Duisburg. Zahlen offenbaren ein besonderes Duisburger Dilemma: Warum der Bedarf an Bahnen und Bussen so hoch ist wie in keiner anderen Stadt im VRR-Gebiet.
Wie können ein zukunftsfähiger und nachhaltiger ÖPNV und eine erfolgreiche Verkehrswende bewerkstelligt werden? Dieser Frage widmet sich der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) mit seinem Nahverkehrsplan 2025 und analysiert dabei auch den Ist-Zustand. Was Duisburg betrifft, sticht ein besonderes Dilemma hervor.
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So zeigen Zahlen aus dem aktuellen Entwurf für den VRR-Nahverkehrsplan, dass es hier einerseits im Vergleich zu anderen Städten im Verbundgebiet ein geringes ÖSPV-Leistungsangebot gibt. Dabei geht es um die Zug- und Buskilometer pro Jahr: Duisburg kommt auf 31,3 Kilometer pro Einwohner, dagegen Essen zum Beispiel auf 36,8, Oberhausen auf 44,4 und Düsseldorf auf 50,2 Kilometer pro Einwohner.
Bus und Bahn: VRR-Zahlen offenbaren besonderes Problem für Duisburg
Gleichzeitig liegt die Zahl der verfügbaren Pkw laut VRR nur bei 475,7 pro 1000 Einwohner. Dies ist der niedrigste Wert im Verbundgebiet. Zum Vergleich: Beispielsweise Solingen (614,8), Bottrop (595,6), Bochum (579,4), Remscheid (570,7) oder Mülheim (557,8) haben deutlich höhere Zahlen. Das bedeutet, dass die Menschen in Duisburg noch mehr als in anderen Städten auf Bus und Bahn angewiesen sind, aber nicht das entsprechende Angebot vorfinden.
Wie die Stadt und die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) auf Nachfrage der Redaktion gemeinsam mitteilen, „sind die dargelegten Unterschiede und die damit verbundenen Änderungsbedarfe bekannt“. Und: „Wir erarbeiten derzeit eine Vielzahl an Maßnahmen, um die Attraktivität des ÖPNV nachhaltig zu verbessern.“
Dazu gehören demnach Optimierungskonzepte für den Busverkehr, von denen einige wie in Rheinhausen bereits umgesetzt worden seien. So ist zum Beispiel zum 18. August 2021 die neue Buslinie 925 installiert worden, die das Angebot laut DVG vor allem für die Fahrgäste in der Eisenbahnsiedlung erweitert.
Lothar Ebbers, Pressesprecher des Fahrgastverbands Pro Bahn NRW, sieht die neue Linie allerdings sehr kritisch, sprach schon kurz vor dem Start von einer Mogelpackung: „Sie fährt erst nach Süden raus und dann nach Nord-West. Da merkt man, die darf alles fahren, außer den direkten Weg.“
Stadt und DVG planen Verbesserungen für Bus- und Schienennetz
Stadt und DVG verweisen darauf, dass noch weitere Maßnahmen für eine Verbesserung des Busnetzes in Duisburg sorgen werden, und auf die aktuellen Planungen, um den Takt auf den Straßenbahnlinien 901 und 903 zu verdichten. Weitere Überlegungen befassen sich demnach damit, das kommunale Schienennetz zu erweitern. Zusätzlich arbeiten die Stadt Duisburg und der VRR zusammen an der Reaktivierung von Bahnstrecken, wie beispielsweise der „Walsumbahn“ und der Ratinger Weststrecke.
Allerdings: Insgesamt seien die Planungen und Abstimmungen aller Beteiligten sowie die anschließende Umsetzung der Maßnahmen sehr umfangreich und benötigten Zeit für die Realisierung.
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Der Duisburger Ratsherr und Nahverkehrsexperte Frank Heidenreich (CDU), der im VRR mehrere Ämter innehat, stellt klar: „Das aktuelle ÖPNV-Angebot in Duisburg ist für eine Großstadt zu wenig. Ich freue mich, dass die Stadt zu Investitionen wie etwa in neue und weitere Straßenbahnen bereit ist, hoffe aber auch, dass die finanziellen Zusagen auf dem Weg zu einem Fünf-Minuten-Takt auf den Linien 901 und 903 Bestand haben.“
Er lobt das nachfrageorientierte On-Demand-System „MyBUS“ für Strecken von bis zu 20 Kilometern in ganz Duisburg. Die Fahrten mit den Kleinbussen jeden Abend ab 18 Uhr sind per App buchbar. Zu einem vernünftigen ÖPNV-Angebot gehören für Heidenreich darüber hinaus neben Verlässlichkeit, Sauberkeit und Ordnung ausreichende Park&Ride-Parkplätze und E-Lade-Stationen für Fahrräder etwa in der Nähe von Haltestellen.
VRR: CDU-Nahverkehrsexperte will Ticketsystem vereinfachen
Im VRR plädiert er außerdem für ein einfacheres und unkompliziertes Ticketsystem. Für ihn würden das Deutschland-Ticket in verschiedenen Varianten und das Eezy-Ticket, der E-Tarif, mit dem in ganz NRW Fahrten im ÖPNV per App gebucht und per Luftlinienkilometer abgerechnet werden, völlig ausreichen.
Die DVG begrüßt nach eigenen Angaben grundsätzlich jede Maßnahme, die mehr Menschen für die Nutzung von Bus und Bahn gewinnen kann. Zu einem unkomplizierten Ticketsystem gehöre insbesondere das Deutschlandticket. Dadurch habe die DVG über 20.000 Abo-Kundinnen und -Kunden dazu gewinnen können.