Duisburg. Leere Ladenlokale prägen die Augustastraße in Homberg. Anwohner haben ein „mulmiges Gefühl“. Gibt es Lösungen für die Probleme der Einkaufsstraße?
Die Augustastraße mit ihren schönen kaiserzeitlichen Altbauten und der Fußgängerzone hat schon bessere Jahre gesehen. Aber sie bleibt das Aushängeschild von Alt-Homberg. Sie und ihre direkte Nachbarschaft sind eine pulsierende Lebensader des Stadtteils im Duisburger Westen.
„Als wichtige Einkaufsstraße im Bezirk“, so ordnen Gutachter im Auftrag der Stadt Duisburg bereits 2021 ein, mache sie „relativ wenig Einzelhandelsangebote mit einem eher niedrigen Angebotsniveau“. Ein Negativtrend hin zu vielen Leerständen war schon damals deutlich zu erkennen. Er hat sich fortgesetzt.
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Leerstände, wenig Einzelhandel, Raser – Homberger stemmen sich gegen Probleme
Gegen diese Entwicklung stemmt sich der Bürgerverein „Die Homberger“ – und weiß die Stadt sowie die Politik auf seiner Seite. „Es ist eigentlich sehr, sehr schön hier“, schickt Andrea Bodor vorweg, die Sprecherin des Bürgervereins. „Aber man hat hier Angst, vor allem abends.“
Durch leere Ladenlokale, erläutert sie, aber auch durch manch neu eröffneten Laden und dessen Klientel. Insbesondere ältere Menschen, alteingesessene Hombergerinnen und Homberger, hätten „ein mulmiges Gefühl“, wenn sie Männergruppen und Jugendlichen mit Migrationshintergrund über den Weg laufen oder sie vor Geschäften antreffen.
Für Andrea Bodor sind aber Raser und Falschparker das deutlich größere Problem. Die Menschen aus dem Viertel beschweren sich zwar seit vielen Jahren über die Autos in der Einkaufstraße. Aber zuletzt, so berichten Anwohner wie Geschäftsleute, hätten die Autofahrten durch die Fußgängerzone und die Falschparker „extrem zugenommen“.
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Deshalb hat die Homberger Bezirksvertretung kürzlich die Stadt beauftragt, als Gegenmaßnahme versenkbare Poller zu prüfen. Zusätzlich nimmt das Ordnungsamt jetzt die Einkaufsmeile verstärkt in den Blick.
Ladeninhaber unter Druck: „Sie finden keine Nachfolger“
Doch damit ist es nicht getan. Für die Leerstände müssen ebenfalls Lösungen her. „Die Menschen wollen fußläufig zu ihren Geschäften gelangen“, sagt die SPD-Ratsfrau Merve Kunkte. Doch viele Inhaber kleiner Fachgeschäfte stünden unter Druck, „sie finden keine Nachfolger“. Durch Leerstände und oder durch neue Läden, die andere Angebote machen, hat sich bereits das Gesicht der Einkaufsstraße und der benachbarten Moerser Straße verändert.
„Die Stadt Duisburg hat zu sehr auf die Innenstadt als Ladenstadt gesetzt“, so Merve Kuntke weiter. Die Sozialdemokratin verweist auf dortige Billigläden und auf sterbende Einkaufszentren. Ihrer Meinung sind viele Menschen in Homberg. Dieser Konflikt zwischen der City und den linksrheinischen Nebenzentren besteht seit der Eingemeindung 1975.
Zusammen mit der städtischen Wirtschaftsförderung DBI will der Bürgerverein jetzt die Nachbarschaft beleben. Ein digitales Leerstandskataster soll potenziellen Ladenbetreibern einen einfachen Überblick über das Immobilienangebot geben.
Zwar gibt es bereits einige Neueröffnungen an der Augustastraße und in der Umgebung. Doch Barbiere, ein Automatenkiosk oder auch ein türkischer Möbelladen treffen bislang nicht auf die breite Zustimmung der Alteingesessenen. Dafür fehlen einigen etwa schnuckelige Cafés oder eine Weinbar. „Es gibt kaum noch deutsche Geschäfte“, beklagt Anwohnerin Maria Schedlinski im Gespräch mit der Ratsfrau.
Trotz leerer Ladenlokale: Umfeld der Augustastraße ist eine pulsierende Lebensader in Homberg
Dabei ist das Zentrum von Alt-Homberg trotz einiger leerer oder abgeklebter Schaufenster immer noch ziemlich gut aufgestellt. Beispielsweise durch einen Lebensmitteldiscounter, Drogeriemarkt, Buchladen, Optiker, eine Metzgerei, Reinigung, Post-Filiale, ein Schuhgeschäft, durch Bäckereien, Elektrofachgeschäfte, Apotheken oder durch Restaurants und Imbisse.
Gerade gastronomische Angebote sind vielfältig und beliebt. So gilt der Augustagrill mit seinen Dönertaschen seit den Neunzigerjahren nicht nur unter Schülern des nahen Franz-Haniel-Gymnasiums als Kult, und der Italiener La Vespa am Bismarckplatz ist weit über die Stadtteilgrenzen bekannt. Das La Silvana bietet Gerichte aus dem rumänischen Sibiu in Siebenbürgen und köstliche Torten. Zudem ist das Restaurant ein Treffpunkt für örtliche Vereine und bekannt für Feiern mit Musik und Tanz.
Eine riesige Lücke hat allerdings der plötzliche Tod des Wirtes Detlef Pless gerissen. Der Irish Pub seiner Familie, Dexter Island, ist eine beliebte Adresse für Jung und Alt gleichermaßen, aber derzeit erst einmal geschlossen.
Damit gibt es aktuell keine Kneipe mehr, in der sich Erwachsene wie gewohnt auf ein Bier treffen können, bedauert Andrea Bodor vom Bürgerverein. Denn das Haus Gerhards ist keine Kneipe mehr, sondern neuerdings ein albanisches Balkanrestaurant.
Für Jugendliche gebe es noch viel weniger Angebote. Kein Wunder also, findet sie, dass die Jugend in der Einkaufsstraße nur herumsitzt und die Zeit totschlägt.
Homberg im Umbruch: Ist die Zeit des örtlichen Einzelhandels vorüber?
Die Augustastraße samt Bismarckplatz und Moerser Straße sieht auch SPD-Ratsherr Bernd Thewissen in „einem Umbruch“. Die Situation sei aber „gar nicht so schlecht“ angesichts der vielen Gastrobetriebe. „Wir werden hier keine Einkaufsstraße mehr haben, auf der die Menschen flanieren und ihre Kleidung kaufen“, sagt Thewissen voraus, aber für die Zukunft gebe es „prima Ansätze“.
„Die Zeit des Einzelhandels in den Nebenzentren neigt sich dem Ende zu.“
„Die Zeit des Einzelhandels in den Nebenzentren neigt sich dem Ende zu“, schlägt Oliver Bay, der Vize-Vorsitzende des Bürgervereins, in dieselbe Kerbe. Einige Geschäfte würden sicherlich künftig zu Wohnungen umgebaut. Dennoch müsse die Einkaufsmeile attraktiver werden.
Die Einkaufsstraße soll attraktiver werden: Stadt Duisburg will 460.000 Euro investieren
Dies ist das erklärte Ziel des Handlungs- und Maßnahmenkonzepts, auf dessen Grundlage bereits der Bismarckplatz umgebaut wurde. Für die Augustastraße sind knapp 460.000 Euro beschlossen. Davon soll etwa mit Bänken und Spielgeräten die Aufenthaltsqualität erhöht werden.
„Wir wollen die Probleme hier lösen“, verspricht der Landtagsabgeordnete Benedikt Falszewski am SPD-Infostand. „Aber das geht nicht über Nacht.“ Um der Homberger Einkaufsstraße eine Perspektive zu bieten, müsse sie „sauber, sicher und hell“ sein, und die Besucher müssten „sich hier gerne aufhalten“ wollen.
Jedoch sei ein verregneter Herbsttag nicht repräsentativ, ordnet Merve Kuntke die wenigen Dutzend Passanten ein, die jetzt an einem typischen Oktobersamstag meist schnell ihre Einkäufe erledigen oder beim Bäcker frühstücken wollen. Im warmen Sommer sei hier viel mehr Leben – nicht nur, weil die Eisdiele dann geöffnet hat. Und noch viel mehr Menschen kommen zu Stadtteilfesten wie dem Brunnenfest.
Den Leerstand und auch den Sanierungsstau zu bekämpfen, wird für eine bessere Einkaufstraße eine große Rolle spielen. Dafür zieht Merve Kuntke mit dem Bürgerverein und der Wirtschaftsförderung DBI an einem Strang. Sie alle wollen den Umbruch der Augustastraße mitgestalten und bemühen sich dafür aktuell um die Zusammenarbeit mit den Hauseigentümern.
>> So schätzt die Polizei die Kriminalität rund um die Augustastraße ein
- Einige Anwohner und Geschäftsleute beschweren sich, dass auf der Augustastraße, auf dem benachbarten Fakir-Baykurt-Platz und auf dem Bismarckplatz offen mit Drogen gehandelt wird.
- Laut der Polizei Duisburg ist die Homberger Einkaufsstraße samt Nachbarschaft jedoch „kein bekannter Drogenumschlagsplatz“. Insgesamt falle sie nicht durch viel Kriminalität auf. So sind im laufenden Jahr 2024 bisher nur circa 50 Straftaten festgestellt worden (Stand: 17. Oktober).
- Zum Vergleich: Rund um die Meidericher Einkaufsstraße, die als Kriminalitätsschwerpunkt eingestuft ist, gibt es einzelne Tage mit 50 Straftaten. Eine Dunkelziffer von Verbrechen, die nicht bemerkt oder angezeigt werden, muss für beide Einkaufsstraßen angenommen werden.