Duisburg. Ein Duisburger erschießt seine Ehefrau und dann sich selbst. Jetzt wird bekannt: Die Polizei wurde schon zuvor zu dem Wohnhaus in Rahm gerufen.

Auch Tage nach der schrecklichen Tat ist es im sonst so beschaulichen Duisburg-Rahm das Gesprächsthema Nummer eins: Ein Ehemann erschießt seine Frau am Freitagabend in der gemeinsamen Wohnung. Dann richtet er die Waffe gegen sich selbst. Nun kommt heraus: Die Polizei war in der Woche vor der Tat zweimal an dem Mehrfamilienhaus an der Straße Am Weidengraben vor Ort.

Der 68-Jährige hatte einer Verwandten per SMS angekündigt, seine Frau ermorden zu wollen. Als diese ihn daraufhin nicht erreichen konnte, verständigte sie die Polizei. Die Tat konnte sie so nicht verhindern, wie sich im Laufe des Einsatzes herausstellen sollte. In der Wohnung des Ehepaares wurden am Abend nur noch die beiden leblosen Körper gefunden.

Bereits am Freitagnachmittag wurden Straßen in Duisburg-Rahm von der Polizei gesperrt.
Bereits am Freitagnachmittag wurden Straßen in Duisburg-Rahm von der Polizei gesperrt. © Katja Burgsmüller

„Weil bei dem Mann Waffenbesitz bekannt war, wurde auch sofort das SEK alarmiert“, erklärte die Staatsanwältin die ungewöhnlich schnelle Eskalation am Freitagabend. Mehrere Straßen wurden gesperrt, alles für einen Großeinsatz vorbereitet.

Aber war nur der Waffenbesitz Grund für den Großeinsatz der Polizei? Was war über die Gewaltbereitschaft des Ehemannes bekannt? Hätte man ihm die Waffe im Vorfeld bereits entziehen können?

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Vieles deutet darauf hin, dass die Duisburger Polizei mehr gewusst haben muss. Denn: Allein in der Woche vor dem Mord an seiner Ehefrau war die Polizei zweimal vor Ort und auch Nachbarn wollen von der „Eifersucht und von Aussetzern des Ehemannes“ gewusst haben. Das Paar war nach Angaben aus dem Umfeld seit zehn Jahren verheiratet

Duisburger tötet Ehefrau und ich selbst: Was wusste die Polizei über die Rahmer Familie?

Wie die Duisburger Polizei auf Nachfrage bestätigt, waren Polizeibeamte tatsächlich am Dienstag, 1. Oktober, zu dem Haus an der Straße Am Weidengraben gerufen worden. „Das Ehepaar hat sich auf der Straße gestritten“, bestätigt eine Polizeisprecherin den Einsatz der Beamten. Und auch zwei Tage später, am Donnerstag, 3. Oktober, habe gegen 14 Uhr ein Polizeiauto vor dem Haus geparkt, berichten Nachbarn.

Zwei Polizisten hätten mit einer älteren Frau gesprochen. „Sie hat vor dem Haus gewartet und dann sind sie zusammen rein“, erzählt ein Rahmer. Einen Einsatz am 3. Oktober will die Polizeisprecherin hingegen nicht bestätigen.

Die Ehefrau habe auch Nachbarn zuvor schon von den „Aussetzern“ ihres Mannes erzählt. „Er war extrem eifersüchtig und hat sie nichts machen lassen“, berichtet eine Anwohnerin. Andere Nachbarn wollen wiederum nichts mitbekommen haben.

Polizei kann Gewalttäter der Wohnung verweisen

Aber welche Möglichkeiten hätte die Duisburger Polizei im Vorfeld gehabt, um Schlimmeres zu verhindern? Hat sich die Ehefrau aufgrund häuslicher Gewalt bei der Polizei gemeldet? Was ist Anfang der Woche passiert?

Diese Fragen sind derzeit noch unbeantwortet.

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Fest steht: Nach einer Gewaltanwendung kann die Polizei den Täter der Wohnung verweisen und ein Rückkehrverbot für zehn Tage aussprechen, wenn die Gefahr weiterer Gewalthandlungen besteht, informiert die Polizei auf ihrer Homepage. In akuten Gefahrensituationen leistet die Polizei unmittelbar Hilfe, nachdem sie informiert wird. Das ausgesprochene Rückkehrverbot werde während der Zehn-Tage-Frist unangemeldet überprüft. Im Schnitt gebe es 100 Fälle häuslicher Gewalt in Duisburg – pro Monat.

Zur Wahrheit gehöre aber, „dass 70 bis 80 Prozent der Frauen nach einem Polizeieinsatz weitere Hilfe zunächst nicht annehmen“, sagte Kriminalhauptkommissar Jörg Bialon vom Opferschutz der Polizei bei einem Interview im Jahr 2023. Weil sie Angst haben, mittellos zu werden, auf der Straße zu stehen, ihre Kinder zu verlieren – oder weil sie den Beteuerungen der Männer Glauben schenken, dass ab jetzt alles anders werde.

>>HILFSANGEBOTE FÜR OPFER VON GEWALT – UND TÄTER

  • Bei akuter Bedrohung sollte die Polizei alarmiert werden über die 110.
  • Von häuslicher Gewalt bedrohte oder betroffene Personen können sich rund um die Uhr an das „Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen“ wenden. Unter Tel. 08000 116016 bekommen sie in 15 Sprachen anonym und kostenlos Unterstützung.
  • In Duisburg gibt es die Webseite Dialoghaus Duisburg als erste Anlaufstelle für Opfer von Gewalt.
  • Es gibt auch ein Hilfetelefon Gewalt an Männern (Tel. 0800 1239900), die Webseite informiert unter https://www.maennerhilfetelefon.de.