Duisburg. Der Duisburger Niklas Weichsel ist kognitiv eingeschränkt – an der Orgel blüht er auf. Vor seinem Konzert erzählt er von seiner bewegenden Reise.
Irgendwie fing alles mit der Oma an. Als die damals ihren Enkel Niklas mit in die Kirche nimmt, hat der nämlich nur Ohren für die Musik, die sich da von der Orgelempore in die Kirchenschiffe ergießt. „Möge die Straße“, „Selig seid ihr, wenn ihr einfach lebt“ oder „Ave Maria zart“ – quasi die Chartstürmer des katholischen Liedguts. Schon da steht für den Duisburger Niklas Weichsel fest: An einer Orgel will er auch mal sitzen.
Die Königin der Instrumente stellt man sich natürlich nicht mal eben so ins Kinderzimmer. Also beginnt Niklas ein paar Nummern kleiner, mit einem Digitalpiano, das große Ziel „Orgel“ verliert er aber nicht aus den Augen. „Wir haben dann nach jemandem gesucht, der Orgelunterricht gibt – gar nicht so einfach“, erinnert sich Niklas‘ Mutter Britta, die hartnäckig bleibt und schließlich fündig wird.
Duisburger hat kognitive Einschränkungen – und ein Talent für die Orgel
Der Düsseldorfer Organist Winfried Kannengießer ist seitdem Niklas‘ Lehrer, einmal die Woche unterrichtet er seinen Duisburger Schüler nun, auf der Orgel in der altehrwürdigen Basilika St. Suitbertus im Herzen von Düsseldorf-Kaiserswerth. „Und außerdem“, sagt der 26-Jährige, „darf ich einmal in der Woche an der Orgel von St. Agnes in Angermund üben. Da gibt mir der Kirchenmusiker Dr. Manuel Krönung den Schlüssel für die Kirche, das ist ja wirklich nicht selbstverständlich.“
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Eine schöne Geschichte mit Happy End also, nichts Besonderes, könnte man meinen. Stimmt nicht so ganz. Denn Niklas hat kognitive Einschränkungen, manche Dinge fallen ihm schwerer als anderen Menschen. Manche Dinge. Nicht das Orgelspielen. „Musikalische Inselbegabung“ nennt man das; wenn sich der Duisburger auf den Orgelhocker schwingt, fließt die Musik nur so aus seinen Fingern. „Niklas hat erst vor einem Jahr angefangen, Noten zu lernen. Vorher hat er einfach alles aus dem Kopf und dem Ohr gespielt“, erklärt seine Mutter. All das macht Niklas übrigens quasi ganz nebenbei, er arbeitet nämlich in der Duisburger Werkstatt am Kalkweg.
Benefizkonzert in Düsseldorf: Spenden kommen Duisburger Hospiz zugute
Natürlich möchte Niklas nicht nur für sich im stillen Kämmerlein – wenn man eine Kirche so nennen möchte – spielen, Musik verdient selbstredend ein Publikum. Deswegen lädt er am Sonntag, 13. Oktober, um 17 Uhr nach St. Agnes in Angermund ein, zum Benefizkonzert. Die alten Hits aus den Gottesdienstbesuchen mit der Oma sind natürlich mit von der Partie, aber auch klassische Literatur von Mozart, Charpentier, Bach und Haydn, moderne Klassiker wie „Morning has broken“ von Cat Stevens und sogar die Filmmusik aus „Fluch der Karibik“.
Die Spenden, die beim Konzert gesammelt werden, kommen dem Malteser Hospiz St. Raphael in Huckingen zugute. Auch hier hat Niklas Oma wieder ihre Finger im Spiel, sozusagen – die hat nämlich viele Jahre ehrenamtlich im Hospiz gearbeitet. „Wir freuen uns sehr über diese Unterstützung“, sagt Annette Helling, Leiterin des stationären Hospizes, die zur Feier des Tages auch das Hospiz-Maskottchen „Benno“ mitgebracht hat.
Niklas‘ großer Orgeltraum steht im Regensburger Dom
Und Niklas, welche Orgelpläne hat der noch? „Ich würde gerne einmal im Regensburger Dom spielen“, erzählt er, und grinst. Dort steht nämlich die große Rieger-Orgel, wobei „steht“ eigentlich das falsche Wort ist: Das Instrument mit seinen 78 Manualen ist eine sogenannte Schwalbennestorgel, thront in luftiger Höhe über den Kirchenschiffen und ist ganz nebenbei die größte frei hängende Orgel der Welt. Ambitionierte Pläne, die Niklas da hat – nicht, dass ihn das in der Vergangenheit aufgehalten hätte.