Duisburg. Die Bürgervereinigung Laar besteht seit 150 Jahren. Zum Jubiläum will sie allen Menschen im Stadtteil ein Geschenk machen: ein neues Kunstprojekt.
Seit stolzen 150 Jahren gibt es die Bürgervereinigung Laar. Damit zählt sie zu den ältesten Bürgervereinen in Duisburg. Dieses wichtige Jubiläum wollen die Mitglieder im Herbst mit Freunden und Förderern ordentlich feiern. Den runden Geburtstag nimmt der Vorstand zusätzlich zum Anlass, um möglichst allen fast 7000 Menschen im kleinen Stadtteil etwas zu schenken. Etwas, das bleibt.
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Dafür haben sie den Künstler Manuel Schroeder aus Berlin gewonnen, der mit einem Projekt dem „großen Potenzial“ von Laar nachspüren, gegen Vorurteile kämpfen und den Stadtteil aus dem Dornröschenschlaf wecken will. „Hier ist ganz viel Verstecktes, ganz viel Schönes“, sagt der Künstler, dem der Duisburger Norden nicht fremd ist. Mit seinem neuen Projekt „Tender City“ will er sich diesem Schönen nähern, vor allem aber dem Leben der Einwohner und Einwohnerinnen.
150 Jahre gibt‘s die Bürgervereinigung Laar: Neues Kunstprojekt soll ein Geschenk sein, das bleibt
In Laar soll nichts los sein? Dieses Vorurteil kann Manuel Schroeder nicht glauben. „Hier wohnen doch ganz viele Familien.“ Er wünscht sich von den Laarerinnen und Laarern, dass sie ihm zeigen, was alles in ihren Wohnvierteln abgeht, „den ganz normalen Alltag“. Den jungen Erwachsenen „aus dem Kiez, aus dem Stadtteil“ will er mit seinem Kunstprojekt ein Angebot machen, aber auch den Senioren.
Von diesen beiden Gruppen erhofft er sich Videos, Musikstücke oder Fotos, die unter seiner Anleitung das echte Laar zeigen. Das Laar, in dem mehr abgeht als Außenstehende sich träumen lassen. Bei einer „umfangreichen Recherche“ will er die Menschen in Gaststätten, in Vereinen, an Trinkhallen oder in Seniorenheimen treffen und sie zum Mitmachen gewinnen. Nach ersten erfolgreichen Tagen will er demnächst für seine weitere Recherche zurückkehren und zusätzliche Kontakte knüpfen.
Der Großteil des Projekts, in das auch die Stadtteilgeschichte einfließen soll, folgt dann im Oktober, in den Herbstferien. Das Endergebnis präsentiert er als Kurator bei der internen Party zum 150. Geburtstag der Bürgervereinigung. Zunächst bekommen es zwar nur Mitglieder und geladene Gäste zu sehen, doch das Ergebnis soll später allen Interessierten offenstehen. „Es wird ein Projekt mit Mitbürgern aus Duisburg-Laar für Mitbürger aus Duisburg-Laar“, wirbt der Künstler.
Bürgerverein will nicht die Augen vor den vielen Problemen verschließen
Die Vorfreude darauf ist groß bei der Bürgervereinigung. Sicherlich wird das Kunstprojekt „Tender City“ viele schöne Seiten des kleinen Stadtteils zeigen. Dennoch ist sich der Vorstand bewusst, dass Laar auch seine Probleme hat. So fehlt ein echter Treffpunkt für Jung und Alt, sagt Barbara Vollmer, die Geschäftsführerin und zweite Vorsitzende. Diesen Treffpunkt würde die Bürgervereinigung gerne selbst anbieten, doch der Vereinssitz mit dem Archiv an der Deichstraße sei dafür nicht geeignet. „Wir suchen dringend einen Raum.“
Außerdem wollen sich die Mitglieder gegen das Ladensterben und die Leerstände im Stadtteil engagieren und haben dafür bereits die Zusammenarbeit mit der städtischen Wirtschaftsförderung DBI gesucht. Um mehr Geschäftsleute zu gewinnen, wollen sie aber vor allem den schlechten Ruf der Friedrich-Ebert-Straße aufpolieren. Durch die Straßenbahn 901, die ja jetzt endlich wieder ohne Ersatzbusse durch Laar fährt, kennen viele Auswärtige meist nur die Häuser und Ladenlokale entlang der Bahnstrecke.
„Beim Bäcker wird jetzt mehr Fladenbrot als Roggenbrot verkauft.“
„Das Sozialgefüge hat sich beruhigt“, betont Schatzmeister Christoph Obst. Dennoch, ergänzt Barbara Vollmer, hätten gerade viele Alteingesessenen durchaus weiterhin Probleme damit, dass „kaum noch Deutsch gesprochen wird“. Einige Alte würden sich deswegen unsicher fühlen.
Was tun gegen gefühlte Unsicherheit? Sich kennenlernen, findet Obst, gerne auch bei der Bürgervereinigung. „Wir sind ja ein Mitmachverein und kein Kummerkasten.“ Zwar sei es zuletzt eher darum gegangen, Geschäfte im kleinen Stadtteil zu halten. Das sei längst nicht immer gelungen. So ist etwa die beliebte Kneipe „Zum Rheindamm“ in ein Wohnhaus umgewandelt worden, und der seit vielen Jahren eingesetzte Sparkassenbus ersetzt eben auch keine Filiale.
Nicht nur Ladensterben und Leerstand – es gibt auch Neueröffnungen
Doch es gibt immerhin noch zwei Discounter, und als die Bäckerei Sonderkamp überraschend ihr Stammhaus schloss, hat sich schnell ein Nachfolger gefunden. „Beim Bäcker wird jetzt mehr Fladenbrot als Roggenbrot verkauft“, sagt Christoph Obst, aber er freut sich, dass Laar seine Bäckerei erhalten bleibt. Ob der Schreibwarenladen mit Lotto-Annahme jedoch das Jahresende überlebt, steht noch in den Sternen. Die Inhaberin verabschiedet sich bald in den Ruhestand und sucht einen neuen Betreiber.
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Neueröffnungen gibt es übrigens auch. So haben zwei bulgarische Wahl-Laarerinnen neuerdings einen Blumenladen eröffnet, der ganz gut ankomme. So schlimm sind die Zustände in Laar auch nicht, dass der Bürgerverein nicht seine Späßchen darüber machen könnte - ganz ohne Galgenhumor. „Hier fährt der DHL-Bote noch hin“, flachst der Schatzmeister und denkt dabei an die linksrheinische Hochhaussiedlung mit den Weißen Riesen in Hochheide.
Ohnehin findet die Bürgervereinigung: So schön wie in Laar kann man in Duisburg kaum leben. Viele Einwohner schwärmen vom Rheindeich. Und bald sollen sie auch vom Kunstprojekt „Tender-City“ schwärmen, auch noch lange, nachdem der Verein im Herbst seinen 150. Geburtstag gefeiert haben wird.
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