Duisburg. Döner-Ketten und fast alle Imbisse verkaufen Drehspieß statt Döner Kebab. Das Restaurant Mevlana aber serviert das Original. Warum Kunden es lieben.

  • Orhan Kuzuoglu schichtet Döner-Spieß aufwendig selbst
  • Kein Hackfleisch, keine Zusatzstoffe – dafür Kalbsfleisch und Gewürze
  • Restaurant Mevlana eröffnete 1987 in Duisburg-Hochfeld

Ein Familienbetrieb serviert in Duisburg, was es bei „Haus des Döners“, Lukas Podolskis „Mangal“ und den allermeisten Döner-Buden nicht mehr gibt: echten Döner Kebab. Beim echten Döner kommt Fleisch statt Hackfleisch in die Tasche. Laut Bundesernährungsministerium darf der Hackfleischanteil beim Original-Döner bei maximal 60 Prozent liegen, alle anderen Produkte müssen als „Drehspieß“ gekennzeichnet werden. In den Döner des Restaurants Mevlana in Hochfeld kommt gar kein Hackfleisch. Jede Nacht steckt Orhan Kuzuoglu (58) stundenlang Kalbslappen auf den Spieß. Warum tut er sich diese anstrengende, teure Mehrarbeit an? Und wie anders schmeckt das Ergebnis?

Eine der Antworten lautet: So hat es Familie Kuzuoglu schon immer gemacht, seit sie in ihrem 1987 eröffneten Gastronomiebetrieb Döner verkauft. Osman Kuzuoglu (85) und seine Frau Pakize (81) waren mit die ersten, die in Duisburg Döner Kebab servierten. „Mein Großvater hat sich damals bei den Griechen angeschaut, wie die ihren Gyros braten und drehen“, erzählt Osman Kuzuoglu (25), der gleichnamige Enkel des Gründers.

Mevlana in Duisburg-Hochfeld: Döner Kebab aus Kalbsrippchenfleisch und Geheimrezept

Sein Großvater war es auch, der in der anfänglichen Test-Essen-Phase das Rezept entwickelte, nach dem die Kuzuoglus bis heute die Kalbslappen marinieren und würzen. So viel sei verraten: Neben der streng geheimen Gewürzmischung spielen auch Milch und Zwiebeln eine Rolle.

Die erste von drei Generationen: Osman Kuzuoglu servierte als einer der ersten Döner Kebab in Duisburg.
Die erste von drei Generationen: Osman Kuzuoglu servierte als einer der ersten Döner Kebab in Duisburg. © privates Archivbild | Oliver Müller / FUNKE Foto Services

Aber bevor Osman Juniors Vater Orhan den Dönerspieß stecken kann, trennt er das Kalbsrippchen-Fleisch von den Knochen, beseitigt Knorpel und Sehnen. Dann würzt er die dünnen Fleischlappen und schichtet diese übereinander. Für die Zwischenschichten – sie machen etwa 20 Prozent aus – dreht er Lappen durch den Fleischwolf. Kuşbaşi nennt man die Würfel, die wie Mini-Gulasch aussehen, in der Türkei.

Der Dönerspieß, der sich bei Mevlana dreht, unterscheidet sich optisch deutlich von den Drehspießen, die man sonst meist sieht. Deren gepresstes Hackfleisch hat eine glatte Oberfläche, tiefgefroren sieht es fast aus wie ein Riesen-Leberkäse. „Industrielle Fertigspieße sehen zu perfekt aus“, sagt Osman. Viele dieser Imitate enthalten nicht nur Separatoren-Fleisch, jede Menge Geschmacksverstärker und Zusätze, sondern auch Bindemittel wie Paniermehl. Manche, sagt Osman Junior, würden „sogar mit Brot gestreckt“.

In der Küche steckt Orhan Kuzuoglu speziell gewürzte Kalbsfleischscheiben auf den Dönerspieß.
In der Küche steckt Orhan Kuzuoglu speziell gewürzte Kalbsfleischscheiben auf den Dönerspieß. © Osman Kuzuoglu

Bei Mevlana ist das Fleisch am Grill nicht gleichförmig und nicht einfarbig, die Schichten und deren unterschiedlicher Fettgehalt führen dazu, dass es unterschiedlich schnell dunkel brät. Auch weil das Kalbsfleisch etwas heller ist, fragen manche Kunden, ob es sich um Hähnchen-Döner handele. (Aber Hähnchenfleisch gibt’s bei den Hochfelder Traditionalisten nicht am Drehspieß, sondern vom Holzkohlegrill.)

Hier dreht sich noch echter Döner: Die Fleischlappen schichtet der türkische Familienbetrieb aus Duisburg selbst.
Hier dreht sich noch echter Döner: Die Fleischlappen schichtet der türkische Familienbetrieb aus Duisburg selbst. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Stammgäste kennen und schmecken den Unterschied

Bei der Kostprobe bestätigt sich: Echtes Döner-Fleisch schmeckt anders. Es hat nicht nur mehr Biss, weil die Scheibchen dicker sind, es schmeckt intensiver, vollmundiger. Und nach dieser geheimen Gewürzmischung. Diese Aromen dominieren die Dönertasche, werden nicht von den Soßen übertüncht.

„Unsere Gäste können den Unterschied zwischen Drehspieß und echtem Döner schmecken – und sie schätzen unser Fleisch“, meint Osman selbstbewusst. „Wer einmal hier war, kommt immer wieder. Wir haben 90 bis 95 Prozent Stammgäste.“

Osman Kuzuoglu hilft wie seine Brüder in Imbiss und Restaurant mit.
Osman Kuzuoglu hilft wie seine Brüder in Imbiss und Restaurant mit. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Ein Blick auf die rund 1000, fast ausschließlich sehr positiven Google-Bewertungen bestätigt ihn: „Der Döner schmeckt wie vor 25 Jahren, qualitativ sehr gut“, schreibt ein Gast, andere schwärmen vom „besten Döner in der ganzen Umgebung“, von einer geschmacklichen „Offenbarung“. Ein Stammgast bemerkt, „verglichen mit anderen Restaurants“ habe man „nach dem Essen kein Trägheitsgefühl“.

„Ich könnte nicht schlafen, wenn ich nicht wüsste, was im Dönerfleisch drin ist.“

Orhan Kuzuoglu
Schichtet Kalbsfleisch zum Dönerspieß

Orhan Kuzuoglu sagt, er brächte es eh nicht übers Herz, Fertigware zu verkaufen. „Ich könnte nicht schlafen, wenn ich nicht wüsste, was im Dönerfleisch ist.“ Sein in den Niederlanden halal geschlachtetes Kalbsfleisch bekomme er frisch geliefert, seit Jahren vom selben Dinslakener Händler. Während Fertigspieße für vier, fünf Euro pro Kilo zu haben sind, zahlen Kuzuoglus nach eigenen Angaben knapp zehn Euro – für hochwertiges Fleisch, das noch stundenlang bearbeitet und gesteckt werden muss, wohlgemerkt.

Auch interessant

Praktischer und viel lukrativer wäre also die industrielle Fertigvariante, die den echten Döner Kebab längst verdrängt hat. Zumal das Restaurant seinen Stammgästen keine bedeutend höheren Preise zumuten kann. Eine Döner-Tasche kostet bei Mevlana seit Februar nicht mehr 7 Euro, sondern 8,50 Euro. „Das ist die Schmerzgrenze. Wären wir in Düsseldorf, könnten wir elf, 12 Euro verlangen“, meint Osman. Trotzdem verspricht er: „Fertigdöner wird es bei uns nie geben.“

Das Geschäft lohnt sich noch, weil die zahlreichen Tische im großen Restaurant neben der Imbissstube oft alle besetzt sind, weil sich die Qualität in der türkischen Community über Jahrzehnte herumgesprochen hat, weil Mevlana so viele selbstgemachte Leckereien zu bieten hat (siehe Infokasten). Aber sicher auch, weil Orhan Kuzuoglu jeden Tag 13, 14 Stunden schuftet und seine ganze Familie mithilft, auch seine Frau Fatma, die Söhne Osman, Taha, Ahmet und Deha.

„Schade, dass die Leute nicht interessiert, was sie essen“

Familienvater Orhan ist kein Mann, der sich beschwert, aber er bedauert die Entwicklung im Döner-Geschäft. Für ihn war und ist der Döner Kebab – den eigenen isst er täglich – kein Fast Food. Er findet es „schade, dass es die Leute nicht mehr interessiert, was sie da essen.“ Darum hat er nichts dagegen einzuwenden, dass das Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerium NRW nun mit Kreisen und Städten genauer darauf achten will, dass Drehspieß-Angebote mit hohem Hackfleischanteil auch als solche gekennzeichnet werden – und nicht täuschend als Döner Kebab.

In Duisburg sei ihnen kein anderer Anbieter bekannt, der noch echten Döner Kebab verkauft, sagen Orhan und Osman, wohl aber in Gelsenkirchen. Die Lebensmittelüberwachung der Stadt Duisburg überprüft „regelmäßig Drehspieße verschiedenster Art auf ihre Zusammensetzung und Kennzeichnung“, sagt Stadtsprecher Malte Werning. Er bestätigt: In den hiesigen Imbissen „werden nach unserer Einschätzung größtenteils Drehspieße in den Verkehr gebracht. Der Verkauf von echtem Döner/Döner Kebab stellt eher eine Ausnahme dar.“

>> Spezialitäten vom Holzkohlegrill, vieles selbstgemacht

  • In Duisburg gibt es mehrere Mevlana-Imbisse, die aber mit dem Restaurant der Familie Kuzuoglu nichts zu tun haben. Namensgeber ist jeweils der anatolische Mystiker Mevlana Celaddiin-i Rumi.
  • Das Mevlana der Familie Kuzuoglu liegt versteckt in einer Hochfelder Seitenstraße: Gitschiner Straße 34, 47053 Duisburg. Neben dem Imbiss gibt es einen großen Speiseraum und einen orientalisch eingerichteten Bereich.
  • Auf der Karte stehen viele Grillspezialitäten und Lammgerichte. Lahmacun und Ayran zum Beispiel sind selbstgemacht, auch der Revani, ein saftiger Grießkuchen. Website mit Speisekarte: mevlana-duisburg.eatbu.com
Das Restaurant Mevlana in Duisburg-Hochfeld hat auch einen orientalisch eingerichteten Speiseraum ohne Stühle.
Das Restaurant Mevlana in Duisburg-Hochfeld hat auch einen orientalisch eingerichteten Speiseraum ohne Stühle. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth