Duisburg. Asta Gruhn feiert ihren 100. Geburtstag. Durch die Liebe lernte sie Duisburg kennen und behält nach Schicksalsschlägen ein ansteckendes Lachen.
Die vielen Luftballons, mit denen die Pflegekräfte das Zimmer von Asta Gruhn in der Seniorenresidenz „Casa Mia“ in Röttgersbach zu ihrem 100. Geburtstag liebevoll geschmückt haben, kann sie selber gar nicht sehen. Seit einem schweren Sturz mit anschließenden Operationen hat sie ihr Augenlicht verloren und ist auf den Rollstuhl angewiesen. Aber sie lässt sich gerne von Duisburgs Bürgermeisterin Sylvia Linn gratulieren und beschreiben, dass die mitgebrachten Blumen rosa sind und genau zu ihrem Pullover passen.
Ohne die drei schwebenden Luftballonzahlen im Hintergrund käme jedoch niemand auf die Idee, dass die hübsche, zierliche und charmante Frau mit dem strahlenden Lächeln und dem wachen Geist schon 100 Jahre alt ist.
Duisburgerin feiert 100. Geburtstag in Röttgersbach: Sehnsucht nach den Bergen aus der Kindheit
Asta Gruhn vermutet, dass ihr Vater den Stummfilmstar Asta Nielsen verehrte und ihr deshalb diesen Vornamen gab. Das Geburtstagskind stammt aus dem schlesischen Riesengebirge und erinnert sich gerne an ihre Kindheit im schönen Bergland. „Meine beste Freundin und ich gingen immer zusammen raus in die Pilze und in die Beeren“, schwärmt sie, „ich sehne mich heute noch manchmal nach den Bergen.“
Nach dem Krieg musste sie mit ihren Eltern im Güterwagon aus Schlesien fliehen. Die Familie kam 1946 in Borghorst im Münsterland unter. Der Neuanfang war schwierig, die Wohnsituation beengt, die Flüchtlinge aus dem ehemals deutschen Osten erlebten Solidarität und Hilfsbereitschaft, aber auch Vorurteile und Unkenntnis.
Asta Gruhn heiratete 1949 und ging mit ihrem Mann, der ebenfalls aus Schlesien stammte, nach Berlin. Ihrem Vater war das gar nicht recht. „Warum geht ihr ausgerechnet nach Berlin, was ist mit den Russen?“, warnte er sein einziges Kind.
Sie ging trotzdem, wohnte im Prenzlauer Berg und arbeitete als Textillaborantin in der Stoffprüfung. An die Warnung ihres Vaters dachte sie zurück, als 1961 die Mauer gebaut wurde. „Da saßen wir auf der falschen Seite des Eisernen Vorhangs“, sagt sie und lacht dabei. Als 1969 ihr Mann starb, machte sie als junge Witwe mit ihrem Leben weiter und fuhr oft übers Wochenende in die eigene Datsche aufs Land.
Beim Tanken hat‘s gefunkt: Durch die Liebe Duisburg kennengelernt
Dort lernte sie zur Wendezeit beim Betanken ihres Autos einen netten Mann aus Duisburg kennen, der in Berlin Verwandte besuchte. Er bat um ihre Nummer und sie gab sie ihm, dachte aber, er würde sowieso nicht anrufen. „Hat er aber doch getan und so war ich dann später die meiste Zeit bei ihm in seinem Haus hier in Duisburg“, erzählt sie und strahlt.
Sie entwickelte ein sehr gutes Verhältnis zur Familie ihres Lebensgefährten. Brigitte Baron, die Schwiegertochter ihres Partners, betreut sie bis heute. „Ich wollte sie schon ganz nach Duisburg holen, als mein Schwiegervater gestorben war“, wirft Brigitte Baron bei der Geburtstagsparty ein.
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Aber Asta Gruhn wollte unbedingt zurück in ihre Berliner Wohnung, die sie nie aufgegeben hatte. Sie hielt ihre Selbstständigkeit tapfer aufrecht, bis sie vor drei Jahren ein schwerer Sturz auf der Kellertreppe mit diversen Knochenbrüchen und Spätfolgen für ihre Sehkraft zwang, eine Entscheidung zu treffen.
Sie verließ Berlin, zog in die Seniorenresidenz am Röttgersbach und vertreibt sich nun die Zeit mit Radio und ihren geliebten Hörspielen. Diese trösten Asta Gruhn darüber hinweg, dass sie nicht mehr lesen kann wie früher. Und abends telefoniert sie oft mit ihren Freunden und Bekannten in Berlin, damit die Kontakte nicht abreißen.
Geburtstagsparty mit den Verwandten ihres verstorbenen Lebensgefährten
Ihren Ehrentag hat sie jetzt am Nachmittag noch mit zehn Verwandten ihres verstorbenen Lebensgefährten in der Cafeteria der Seniorenresidenz gebührend gefeiert. Mit einem Rezept, wie man ein so hohes Alter erreicht, kann sie allerdings nicht dienen. „Ich hatte das ja gar nicht vor, so alt zu werden“, sagt sie und lacht ihr ansteckendes Lachen, „es ist einfach so passiert.“