Duisburg. Werner Hahn feiert seinen 100. Geburtstag. Er kam der Arbeit wegen nach Duisburg. An manchen Schicksalsschlag denkt er lieber nicht zurück.
Ein einfaches Leben ist es nicht, auf das der Hamborner Werner Hahn an seinem 100. Geburtstag zurückblickt. Normalerweise denkt er ungern an die schlimmen Zeiten. Als er am Geburtstagsmorgen aber doch davon erzählt, stehen ihm schnell die Tränen in den Augen. „Ich bin gebürtiger Schlesier aus Breslau und war im Zweiten Weltkrieg Soldat“, sagt er, „dann war ich sechs Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft und was ich da erlebt habe, das kann man keinem erzählen.“
Der Duisburger Werner Hahn feiert seinen 100. Geburtstag in seiner eigenen Wohnung
Er musste im Winter viele Stunden am Tag Eisplatten aus der Wolga brechen, die im Sommer zur Kühlung gebraucht wurden. Er sah, wie Mitgefangene aus Durst Eis stahlen, obwohl die russischen Wachen auf sie schossen. Das Eis führte aber zu schlimmen Durchfallerkrankungen, viele der Gefangenen konnten sich deshalb kaum auf den Beinen halten.
Als Hahn endlich aus der Gefangenschaft kam, wurde er bei seinen Eltern im Emsland untergebracht, wo viele Heimatvertriebene aus dem Osten auf Bauernhöfen ein Zimmer zugeteilt bekamen. „Die Bauern machten das nicht freiwillig, die haben uns gar nicht als gleichwertige Menschen betrachtet“, erzählt Werner Hahn traurig. Die Abwertungserfahrungen aus der Nachkriegszeit sitzen heute noch tief.
Hahn heiratete und ging ins Ruhrgebiet, der Arbeit wegen. Die fand er in Duisburg bei den Grillowerken, wo er als Sandstrahler sein ganzes Berufsleben verbrachte. „Ein familiärer Betrieb ist das, da kann man es gut aushalten“, stellt er fest. Aber alles gefallen ließ er sich trotzdem nicht, er hatte seinen Stolz. Als er einmal den Auftrag bekam, den Sportwagen eines höheren Angestellten zu waschen, weigerte er sich und sagte knapp: „Das mache ich nicht, mein eigenes Auto wasche ich auch nicht.“ Berufliche Nachteile sind ihm dadurch nicht entstanden, er blieb bis zur Rente bei Grillo.
Mit seiner Frau war Werner Hahn mehr als 60 Jahre verheiratet
Hahn führte über 60 Jahre lang eine harmonische Ehe, aber leider musste seine Frau sechs Jahre vor ihrem Tod 2011 in ein Pflegeheim umziehen, weil ihre fortschreitende Demenz eine häusliche Pflege unmöglich machte. Dort bekam sie jeden Tag Besuch von ihrem Mann, der sie mit Kaffee und Kuchen verwöhnte, wenn sie das Heimessen nicht mochte. „Auch da im Heim habe ich viel Elend gesehen“, sagt Hahn.
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Er beschloss für sich, dass er zu Hause bleiben will, solange er eben kann. Bisher hat das geklappt. Zwar hat der Senior seine Wohnung im dritten Stock und inzwischen doch ordentlich Respekt vor den Treppen, aber mit der Hilfe eines Pflegedienstes und seiner Nichte Karin Hahn-Töreki und ihrer Tochter Lara Töreki schafft er seinen Alltag noch ganz gut.
Sein Auto hat er mit Anfang 80 freiwillig abgegeben, aus Vernunftgründen. Stattdessen schaffte er sich ein Elektrobike an, mit dem er noch bis vor drei Jahren kleine Ausflüge machte. Als er vor einem Jahr schwer an Corona erkrankte und mehrere Wochen im Krankenhaus bleiben musste, tat er in der Reha alles für seine Fitness, um es zurück nach Hause zu schaffen.
„Ich habe es doch gut hier, meine Mädels bringen mir jeden Tag einen Rucksack voll mit Essen und ich soll das alles aufessen!“, scherzt er mit seiner Nichte. Ganz allein muss er die mitgebrachten Salate und Leckereien aber nicht verspeisen. Morgens waren die offiziellen Gratulanten wie Bürgermeisterin Sylvia Linn dran und nachmittags steigt in den eigenen vier Wänden ein großes Geburtstagsfest mit seinem jüngeren Bruder, weiteren Verwandten und Nachbarn.