Duisburg. Die marode Berliner Brücke (A59) ist für Schwerlaster gesperrt. Was hindert Lkw-Fahrer daran, trotzdem über den verbotenen Abschnitt zu fahren?
Seit Mitte Oktober ist die A59 im Bereich der Berliner Brücke für Schwertransporte ab 48 Tonnen gesperrt, weil die Autobahn GmbH „erhebliche Mängel an der Tragfähigkeit“ festgestellt hat. Der Bundesbetrieb will die Schäden mit monatlichen Sonderprüfungen im Blick behalten. Aber wer kontrolliert eigentlich, dass der Autobahnabschnitt zwischen der Anschlussstelle Meiderich und dem Autobahnkreuz Duisburg wie vorgeschrieben nicht von Lkw mit einem Gewicht über 48 Tonnen befahren wird?
Die Sperrung der Berliner Brücke sorgt für große Umwege und bei betroffenen Unternehmen in der Logistik- und Speditionsbranche für Frust und Unverständnis. „Wenn Sie sehen, wie viele Lkw im 40-Tonnen-Bereich über die Brücke fahren, fragt man sich schon, wo der Unterschied sein soll und ob da die Verhältnismäßigkeit noch stimmt“, gibt ein Speditionsleiter zu bedenken, der anonym bleiben möchte.
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Warum also gilt das Verbot für Lkw ab 48 Tonnen, aber nicht – zum Beispiel – für alle ab 40 Tonnen? Für die Autobahngesellschaft des Bundes (AdB) antwortet Tobias Zoporowski, Sprecher der Niederlassung Rheinland: „Die Festlegung des zulässigen Gewichts erfolgte unter Berücksichtigung der Ergebnisse externer Gutachten als erste Maßnahme mit dem Ziel, die Schadenserweiterung zu begrenzen und das Bauwerk für den Verkehr aufrechtzuerhalten.“
Marode A59-Brücke in Duisburg: Keine Schwerpunktkontrollen des Schwerlastverkehrs
Den Lkw sieht man nicht an, ob sie 45 oder 50 Tonnen auf die Straße bringen, zumal längst nicht alle Schwertransporte mit Begleitfahrzeugen unterwegs sind. Der Speditionsleiter berichtet zudem, dass vor allem ausländische Lkw-Fahrer – aus Unwissenheit oder absichtlich – auch andere Auflagen für den Schwerlastverkehr nicht einhielten. Sie dürfen auch nicht zwischen 6 und 9 Uhr fahren, trotzdem seien in dieser Zeit etliche von ihnen auf den Autobahnen an Rhein und Ruhr zu sehen. „Aber wo kein Kläger, da kein Richter“, sagt der Speditionsleiter zum Risiko, erwischt zu werden.
Von gezielten Kontrollen rund um die marode A59-Brücke ist bei den Polizeibehörden und der Autobahn GmbH indes nichts zu erfahren. So antwortet AdB-Sprecher Zoporowski grundsätzlich: „Für die Kontrolle des Verkehrs auf den Autobahnen ist die Polizei zuständig. Bei genehmigungspflichtigen Transporten prüft die Polizei, ob eine Genehmigung vorliegt und ob die dort aufgeführten Fahrauflagen eingehalten werden. Schwerpunkte können in Abstimmung mit der Polizei festgelegt werden.“
Auch ein Sprecher der Autobahnpolizei in Düsseldorf antwortet allgemein: „Unsere spezialisierten Verkehrsdienste kontrollieren ständig stichprobenartig den Schwerlastverkehr, wenn der Verdacht besteht, dass sie zu schwer sind, ohne Genehmigung unterwegs sind oder von genehmigten Routen abweichen.“ Genehmigungspflichtig sind Transporte ab 40 Tonnen. Es gebe auch Großkontrollen im Schwerlastverkehr, „aber wir können nicht jeden der Tausenden Lkw auf unseren Autobahnen kontrollieren.“
Verstöße seien unter ortsfremden Lkw-Fahrern häufiger, „die Motivation mannigfaltig“, so der Sprecher. Aber es bestehe für jeden Lkw-Fahrer auf Abwegen immer die Gefahr, dass ihr Sattelzug „auf geeichte Wagen kommt. Wenn wir jemanden erwischen, untersagen wir die Weiterfahrt, und es gibt sehr empfindliche Strafen.“
Autobahn GmbH prüft „alle möglichen Maßnahmen“ zur Kontrolle
In Duisburg erschwert auch die schmale A59 die Kontrolle. Auf der Berliner Brücke gibt es nur zwei Spuren und keinen Seitenstreifen, links und rechts der Stadtautobahn keine Ausweichflächen – auch auf den Kilometern vor dem gesperrten Abschnitt nicht. Das war an der alten A40-Rheinbrücke anders, dort gab es Platz für die Wiege-Anlagen, mit deren Hilfe binnen fünf Jahren rund 67.000 Laster aus dem Verkehr gezogen wurden, weil sie schwerer als die erlaubten 44 Tonnen waren. Nach ersten groben Schätzungen der Autobahn GmbH sollen vor der Sperrung täglich mehrere Dutzend Schwertransporte den gesperrten A59-Bereich passiert haben.
Welche kurzfristigen und langfristigen Maßnahmen sind zur Kontrolle vor der Berliner Brücke denkbar? „In Abhängigkeit von der weiteren Entwicklung werden zurzeit alle möglichen Maßnahmen untersucht“, antwortet AdB-Sprecher Zoporowski, ohne Optionen zu nennen.
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Sicher ist: Durch die Sperrung der Berliner Brücke werden Schwertransporte über das städtische Straßennetz zunehmen, „für diese Straßen und Brücken stellt das eine zusätzliche Belastung dar“, sagt Stadtsprecher Malte Werning. Eine statistische Auswertung, wie viele Schwertransporte ab 48 Tonnen über städtische Straßen roll(t)en, haben Stadt und Polizei nicht.
Der Verkehrsdienst des Duisburger Polizeipräsidiums wiederum kontrolliert laut Sprecherin Bettina Balter abseits der Autobahnen „im gesamten Stadtgebiet stichprobenartig Großraum- und Schwertransporte“. Das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste NRW (LZPD) in Duisburg erklärt zur A59-Sperrung – ebenfalls allgemein –, es sei im regelmäßigen Austausch mit den zuständigen Bezirksregierungen und der Autobahngesellschaft.
Die größte Kontrollwirkung dürfte das Genehmigungsverfahren für Schwer- und Großraumtransporte haben. Im digitalisierten Austausch legen die Behörden dabei auch die jeweilige Route fest, von der nicht abgewichen werden darf. „Daher sind der Polizei alle Schwertransporte samt ihrer Routen im Duisburger Stadtgebiet bekannt“, sagt Sprecherin Balter. Die Polizei befürchte durch die notwendigen Umleitungen der Schwertransporte „keine großen Auswirkungen“ auf den Stadtverkehr.
>> Genehmigungsverfahren für Großraum- und Schwertransporte (GST)
- Bei einem Großraum- und Schwertransport (GST) muss im Rahmen der Streckenplanung ein Nachweis erfolgen, dass sich die ausgewählte Strecke für diesen Transport eignet. Genehmigungspflichtig sind alle Transporte ab 40 Tonnen.
- Für die Genehmigung ist entweder die Straßenverkehrsbehörde zuständig, deren Gebiet durchfahren wird, oder die Kommune, in der das antragstellende Unternehmen seinen Firmensitz hat.
- In Duisburg ist das Straßenverkehrsamt für die Genehmigung von GST auf städtischen Straßen zuständig. Das Amt hört die für die befahrenen Straßen zuständigen Stellen an, zum Beispiel Autobahn GmbH, Landesbetrieb Straßen NRW, Ämter anderer Kommunen und Emschergenossenschaft.
- Antrags- und Genehmigungsverfahren werden online über das Portal VEMAGS (Verfahrensmanagement für Großraum- und Schwertransporte) abgewickelt. Die Autobahn GmbH prüft Anträge nach eigenen Angaben „weitgehend automatisiert und in den allermeisten Fällen tagesaktuell“ mit der Anwendung „GST.Autobahn“.