Duisburg. Kein Durchkommen am TKSE-Werk im Duisburger Norden. Arbeiter blockierten Tore, Lkw standen im Stau. Emotionale Rede im Video.

  • Aus einer Informationsveranstaltung des Betriebsrats von Thyssenkrupp Steel Europe wurde am Donnerstag eine umfangreiche Blockadeaktion.
  • Alle Tore in Duisburg wurden von Mitarbeitern blockiert.
  • Wie sie den drohenden Arbeitsplatz-Abbau bewerten, erklärt ein TKSE-Mitarbeiter stellvertretend im Video.

Die Belegschaft von Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE) hat am Donnerstag die Tore des riesigen Areals im Duisburger Norden blockiert. Es ist die bislang massivste „Guerilla-Aktion“ des Betriebsrats am Standort Hamborn/Beeckerwerth im Kampf gegen den drohenden XXL-Arbeitsplatz-Abbau in der Stahlsparte.

Der Duisburger Betriebsrat von TKSE wollte am Donnerstag eigentlich vor Ort über die aktuelle Situation informieren – so wie unter anderem auch am Standort in Bochum. Kurzfristig sei dann am Mittwochabend die Entscheidung zur Blockade-Aktion gefallen, hieß es.

Beteiligt an der Aktion im Duisburger Norden waren auch Beschäftigte der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann. Bekanntlich stellt Thyssenkrupp Steel die Hütte im Stadtsüden zum Verkauf und verhandelt mit einem Interessenten.

Die Blockade betraf ab dem Vormittag sämtliche Tore, es gab kaum ein Durchkommen an den Ein- und Ausfahrten. Die Tore waren mit Radladern, Bierbänken und Autos versperrt. „Die Blockade wird bis zum frühen Abend durchgezogen“, versprachen die Protestler.

Blockaden rund um TKS in Duisburg: Unübersichtliche Situationen

Viele Lkw-Fahrer kreisten am Donnerstagmittag um das Areal. Es kam zu Staus und unübersichtlichen Situationen, die sich auch auf den Online-Kartendiensten abzeichnen. Besonders im Bereich von Tor 6 an der Hoffschen Straße Richtung Beeckerwerth staute sich der Verkehr massiv. Über diese Einfahrt wird ein großer Teil des Schwerlastverkehrs abgewickelt, der Hochöfen, Stahlwerk und die weiterverarbeitenden Betriebe über die A42 ansteuert.

An sämtlichen Toren des TSK-Werkes gibt es kein Durchkommen.
An sämtlichen Toren des TSK-Werkes gibt es kein Durchkommen. © Annette Kalscheur

„Es ist das Ziel der Aktion, dass sich hier der Verkehr bis zur Autobahn staut“, hieß es am frühen Nachmittag beim Betriebsrat. Die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) meldete da bereits Einschränkungen auf der Straßenbahnlinie 901, die den Bereich nach der Haltestelle Beeck-Denkmal nicht mehr passieren konnte. Sie fuhr deshalb zwischenzeitlich nur bis zur Haltestelle Thyssenverwaltung. Nicht jeder zeigte Verständnis für die Blockade, mancher Autofahrer drehte wutschnaubend und suchte Umwege für sein Ziel.

„Ich sorge mich um meine Zukunft“

Patrick Vogeler hat seinen Trecker quer vor das Tor 3 auf der Franz-Lenze-Straße gestellt, „nicht als Blockade, sondern zum Schutz der Leute dahinter“, betont er. Auf Bierbänken, an Tapeziertischen, in Sonnenstühlen sitzen hier Thyssianer. „Stop Stahl-Exit“ steht auf ihren Warnwesten.

Blockade am TKSE-Werk in Duisburg-Nord

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    „Dieser geplante Kahlschlag geht gar nicht“, sagt Vogeler, der beim Allgemeinen Servicebetrieb von TKSE beschäftigt ist. Damit werde die ganze Region lahmgelegt, „Subunternehmer, Bäcker, fast jeder würde hier leiden.“ Der ehemalige Stahlwerker bedauert, dass „der komplette Vorstand keinen Bezug mehr hat zum Stahl.“ Auch die soziale Ader fehle. Er war früher „auf Schicht“ und landete dann aus gesundheitlichen Gründen in der Grünpflege, „da war der Konzern noch sozial“. Aber jetzt gehe es nur noch um Zahlen, „und wir wären nicht mehr das Stahlherz von Duisburg“.

    Teilweise werden die Zufahrten an den Werkstoren von ThyssenKrupp mit Autos blockiert.
    Teilweise werden die Zufahrten an den Werkstoren von ThyssenKrupp mit Autos blockiert.

    Zu den Demonstranten gehört auch Danica Marx. Sie hat Kekse zu dieser etwas eskalierten Infoveranstaltung mitgebracht, Nervennahrung. „Ich sorge mich um meine Zukunft. Ich habe Familie, einen Sohn, ich will wissen, wie es weitergeht.“ Die Chemie-Laborantin befürchtet, dass der Standort im Worst Case geschlossen wird, „dann sind wir im Labor auch dran“. Mit Sorge verfolgte sie den Verkauf des 20-Prozent-Anteils und die Verkündungen des Aufsichtsrats.

    Erst am Mittwoch hatte die IG Metall vor dem Verlust von bis zu 10.000 Arbeitsplätzen allein bei TKSE gewarnt. Die Gewerkschaft kritisiert die Pläne von Konzernchef Miguel López. Weitere Protestaktionen und die Ausweitung auf andere Stahl-Standorte könnten folgen, heißt es beim Betriebsrat.

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    Die Stimmung bei der Belegschaft ist wegen der bereits monatelang andauernden Zitterpartie extrem angespannt. Auch am 9. August fiel auf einer Aufsichtsratssitzung noch keine Entscheidung über das künftige industrielle Konzept für TKSE.

    Darüber will die Arbeitnehmerseite erst beraten, wenn feststeht, wie hoch der Beitrag der Thyssenkrupp AG zur Verselbstständigung der Stahlsparte unter Beteiligung des tschechischen Millardärs Daniel Kretinsky sein wird. Über die Höhe der „Mitgift“ streiten der AG-Vorstandsvorsitzende López und Stahlchef Bernhard Osburg.

    Dieser Text wurde erstmals am 22.08.2024 veröffentlicht.