Duisburg. Was passiert hinter den Kulissen beim DSDS-Finale? Was erleben Zuschauer in der Werbepause? So ist „Deutschland sucht den Superstar“ im RTL-Studio.
Samstagabend, 18.45 Uhr, unter dem dunklen Novemberhimmel. Vor dem imposanten Eingang der Kölner MMC-Studios liegt Anspannung und Zigarettenqualm in der Luft. „Deutschland sucht den Superstar“ feiert Finale, mit der ersten und letzten Live-Show dieser Staffel. Die großen Tage von „DSDS“ sind schon lange vorbei, aber hier und heute bäumen sie sich noch ein letztes Mal auf, glitzernde Paillettenkleider, schicke Smokings – ein bisschen Glanz eben, der Glanz vergangener Zeiten.
Und mittendrin steht einer im MSV-Trikot. „Atze“ wird er gerufen, und gehört zu einer Gruppe von gut 40 Personen, die zwar keine MSV-Trikots tragen, aber trotzdem uniform in blauen T-Shirts gekommen sind, Aufschrift: Tom Mc Conner. Der Duisburger, geboren in Moers, aufgewachsen in Neukirchen-Vluyn, kämpft gegen drei Kontrahenten um den Titel, um einen Plattenvertrag und um 100.000 Euro.
Duisburger DSDS-Hoffnung: Großer Fanclub in Köln dabei
„Die meisten von uns kommen aus Neukirchen-Vluyn“, erzählt ein blaues T-Shirt bei einer Zigarette und zeigt auf einen jungen Mann, der dieselbe Frisur trägt wie Tom. „Das ist Toms bester Kindheitsfreund.“ Und der hat justament eine Sprachnachricht von Duisburgs DSDS-Hoffnung bekommen, ganz kurz, bevor es um alles geht. Der Journalist darf sie aber nicht mit anhören – nicht, dass der 23-jährige Musiker etwas Verfängliches sagt.
Ist sowieso Zeit, so langsam Richtung Studio zu marschieren. „Marsch“ ist das richtige Wort, man ist ein bisschen unterwegs vom Foyer bis zum Set, durch kathedralenhohe Halle, vorbei an Kulissen und Requisiten. Merken Sie sich das, wird später noch mal wichtig. Aber dann. Angekommen am Platz freie Sicht, kein vorgegebener Blick der Fernsehkameras. Geschäftige Menschen mit Headsets und gestressten Gesichtern scheuchen Zuschauer zu ihren Plätzen, jemand schraubt am Jury-Pult herum, die monströse LED-Wand zeigt die Gesichter der vier Männer, von denen einer gleich obsiegen wird. Also in viereinhalb Stunden. Andere Geschichte.
Ich sag’ RT, ihr sagt L
19.45 Uhr, der Anheizer tritt den Dienst an und erklärt, wann man jubeln soll, ob man dabei stehen oder sitzen kann oder darf, in welchem Block man gefahrlos popeln kann und in welchem man dabei gefilmt werden könnte. Dann ein bisschen Sing- und Klatschspiele, dem unbekannten Sitznachbarn zu „I Will Always Love You“ tief in die Augen schauen, ich sag’ „RT“, ihr sagt „L“, RTL, RTL. Moderatorin Laura Wontorra stellt sich auch kurz vor und eröffnet mit dem gar nicht ausgelutschten Show-Klassiker „Seid ihr gut drauf?“.
Und dann endlich: Der Fiebertraum geht live auf RTL. Die Jury darf einer nach der anderen die große Showtreppe hinabsteigen, Beatrice Egli, Loredana, dann Pietro Lombardi (im Karlsruhe-Trikot). Nur Dieter Bohlen nicht, der kriegt einen besonderen Auftritt, mit einer Art Feuerring, und auch den meisten Jubel. Gibt es im Jahr 2024 noch Menschen, die unironisch „Dieter, Dieter“-Sprechchöre rufen? Ja. Ja, die gibt es, Block C, relativ weit oben.
Unerwartetes bei DSDS: Bushido gendert
Ach so, Bushido darf auch noch kurz auftreten, bevor es ans Eingemachte geht. Schonmal in Position gebracht, könnte man sagen, schließlich wird er als heißer Lombardi-Nachfolger in der Jury gehandelt. Bemerkenswert: In seinem Mini-Interview gendert der Rapper ganz vorbildlich. Hätte einem vor 20 Jahren auch keiner geglaubt.
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Dann geht es so langsam mal wirklich um die vier Kandidaten, die sich stets lachend in den Armen liegen und grinsend auf ihrem Sofa sitzen, wenn die Einspieler laufen. Bei der Vorstellung der Sänger blitzen Toms Zähne mit den LEDs um die Wette, die Grübchen kommen dank Studio-Scheinwerfern noch besser zur Geltung.
DSDS in der Werbepause: Gang zum Klo wird Sightseeing-Tour
Die erste Werbepause ist dann der Startschuss für die Show in der Show: der Toilettengang. Wer sich nämlich erleichtern möchte, hat eingangs erwähnten Marsch durch die Studiohallen vor sich. Auf einmal fühlt sich die Werbepause gar nicht mehr so lang an wie vor dem heimischen Fernseher, die meisten Zuschauer entscheiden sich für einen strammen Gang, um wenigstens ein bisschen Eleganz zu wahren. A gentleman will walk but never run.
Das ist auch gut so, denn entlang des Weges gibt es eine Menge zu entdecken. Bohlens Feuerring von gerade zum Beispiel, schnell auf den Flur gerollt. Die Kakteen, vor denen Kandidat Philip gesungen hat. Das Laufband, auf dem Tom Mc Conner eben noch durch den Trockennebel gestapft ist. Nicht mehr viel übrig von der Show-Romantik, wenn man die Requisiten plötzlich im zweckdienlichen Arbeitslicht der Studiokorridore sieht.
Duisburger DSDS-Hoffnung unterliegt im Finale
Aber die Show, sie muss ja weitergehen. Tut sie auch, verflucht lange sogar. Jeder Kandidat singt drei Lieder, inklusive eines eigens für ihn geschriebenen Songs. Duisburger Tom macht seinen Job solide bis gut, die anderen aber auch. Nach einer Menge Verzögerungstaktik ist es kurz nach Mitternacht schließlich so weit: die Entscheidung. Und für Tom, seine Fans und Duisburg: die Ernüchterung. Er wird Letzter, Vierter, der Traum vom Titel ist dahin.

Am Ende gewinnt Christian, der nie im Stimmbruch war und als wuchtiger Kerl mit einer Knabenstimme entsprechend was hermacht, so vom Schauwert. Dass er gerne mal unter dem Ton hängt: geschenkt. Bohlen sieht den Sieger schon in Vegas, der Journalist sich in erster Linie im Bett. Leider kein Happy End für Duisburg. Aber wie Tom Mc Conner im Interview vor ein paar Tagen sagte: Die Aufmerksamkeit, die er durch die Show gewonnen hat, ist schon die halbe Miete. Und mal den Enkeln erzählen zu können, dass man die letzten Zuckungen einer einst großen Samstagabend-Show als Kandidat miterlebt hat, ist sicher auch was wert.