Duisburg. Gülveren Cebir wollte nie in Duisburg bleiben, wurde „gehänselt und bespuckt“ – heute engagiert sie sich für ihren Bezirk. Das treibt sie an.

Mit zwölf Jahren kam Gülveren Cebir aus einem kleinen türkischen Dorf nach Duisburg-Rheinhausen. Ihr Vater arbeitete als Gastarbeiter bei Krupp am Hochofen, fühlte sich wohl im Duisburger Westen – ganz anders als sie: „Es war alles fremd und anders, ich wollte nie hierbleiben.“

Heute, 40 Jahre später, sieht sie das anders. Cebir lebt immer noch hier mit ihrer Familie, hilft Menschen mit Migrationshintergrund bei Problemen im Alltag und leistet Ehrenamtsarbeit, als wäre es ihr Hauptjob. „Rheinhausen ist meine zweite Heimat geworden“, sagt sie. Und nun darf sie auf eine besondere Auszeichnung stolz sein: Gülveren Cebir wird neue Ehrenbürgerin des Bezirks.

Gülveren Cebir wird Ehrenbürgerin: „Tränen in den Augen vor Dankbarkeit“

Es ist eine Ehrung, die sie sprachlos macht, wie die 55-Jährige sagt: „Mit so einer Auszeichnung hätte ich nie gerechnet und meine Arbeit habe ich auch nie gemacht, um eine Ehrung zu bekommen.“ Der Rheinhauser SPD-Fraktionschef Mehmet Aslan habe sie angerufen und mit der Nachricht überrascht. „Ich hatte Tränen in den Augen vor Dankbarkeit“, erinnert sie sich.

Gülveren Cebir hatte „Tränen in den Augen vor Dankbarkeit“, als sie hörte, dass sie mit der Ehrennadel des Bezirks ausgezeichnet wird.
Gülveren Cebir hatte „Tränen in den Augen vor Dankbarkeit“, als sie hörte, dass sie mit der Ehrennadel des Bezirks ausgezeichnet wird. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Um zu erklären, wofür sie genau geehrt wird, muss Cebir etwas ausholen. Denn sie hilft den Menschen in Rheinhausen auf viele Arten, die alle einen Dank des Bezirks verdient haben.

Seit 2019 ist sie Vorsitzende des Rheinhauser Atatürk-Vereins, der das Bildungs- und Kulturzentrum an der Atroper Straße betreibt. Damit koordiniert sie die ganzen Veranstaltungen, die in den Räumen stattfinden: Info-, Tanz- und Gesangsabende, Sprachkurse und das kulturelle Frühstück, aber auch größere Feste, die der Verein zum Beispiel zum Weltfrauentag, Muttertag oder zu türkischen Feiertagen organisiert.

Atatürk-Verein half beim Erdbeben in Syrien und der Türkei

Cebir zieht auch die Fäden, wenn ein Notfall auftritt – so wie beim Erdbeben in Syrien und der Türkei im vergangenen Jahr. „Wir haben nicht lange überlegt, sofort einen Aufruf gestartet und Kleidung gespendet“, erzählt sie.

Gülveren Cebir leitet den Atatürk-Verein mit dem Bildungs- und Kulturzentrum an der Atroper Straße. Hier findet zum Beispiel einmal im Monat ein kulturelles Frühstück statt.
Gülveren Cebir leitet den Atatürk-Verein mit dem Bildungs- und Kulturzentrum an der Atroper Straße. Hier findet zum Beispiel einmal im Monat ein kulturelles Frühstück statt. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Der Verein war beim „Duisburg sagt Danke“-Fest in der Innenstadt, beim Kinderfest in Hochemmerich und bei einer Benefizveranstaltung für die Erdbebenopfer im Volkspark dabei. „Wir haben alle Einnahmen gespendet und damit zwei Containerhäuser für Familien finanziert, die beim Erdbeben ihr Haus verloren haben.“

Cebir hatte schweren Start in Rheinhausen: „Wurde gehänselt und sogar bespuckt“

Die 55-Jährige engagiert sich besonders dort, wo es wenige sehen. So hilft sie Menschen mit Migrationshintergrund bei der Wohnungssuche oder beim Kampf durch den Bürokratiedschungel – wenn sie sich zum Beispiel ihren beruflichen Werdegang aus dem Ausland hier anerkennen lassen möchten. Und dann sammelt sie oft auch noch Möbel und Kleidung ein, um Bedürftigen eine Freude zu bereiten.

Die soziale Ader haben Gülveren Cebir ihre Eltern vererbt, die ebenfalls in ihrem Leben immer engagiert gewesen seien. „Es bereitet mir Freude, Menschen mit Würde zu begegnen und zu sehen, wie jemand nach vorne kommt“, beschreibt sie ihren Antrieb.

Außerdem hilft sie gerne anderen, weil sie es selbst oft nicht leicht hatte. Cebir wuchs in einem Dorf in Ostanatolien auf, ehe sie 1980 mit einem jüngeren und einem älteren Bruder nach Rheinhausen kam. Sie ging zunächst drei Jahre lang in eine Vorbereitungsklasse auf der Hauptschule – und hatte einen schweren Start: „In der Schule wurde ich gehänselt und sogar bespuckt.“

Neue Ehrenbürgerin engagiert sich teils mehr als 25 Stunden pro Woche

Trotzdem wollte sie neben dem Ehrenamt schon immer hauptberuflich im sozialen Bereich arbeiten, „denn was man gibt, bekommt man im Leben auch zurück“. Nach der Mittleren Reife absolvierte sie eine Ausbildung zur Erzieherin, nach dem Fachabitur schloss sie Qualifikationen zur Heilpädagogin, Mediatorin und Hospizhelferin ab.

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Fast 20 Jahre lang war sie im Außendienst für die Sozialpädagogische Familienhilfe tätig. Sie begleitete und half Familien, die es schwer haben, Eltern, die überfordert sind und Kindern, die unter der familiären Situation leiden.

Heute arbeitet die 55-Jährige wieder als Erzieherin – halbtags, 25 Stunden pro Woche. „Dieselbe Zeit kommt ehrenamtlich oft noch obendrauf, wenn große Feste anstehen auch mehr“, meint sie. Manchmal werde sie davon müde, doch kürzertreten wolle sie mit ihrem Engagement nicht. „Und die Ehrung zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin.“

Ferdi Seidelt (CDU) und Mehmet Aslan (SPD) haben ein neues Bezirkswappen gestaltet. Sie erklären, was die Symbole bedeuten.
Ferdi Seidelt (CDU) und Mehmet Aslan (SPD) haben ein neues Bezirkswappen gestaltet. Sie erklären, was die Symbole bedeuten. © Bezirk Rheinhausen | Ferdi Seidelt, Mehmet Aslan

>> Bezirk Rheinhausen entwirft neues Wappen: Das steckt dahinter

  • Der Bezirk Rheinhausen hat ein neues Logo entworfen, das die Wappen der einzelnen Stadtteile vereint.
  • Gülveren Cebir und Wilhelm Breidenbach sind die ersten Rheinhauser, die eine Ehrennadel mit dem neuen Logo erhalten.
  • Das neue Wappen zeigt einen viergeteilten Kreis mit einem roten Löwen (oben links) und einem roten Eimer (unten rechts) auf goldenem Hintergrund, drei silberne Rosen auf blauem Hintergrund (oben rechts) und ein schwarzes Kreuz auf silbernem Hintergrund (unten links).
  • Der rote Löwe stammt aus dem ehemaligen Friemersheimer, der Eimer aus dem Hochemmericher Wappen. Als beide Gemeindem zur Stadt Rheinhausen vereint wurden, entstand ein neues Wappen, das neben dem Löwen und Eimer auch drei fünfblättrige Rosen enthielt.
  • Auch das ehemalige Wappen von Rumeln-Kaldenhausen enthielt drei silberne Rosen mit fünf Blättern, genauso wie ein schwarzes Kreuz aus dem Erzbistum Köln, dem Kaldenhausen lange zugeordnet war.
  • Die Darstellung als Kreis betone „das neue solidarische Miteinander von Rheinhausen und Rumeln-Kaldenhausen seit 1975“ – so erklären es Ferdi Seidelt (CDU) und Mehmet Aslan (SPD) – die Fraktionschefs ihrer Parteien in der Bezirksvertretung –, die das neue Logo maßgeblich gestaltet haben.
  • Hintergrund ist: Der Rat der Stadt Duisburg hat im vergangenen November entschieden, dass die Bezirke bis zu zwei Personen pro Jahr für ihr Engagement auszeichnen dürfen. Die Ehrenbürger sollen eine Nadel oder einen Pin mit einem Wappen erhalten, das die Bezirke gestalten sollen.