Duisburg. 1934 eröffnete die Duisburger Gastro als Café Eisgarten. Später wurde bei Tante Hilde nachts gezaubert. Fünfte Generation führt Lindenwirtin in die Zukunft.

Der Biergarten „Lindenwirtin“ gehört mit zu den ältesten gastronomischen Betrieben in Duisburg. Das denkmalgeschützte Haus ist freilich schon älter. Erbaut wurde es um 1728 - ursprünglich war es eine Ziegelei. Ziegelbäcker Carl Reddinghaus aus Speldorf erhielt seinerzeit von der Stadt zwei Morgen Land auf der Heide bei Duissern in Erbpacht, wo er ein Wohnhaus mit Ziegelofen und Ziegelschuppen baute. 1934 hat die Familie Herbertz das Haus gekauft und fortan als Gastronomie genutzt - zunächst als „Cafe Eisgarten“ später als „Lindenwirtin“. In diesem Jahr wird der Traditions-Biergarten 90 Jahre alt. Daniel und Phimporn Riedel führen die Gaststätte in der fünften Generation weiter.

So sah es früher in der Lindenwirtin aus.
So sah es früher in der Lindenwirtin aus. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND
Wirt Daniel Riedel hat zwar renoviert, aber viel vom alten Interieur ist erhalten geblieben.
Wirt Daniel Riedel hat zwar renoviert, aber viel vom alten Interieur ist erhalten geblieben. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Die Lampen sind noch original. Da steht noch Eisgarten drauf“, zeigt Daniel Riedel auf die Leuchten. Es gibt zahlreiche Möbelstücke, die Geschichte atmen. Als er vor fünf Jahren den Betrieb von seinem Onkel Karl Herbertz übernahm, wurde einiges renoviert. Doch das alte Interieur, wie der Kamin, die Sinnsprüche auf Holz oder Bierkrüge, sind geblieben. Die Gäste mögen die urige Atmosphäre. 

Beliebter Duisburger Biergarten hat Platz für 400 Gäste

Im Keller befindet sich eine Kegelbahn und ein Saal für Gesellschaften. Der Brunnen in dem Raum ist allerdings versiegt und nur noch Deko. Früher befand sich hier die legendäre Bar „Nachtfalter“, „da kam man über den Hintereingang rein.“ Wenn das Gasthaus schloss, ging’s im Nachtfalter weiter.

Den alten Brunnen gibt es noch, allerdings sprudelt hier kein Wasser mehr.
Den alten Brunnen gibt es noch, allerdings sprudelt hier kein Wasser mehr. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Riedel ist zu jung, kennt die Zeiten nur aus Erzählungen. Doch zum Glück gibt es alte Fotos. Nach dem Krieg wurde hier zu vorgerückter Stunde bei „Tante Hilde“ an der Theke gezaubert.

Ältere Nachtschwärmer könnten sich erinnern: So sah es bei Tante Hilde im Nachtfalter aus.
Ältere Nachtschwärmer könnten sich erinnern: So sah es bei Tante Hilde im Nachtfalter aus. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die Gäste waren schon immer gemischt. „Es gab ja damals nicht so viele Möglichkeiten, auszugehen.“ Pärchen fanden sich, Geburtstage wurden gefeiert. Außerdem trafen sich hier in den 1970er Jahren durchaus schon früh am Tag die Studenten. Nach den ersten Getränken wechselten sie dann in den Hörsaal. Und auch mit der Polizei - damals gab es noch die Wache an der Schweizer Straße - wurde eine gute Nachbarschaft gepflegt.

Samstags ist Ruhetag. So wurde es von Daniel Riedels Ur-Opa eingeführt, denn er wollte samstags Bundesliga und MSV gucken.
Samstags ist Ruhetag. So wurde es von Daniel Riedels Ur-Opa eingeführt, denn er wollte samstags Bundesliga und MSV gucken. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Nur eines hat seit den 50er Jahren Tradition: Samstag ist Ruhetag. „Mein Uropa war MSV-Fan und wollte Fußball gucken und abends die Tagesschau.“ Dieter Hermann, dienstältester Kellner der Lindenwirtin, ergänzt: „Früher hatten noch nicht so viele Frauen einen Führerschein und so mussten die Männer samstags erstmal mit zum Einkauf. Da hätte es sich sowieso nicht gelohnt, zu öffnen.“ Das Personal freut sich heute über den freien Samstag, denn Daniel Riedel hat die Öffnungszeiten beibehalten. Dafür sei der Montag ein „ganz starker“ Tag, weil zum Wochenbeginn viele andere Gastro-Betriebe schließen. Der 40-Jährige hat den Betrieb 2018 übernommen. Er stammt aus einer Gastro-Familie - sein Vater hatte in den 1990er Jahren die Paulaner Botschaft am Ostausgang des Hauptbahnhofs.

Traditionelle Küche mit Rezepten von Oma

„Bei uns in der Lindenwirtin wird noch nach Rezepten wie bei Omma gekocht“, erklärt er lächelnd. Als klar war, dass er den Betrieb übernehmen würde, arbeitete er über Wochen in der Küche mit, um die Abläufe genau zu kennen. 400 Plätze zählt der Biergarten, da ist ordentlich was zu tun. „Wir richten uns nach der Saison: Pfifferlinge, Matjes, Gänse…“

Wirt Daniel Riedel und seine Frau Phimporn führen die Lindenwirtin seit 2018.
Wirt Daniel Riedel und seine Frau Phimporn führen die Lindenwirtin seit 2018. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Beliebt bei älteren Gästen ist auch der Mittagstisch, bei dem auch mal Eintopf aufgetischt wird. Phimporn Riedel, bis vor kurzem die Chefin des inzwischen geschlossenen Thai-Restaurants „Samui“ möchte bald auch thailändische Gerichte in der Lindenwirtin anbieten. Sie betont: „Wir haben beide einen Jagdschein.” Dann und wann steht auch Wild auf der Karte. Übrigens: Die ersten Reservierungen fürs Gänse-Essen trudeln jetzt schon ein. „Es war eine schwierige Zeit, vor allem auch in Corona, aber die Leute kommen wieder gerne zu uns“, freut sich Daniel Riedel.

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Eine große Sause zum 90. Geburtstag wird es nicht geben. Vielleicht wird der 100. in zehn Jahren gebührend gefeiert. Denn die Betreiber denken nicht daran, aufzuhören. Daniel Riedel: „Wir kennen die Gerüchte, dass die Lindenwirtin abgerissen werden soll. Die kommen immer wieder mal. Aber das Gebäude steht unter Denkmalschutz und uns macht die Arbeit großen Spaß.“