Duisburg. Über Jahrzehnte hat Giovanni Lattarulo den Duisburgern italienische Momente beschert. Warum er aufhört und wie es mit seinem Ristorante weitergeht.
In Duisburg-Neudorf geht eine Gastro-Ära zu Ende: Giovanni Lattarulo und seine Frau Ursula, Inhaber des Traditionslokals „Costa Azzurra“ verabschieden sich nach 46 Jahren in den Ruhestand. Am 31. Oktober sagen sie „Ciao“.
[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]
„Ein Stück Italien für Sie“ lautet seit 28. Januar 1978 das Versprechen für die Gäste. Der junge Giovanni kam 1977 mit „zweiundzwanzigeinhalb Jahren“ nach Duisburg, weil er gerne die deutsche Sprache lernen wollte und so viel Gutes über die Tedeschi gehört hatte. Bereits mit 14 begann Lattarulo seine Koch-Lehre in einem italienischen Nobel-Hotel, um mit 18 im berühmten Londoner „Claridge’s“ zu landen, wo auch für das britische Königshaus gekocht wurde. Jawoll, der Mann hat schon für die Queen Speisen zubereitet. Nächste Station war Paris, dann kam Duisburg.
Von vielen Duisburger Stammgästen kommen inzwischen sogar die Kinder vorbei
Hier heuerte er als Kellner in einem italienischen Restaurant an der Kardinal-Galen-Straße an. „Damals gab es noch nicht so viele Italiener, es war immer voll“, erinnert er sich. Nach vier Monaten beschloss er: „Ich eröffne ein eigenes Restaurant.“ Allerdings war es gar nicht so einfach, ein geeignetes Lokal zu finden. Er wollte gerne mieten, doch da Lattarulo noch nicht so lange in Deutschland war, wurden ihm nur Locations zu horrenden Preisen oder in schlechter Lage angeboten.
Unter den schlechten war das „Danziger Eck“ in Neudorf noch das Beste. Damals gehörten auch noch Hotelzimmer dazu. „Die habe ich mir angeschaut und gedacht: Vielleicht werden daraus irgendwann einmal Kinderzimmer.“ So kam es auch. Aus der Eckkneipe wurde das Costa Azzurra, die blaue Küste - seine Heimatstadt Ventimiglia liegt dort.
Giovanni Lattarulo lernte seine Frau beim Straßenverkehrsamt kennen
Seine Frau Ursula stieg etwa einen Monat später in den Familienbetrieb ein. Giovanni und sie lernten sich im Straßenverkehrsamt kennen – sie war dort Beamtin und schrieb ausländische Führerscheine um. „Da ich Englisch und Französisch konnte, kamen sie meistens zu mir.“ Giovanni war hin und weg und kam mit immer neuen Fragen aufs Amt. Inzwischen sind sie 44 Jahre verheiratet. Anfangs half sie an den Wochenenden im Ristorante aus. „Doch dann saß ich montags völlig übermüdet im Büro, weil so viel zu tun war.“ Schließlich gab sie ihre Stelle als Beamtin auf und kümmerte sich im „Costa Azzurra“ um den Service.
Neben Pizza und Pasta setzten die Lattarulos auch Fisch- und Fleischgerichte auf die Karte. In einem Salzwasserbecken schwimmen Austern, die ebenfalls geordert werden können. „Heute kennen sich die Leute natürlich viel besser mit der italienischen Küche aus als damals.“ Viele Stammgäste sind mit dem Restaurant und den Betreibern älter geworden. „Jetzt kommen schon die Kinder von früher, die jetzt erwachsen sind, mit ihren Kindern.“
Investor hat das Haus gekauft und will weiterhin ein Restaurant im Erdgeschoss
150 Plätze gibt es. Im großen Saal und auf der Terrasse haben schon viele Duisburger ihre Geburtstage oder Hochzeiten gefeiert. Lattarulo begrüßt und verabschiedet die Gäste in der Regel persönlich mit Handschlag. Der Laden läuft, dennoch dachte das Paar vor drei Jahren daran, aufzuhören und das Gebäude zu verkaufen. Doch dann kam Corona, sie machten weiter, die Gäste holten sich Pizza, Pasta und Co. ab. Auch dauerte es etwas, bis sich ein Interessent für das Eckhaus fand.
Inzwischen ist klar: Auch künftig soll es an dieser Stelle eine Gastronomie geben. Mit Kai Malmström hat sich nun ein Investor gefunden. Der studierte Jurist möchte das Gebäude, das günstig zwischen Hauptbahnhof und Uni liegt, aufwerten. „Das Restaurant und Haus ist charmant, wir wollen es auf den Stand von 2024 bringen und modernisieren“, erklärt Malmström auf Nachfrage unserer Redaktion. Langfristig soll dann wieder eine Gastronomie einziehen, gerne ein Familienbetrieb.
„Das sind traurige Nachrichten, aber ihr habt euch den Ruhestand verdient.“
Seitdem Giovanni Lattarulo (70) und seine Frau (73) ihren Gästen per Whatsapp und Flyer verkündet haben, dass sie aufhören wollen, steht das Telefon nicht still. „Das sind traurige Nachrichten, aber ihr habt euch den Ruhestand verdient“, texten die Gäste beispielsweise. Oder auch: „Wir wünschen euch alles Liebe und verstehen eure Entscheidung sehr gut. Das Leben ist zu kurz.“ Viele wollen noch einmal vorbeikommen, um sich persönlich zu verabschieden. Wer ganz sicher einen Tisch bekommen möchte, sollte reservieren.
- Beliebte Duisburger Studentenkneipe eröffnet neues Lokal
- Neue Kantine in Duisburg: Zutritt per Sicherheitsschleuse
- Kult-Imbiss in Marxloh: Das ist Peter Pomms Pusztetten-Stube
Eine große Abschiedsparty wird es nicht geben. „Wir haben so viele Kunden, wo sollen wir die alle unterbringen? Da müssten wir ein Zelt auf dem Ludgeriplatz aufbauen.“ Ganz aus Duisburg zurückziehen will sich die Familie übrigens nicht. Sie wollen sich eine kleinere Immobilie in Neudorf suchen. Auch in Ventimiglia besitzen sie eine Bleibe. Längst liegt für sie die blaue Küste aber auch ein Stück in Duisburg.