um eine Anfrage der Grünen gehandelt hat, würden wir nach Rücksprache mit unserer jugendpolitischen Sprecherin Bürgermeisterin Edeltraud Klabuhn hinsichtlich einer fundierten Stellungnahme an die Pressestelle des Amtes für Kommunikation der Stadt Duisburg verweisen.“

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Das ist ein auf mehreren Ebenen schräges Verständnis von politischer Teilhabe. Aufgabe von Ratsmitgliedern als gewählte politische Vertreter der Bürgerinnen und Bürger Duisburgs ist es, Entscheidungen zu fällen, die die Verwaltung dann umsetzen muss. Das Verwaltungshandeln sollen der Rat, die Ausschüsse und Bezirksvertretungen begleiten, evaluieren und natürlich auch kritisieren.

Die SPD in Duisburg begreift sich aber als Teil dieser Verwaltung, nicht als ihr Kontrollorgan. Und Jugendamtsleiter Hinrich Köpcke wirkt weiter, als wäre nichts geschehen. Das Parteibuch des Beigeordneten Paul Bischof, in dessen Gesamtverantwortung das Jugendamt liegt, führt dazu, dass auch die CDU die Füße still hält.

WAZ-Redakteurin Annette Kalscheur zur Lage im Jugendamt und dem blamablen Verhalten der Politik.
WAZ-Redakteurin Annette Kalscheur zur Lage im Jugendamt und dem blamablen Verhalten der Politik. © funkegrafik nrw | Anna Stais

Politischer Schaukampf statt Ringen um beste Lösungen

Abgesehen davon: Nur weil die Grünen das Thema in die Ausschüsse bringen, schließt das politische Stellungnahmen nicht aus. Im Gegenteil: Hier spielt doch die Musik, hier ist der Ort für Reibung, für Debatte, für unterschiedliche Sichtweisen.

Wenn Parteidisziplin aber dazu führt, dass Menschen mit dem gleichen Parteibuch als unkritisierbar wahrgenommen werden, dann ist es um das Wohl aller Duisburgerinnen und Duisburger schlecht bestellt. Das Jugendamt bräuchte klare Worte, Kritik, auch Hilfe. Das Thema verschwindet jedenfalls nicht, wenn man es totschweigt.

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Wie groß der Schaden, der Vertrauensverlust ist, den das lange unterbesetzte Jugendamt durch die ausbleibenden Zahlungen bei den Trägern angerichtet hat, wie viele von ihnen sich zurückhalten bei künftigen Aufträgen, wird die Zukunft zeigen. Erfahrungsgemäß dauert es lange, einen zerstörten Ruf wieder herzustellen. Das sollten SPD und CDU auch wissen.

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