Duisburg. Trotz sicheren Jobs, gutem Verdienst und besten Karriere-Chancen: Warum sich die Duisburger Handwerksbetriebe schwertun, genügend Bewerber zu finden.

Längst prägt mehr Hightech als Staub und Dreck die Handwerksberufe. Eigentlich sollten die Bewerber um eine Ausbildung Schlange stehen vor den 1000 Mitgliedsbetrieben der Kreishandwerkerschaft. Die steht zum Start des Ausbildungsjahres einmal mehr vor dem gleichen Dilemma: Für 100 Lehrstellen gibt es noch keine passenden Bewerberinnen und Bewerber. „Bei uns kommen zu wenige an“, bedauern Dr. Frank Bruxmeier und Michael Dicke, die Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft.

Absagen für Duisburgs Kreishandwerksmeister: „Hatte einen Hals“

Eigentlich hatte Lothar Hellmann, Chef von Elektro Venn in Neumühl (145 Mitarbeitende, davon 45 Auszubildende) seine zehn neuen Azubis zusammen. Sechs Wochen vor dem Start sagten drei kurzfristig ab. „Ich hatte so einen Hals“, sagt der Kreishandwerksmeister.

Dank des „Turbo-Programms“ für Geflüchtete wurden die Stellen noch besetzt. Drei junge Ukrainer füllen nun die Reihen. „Die Sprache ist noch eine Hürde, aber sie haben sogar einen technischen Uni-Abschluss. Das passt“, berichtet Hellmann. Seine Firma stattet „intelligente“ Gebäude aus. „Da brauchen wir schon Bewerber, die auch die Prüfung nach dreieinhalb Jahren schaffen“, sagt der Kreishandwerksmeister.

Werben für Ausbildung: Die Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, Dr. Frank Bruxmeier und Michael Dicke (v.r.), mit Kreishandwerksmeister Lothar Hellmann sowie die beiden Geschäftsführer Dr. Frank Bruxmeier und seine Auszubildende Julia Weihofen.
Werben für Ausbildung: Die Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, Dr. Frank Bruxmeier und Michael Dicke (v.r.), mit Kreishandwerksmeister Lothar Hellmann sowie die beiden Geschäftsführer Dr. Frank Bruxmeier und seine Auszubildende Julia Weihofen. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Bewerber haben die freie Auswahl: Fast alle Innungen suchen noch

„Der Anspruch ist gestiegen“, bestätigt auch Michael Dicke. Nicht nur in der Heizungs-, Sanitär- und Klimatechnik, doch auch in diesen Betrieben, die zuletzt bei den Jugendlichen hoch im Kurs standen, suchen die Betriebe in Duisburg. Allein 13 freie Lehrstellen gibt’s noch für Maler und Lackierer, weitere für Zweirad-Mechaniker, natürlich gibt es auch bei den Ernährungsberufen wie Metzgern noch Lücken – ein Klassiker.

Dennoch bleibe das Handwerk, mit 23.000 Beschäftigten größter Arbeitgeber der Stadt, Stiefkind im Wettbewerb um die besten Köpfe. Mit Blick etwa auf die Fragezeichen hinter der Zukunft der Stahlindustrie sei das nicht gerechtfertigt, findet Frank Bruxmeier. Über Ausbildung und Meisterbrief könne der Weg zum Studium oder auf den Chefsessel führen. „Viele Betriebe suchen Nachfolger. Wir müssen in die Köpfe bekommen, dass man Karriere machen und mehr verdienen kann, als mit einem Studium.“

Kein Abschluss ohne Anschluss: Handwerk hat Gesprächsbedarf

Julia Weihofen ist so eine „Botschafterin im Blaumann“. Nach dem Abitur hat sie sich entschieden, zunächst eine Ausbildung zur Energie- und Gebäudetechnikerin zu machen. „Das ist manchmal anstrengend, aber ich habe etwas, auf dem ich aufbauen kann“, sagt sie.

Der Sprung von der Schulbank in die Werkstatt und auf die Baustelle sei aber für manchen Jugendlichen offenbar zu groß, sagt Michael Dicke mit Blick auf die Abbruchquoten: „Acht Stunden an fünf Tagen, das ist für viele ein schwieriger Schritt.“ Dennoch werde die Kreishandwerkerschaft nichts unversucht lassen. Ab September sucht sie den Kontakt zu den Absolventen der Berufskollegs, die dort einen Schulabschluss nachholen.

Auch die Initiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAOA) sei „eigentlich eine gute Sache“, sagt Bruxmeier, „aber wir müssen uns über die Struktur unterhalten“. So reichten etwa Kurz-Praktika von einem oder zwei Tagen nicht aus, um das Handwerk mit 122 Berufen in 21 Gewerken als attraktive Alternative für den Einstieg ins Berufsleben zu entdecken.

>>> HIER GIBT’S INFORMATIONEN ZU FREIEN AUSBILDUNGSPLÄTZEN

  • Auch nach dem Start des Ausbildungsjahres ist der Einstieg noch möglich.
  • Die Agentur für Arbeit lädt deshalb am Donnerstag, 29. August, von 12 bis 15 Uhr zur ihrer Messe „5 vor 12“ auf dem Gelände an der Wintgensstraße 29-33 in Duissern ein.
  • Dort können Bewerberinnen und Bewerber mit Kammern und Betrieben ins Gespräch kommen, ihre Bewerbungsmappe checken lassen und kostenlos Bewerbungsfotos machen lassen.
  • Die Kreishandwerkerschaft informiert unter www.handwerk-duisburg.de und im Haus des Handwerks an der Düsseldorfer Straße 166.