Duisburg. Die Stadt sieht sich im Kampf gegen wild geparkte E-Scooter auf einem guten Weg. Lokalpolitiker sehen das anders. Warum Duisburg nicht mehr unternimmt.
Was Mitarbeitende der Stadt jüngst zum Umgang mit E-Scootern in Duisburg berichtet haben, provozierte mehrere Ratsleute zu teils verärgertem Widerspruch. Die Politiker kritisierten im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr eine Einschätzung aus der Verwaltung. In der Mitteilungsvorlage steht zu Problemen durch wildes Parken und die unsachgemäße Nutzung der aktuell rund 1800 E-Scooter im Stadtgebiet: Es sei eine Verbesserung der Situation und ein Rückgang der Beschwerden eingetreten, darum sei eine straßenrechtliche Steuerung der Nutzung aktuell „nicht erforderlich“.
Diese Darstellung ist nach Ansicht der CDU-Fraktion „unrealistisch“, sagte Ratsherr Jörg Brotzki: „Wir erwarten einen realistischen Blick auf die Sachlage und Lösungsvorschläge.“ Sein Fraktionskollege Ulrich Lüger ist der Auffassung, durch die Vorlage „werden die Probleme verniedlicht. Seit Jahren wird diskutiert, aber es passiert nichts.“
E-Scooter in Duisburg: Nur eine Beschwerde pro Woche?
Lüger bemängelt etwa, dass weiterhin viele elektronische Roller auf Geh- und Radwegen abgestellt und umgeworfen werden, so Fußgängern und Radfahrern in die Quere kommen. „Und auf der Königstraße fahren die Roller gefährlich nahe in Schlangenlinien um die Fußgänger herum.“ Dabei darf die Fußgängerzone mit E-Scootern gar nicht befahren werden. „Es gibt einen deutlichen Handlungsbedarf“, bekräftigte Michael Kleine-Möllhoff für die Grünen: Um gegen Missstände vorzugehen, „sollten wir von den Anbietern deutlich mehr einfordern“.
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Die Stadtverwaltung beschreibt in der Vorlage zwar einerseits die Problemlage: „Insbesondere der nicht sachgerechte Umgang mit E-Tretrollern führt zu vermehrtem Unmut in der Bevölkerung und zudem zu einer Beeinträchtigung des Stadtbildes. Nicht nur das Parken und Blockieren von Gehwegen, Eingängen und anderen öffentlichen Bereichen, sondern auch der zunehmende Vandalismus, die fehlende Infrastruktur und die Nichteinhaltung von Verkehrsregeln sind hier kritisch zu sehen.“
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Nichtsdestotrotz sei „das Beschwerdeaufkommen insgesamt grundsätzlich zurückgegangen“. Die Stadt habe zuletzt nur noch maximal eine Beschwerde pro Woche registriert. Tenor der Ratsleute dagegen: Es gebe viel mehr Beschwerden, nur meldeten sich die wenigsten Bürger deswegen (noch) bei der Stadt. „Viele Menschen resignieren schon“, meinte der Ausschussvorsitzende Bruno Sagurna (SPD).
Amt befürchtet Mehraufwand durch strengere Regelung
„Es nervt, dass die Roller einfach überall abgestellt werden. Warum gestattet man das?“, fragte Herbert Fürmann (Linke/Die Partei). Er und andere plädierten zunächst für festgelegte Abstellflächen ähnlich den 65 Metropolrad-Stationen in Duisburg oder den Sharing-Stationen für E-Scooter in Düsseldorf.
Hendrik Trappmann, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung und Projektmanagement, bezog Stellung zur Kritik an der Situation und an der Einschätzung der Verwaltung: „Ja, wir haben ein Problem mit nicht sachgemäß abgestellten Scootern, aber wir arbeiten daran, es zu reduzieren.“
Zu den Anbietern in Duisburg gebe es einen „sehr kurzen Draht“, sodass diese schnell auf gemeldete Missstände reagierten. Eine Konsequenz laut Stadt: Die Kunden würden „dringlicher auf die Einhaltung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften hingewiesen“, und die Mitarbeitenden der Verleiher, die Roller um- oder aufstellen, seien geschult worden.
Eine solche Einflussnahme, argumentiert die Verwaltung, „wäre durch einen förmlichen Erlaubnisvorbehalt zur Sondernutzung nicht möglich“. Grundsätzlich sei eine strengere Steuerung darüber zwar „rechtlich möglich“, werde aber „aktuell nicht weiterverfolgt“. Die Behörde befürchtet erheblichen Aufwand durch Satzungsänderungen und die rechtliche Prüfung aller Vorgaben für Verleiher.
Denn grundsätzlich verbieten dürfen Kommunen den E-Scooter-Verleihern das Geschäft nicht. Die Stadt Duisburg will das ohnehin nicht, sie begleitete schon den Markteinstieg 2020 mehr als wohlwollend. Andere Kommunen erheben von den Betreibern gewerblicher Verleihsysteme Sondernutzungsgebühren, begrenzen die Flottengröße oder richten Pflicht-Rückgabestationen ein.
Amtsleiter: Kein Personal für Sharing-Stationen
Hendrik Trappmann bekräftigte im Verkehrsausschuss, die Stadt wolle Behinderungen und Gefährdungen möglichst mit den Anbietern – zurzeit sind dies Tier, Bolt und Lime – erreichen. Das Vorgehen sei auch „eine Frage der Verhältnismäßigkeit“. Denn die Einführung vorgeschriebener Abstellflächen sei sehr personalintensiv: „Die Stellplätze müssen gefunden, markiert, ausgeschildert werden, und in aller Regel werden dafür Parkplätze umgewandelt.“
Zudem sei ein dichtes Netz an Rückgabe-Stationen „sehr personalintensiv“. Trappmanns Einschätzung: „Das kriegen wir mit unserer Mannschaft nicht hin.“ Wenn die Politik solche Stationen wolle, „müssen wir über Ressourcen reden“. Die Landeshauptstadt Düsseldorf habe größere Personalkapazitäten, um die E-Scooter-Nutzung zu steuern und zu reglementieren.
>> Regeln für E-Scooter: So läuft es in anderen Städten
- Die Stadt Düsseldorf hat in der Innenstadt mehr als 100 Pflicht-Rückgabestellen eingerichtet. Nur an diesen Sharing-Stationen können Nutzer die Ausleihe der „Elektrokleinstfahrzeuge“ beenden. Dadurch gibt es deutlich weniger falsch abgestellte Roller. Die Zahl der E-Scooter hat Düsseldorfer in der City auf 1800 E-Scooter begrenzt, die Gesamtzahl von 12.000 auf 8400 reduziert.
- In Duisburg sind im gesamten Stadtgebiet laut Hendrik Treppmann zurzeit 1800 E-Scooter ausleihbar. Hier können Scooter im erweiterten Innenstadtbereich bis in den Süden sowie in linksrheinischen Stadtteilen ausgeliehen werden. In Grünflächen und Fußgängerzonen können Nutzer Ausleihvorgänge nicht beenden, Roller dort darum nicht abstellen.
- In Paris, Madrid oder Melbourne sind E-Scooter inzwischen verboten. Ein Sonderfall ist die Situation in Gelsenkirchen: Die Kommune verbietet E-Scooter, weil die Verleiher Bolt und Tier neue Vorgaben nicht erfüllen wollen. Sie sollten sich verpflichten, eine Identitätsfeststellung für die Nutzer einzurichten. Die Stadt wollte so den Missbrauch der Geräte reduzieren. Das Gelsenkirchener Verwaltungsgericht hat der Stadt Gelsenkirchen recht gegeben.