Duisburg. Kunden in aller Welt schätzten Maschinen von „Schmitz Söhne“. Mit dem Niedergang geriet die Duisburger Fabrik in Vergessenheit. Was wird aus dem Gelände?
Um die einst florierende Homberger Rheinfront im Duisburger Westen sieht es aktuell eher mau aus. Die Zukunft des Essenberger Chemiewerkes scheint mit dem umfangreichen Stellenabbau bei Venator ungewiss. Nach einer Pause ist der Umbau der historischen Plange Mühle wieder angelaufen. Während diese Aktivitäten Aufmerksamkeit erfahren, ist es um die Entwicklung des seit über 20 Jahre lang brach liegenden „Schmitz Söhne“-Geländes an der Königstraße still.
Die „J.H. Schmitz Söhne GmbH & Co. KG” produzierte einst individuell angefertigte Maschinen für die Schwerindustrie im Umland. Nach Kundenwunsch wurden dort Maschinen für die industrielle Verpackung oder für die sogenannte Adjustage in der Stahlindustrie entworfen und hergestellt.
Wichtiges Unternehmen in der Duisburger Industriegeschichte
Auf dem Werksgelände befand sich zudem eine Eisengießerei. Lange zählten Thyssen und Sachtleben zu den bedeutendsten Kunden von „Schmitz Söhne”. Zwar existiert die Maschinenfabrik weiterhin auf dem Papier, doch das Werksgelände ist mittlerweile zu einem Lost-Place geworden.
Obwohl sich das Areal über mehrere hundert Meter beiderseits der Königstraße erstreckt, ist es von außen eher unscheinbar. Ketten versperren die Eingangstore, das Pförtnerhaus ist mit Holz verbarrikadiert. Bäume und Büsche versperren den Blick, Graffiti und MSV-Sticker zieren die Backsteinfassade. Die Glasscheiben sind zertrümmert. Wo die Mauer noch intakt ist, ist sie mit Stacheldraht gesichert. In den eingestürzten Bereichen verhindert ein Bauzaun unbefugtes Betreten.
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Durch Löcher in der Blechverkleidung der Werkshallen erkennt man verrostete Stahlträger. Im benachbarten Waldstück zeugen überwucherte Gleise von längst vergangenen Zeiten. Ein Trampelpfad, beliebt bei Hundebesitzern, führt zu einer eingestürzten Mauer. Eingerissen ist hier der Bauzaun, der ungebetene Gäste abhalten soll. Es ist eine der wenigen Stellen, von denen aus ein Blick in die alten Werkshallen möglich ist. Graffiti und Müll prägen auch hier das Bild.
Schmitz Söhne: 130-jährige Firmengeschichte prägt Homberg bis heute
Informationen über die 130-jährige Geschichte von „Schmitz Söhne” bietet das Archiv des Freundeskreises Historisches Homberg. Der Schlossermeister Johann Heinrich Schmitz eröffnete 1861 in Ruhrort eine Metallgießerei und Schlosserei. 1871 verlegte er den Betrieb auf die gegenüberliegende Rheinseite.
Das war der Start für die Homberger Firma, die seit ihrer Umbenennung im Jahr 1952 unter dem Namen „Schmitz Söhne” bekannt ist. Außerdem initiierte der Gründer Johann Heinrich Schmitz im Jahr 1913 den Bau des Brunnens am Bismarckplatz – Namensgeber für das jährlichen Brunnenfest im Ortsteil.
Wenn Theo Lehmkuhl (77) über seinen langjährigen Arbeitgeber spricht, betont er immer wieder die Bedeutung für Homberg. Seit seinem 13. Lebensjahr hat er dort gearbeitet, er holte später an der Abendschule sein Abitur nach und arbeitete sich bis zum Ingenieur hoch.
Fachleute kamen von der Duisburger Ingenieurschule
„Die Industrie hat in Homberg immer einen gewissen Lebensstandard sichergestellt”, berichtet er. Viele gut bezahlte Jobs seien durch das Werk entstanden. So habe sich Schmitz Söhne immer die besten Abgänger der Duisburger Ingenieurschule „geschnappt”. Vom wirtschaftlichen Erfolg profitierten auch die örtliche Gastronomie, Handwerker und Handel.
Da die Maschinenfabrik offiziell noch existiert, ist aus Pressearchiven und Handelsregistern nicht nachzuvollziehen, wann genau der Betrieb eingestellt wurde. Die aktuelle Geschäftsführerin äußerte sich auf Anfrage der Redaktion nicht. Gesprächen mit einstigen Angestellten und Anwohnern der Königstraße lassen darauf schließen, dass der Standort ab Anfang der 2000er-Jahre nach und nach aufgegeben wurde.
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Welche Gründe führten zum Niedergang von „Schmitz Söhne”, das doch für die Produkte seiner Ingenieurskunst weltweit Abnehmer fand? „Die Eigentümer sind damals einfach nicht mit der Zeit gegangen und dann ist das so im Sande verlaufen”, erinnert sich Theo Lehmkuhl.
Die Folgen der sich anbahnenden Digitalisierung seien vollkommen unterschätzt worden, berichtet er. Die internationalen Mitbewerber der Maschinenbau-Industrie hätten sich auf den Wandel besser eingestellt, in der Folge ihre Produkte günstiger anbieten können.
Nach den Kupferdieben kamen die Lost-Place-Touristen
„Mittlerweile ist das Gelände ja eine Trümmerlandschaft”, bedauert Lehmkuhl. Als Erstes seien die Kupferdiebe gekommen. Nachdem die Natur das Gelände zurückerobert hatte, kehrten auch die Menschen zurück: Denn die Industriebrache bietet alles, was Lost-Place-Touristen schätzen. Videos auf Youtube und Tiktok zeugen davon, dass das Werksgelände Anziehungspunkt für Abenteurer ist.
Die Zukunft des Schmitz-Söhne-Areals, unmittelbar am Rhein gelegen, liegt in den Händen der Geschäftsführung. Die Ehefrau des verstorbenen ehemaligen Firmenchefs Hans-Wolf Aengeneyndt ist die aktuelle Geschäftsführerin, sie verfügt auch über die Flächen. Doch aktuell scheint es keine Pläne für das Areal zu geben. Auch eine Anfrage der Redaktion zu Veräußerungsabsichten blieb unbeantwortet. Dass im Werksgelände mit Rheinblick viel Potenzial steckt, vermutet nicht nur Theo Lehmkuhl: „Ich frage mich, warum daraus nichts Schönes gemacht wird.”
>> STICHWORT: TRAJEKT-PROMENADE IN HOMBERG
- Das Gelände von „Schmitz Söhne“ nehme eine zentrale Funktion im städtebaulichen Entwicklungsprojekt „Trajekt-Promenade” für das Homberger Rheinufer ein, heißt es bei der Stadt Duisburg.
- Mit dem Bau von Wohn-, Misch- und Gewerbeanlage sollen auf den Flächen „die neuen Verflechtungen zwischen Alt-Homberg und dem Rhein entstehen“, erklärt Stadtsprecher Peter Hilbrands.
- Die Stadt stehe mit allen Eigentümern von Flächen im Plangebiet des Projekts „im regelmäßigen Austausch und stimmt die geplante Entwicklung ab“.