Duisburg. Nach Grenzverletzung bei den Maltesern in Duisburg: Was ein anonymer Briefschreiber beklagt, wie die Präventionsbeauftragte handelt.

  • Ein anonymer Briefschreiber beklagt angebliches grenzverletzendes Verhalten bei den Maltesern in Duisburg.
  • Die Malteser bestätigen, dass es einen Vorfall gegeben hat.
  • Wie die Präventionsbeauftragte in der Organisation für Sicherheit sorgen will.

Der anonyme Hinweis lag im Briefkasten der Redaktion: „Sexualisierte Gewalt im Ehrenamt – Malteser Duisburg“ lautete die Überschrift und darunter der Hinweis, dass es Übergriffe gegeben habe, diese aber keine Konsequenzen gehabt hätten. Der „Täter“ sei weiterhin als Führungskraft im Einsatz.

Ähnliche Briefe sind auch bei den Maltesern selbst angekommen, auf verschiedenen Hierarchieebenen. Der oder die Autoren sind unbekannt, sagt Pressesprecherin Janina Althaus. Aber offenbar missfalle ihnen, wie die Hilfsorganisation mit diesem Vorfall umgeht.

Grenzverletzendes Verhalten im Malteser-Ehrenamt

Laut Althaus geht es um grenzverletzendes Verhalten zwischen zwei Ehrenamtlern im November 2023. Die Helfer werden häufig im Sanitätsdienst bei sportlichen oder kulturellen Großveranstaltungen eingesetzt und bieten ehrenamtlich Erste Hilfe an. Die Betroffene, eine erwachsene Frau, habe dem Kollegen direkt eine „klare Ansage gemacht und sich anschließend dem Ortsbeauftragten anvertraut“.

In den Duisburger Fall ist auch die Präventionsbeauftragte der Malteser NRW eingebunden. Maren von Contzen kümmert sich hauptberuflich um den Schutz der Mitarbeitenden, ist aber auch Interventionsbeauftragte und hilft vor Ort, wenn was schiefläuft. Ihr Job wurde 2015 nach den Missbrauchsfällen innerhalb der Katholischen Kirche eingeführt und mit ihr „eine Kultur der Achtsamkeit“, so von Contzen.

Angesichts von 13.795 ehrenamtlichen Helfern in NRW und 5280 hauptamtlichen Mitarbeitern habe sie „genug zu tun“. In Duisburg arbeiten 210 Ehrenamtler, zur Diözese Essen gehören 686 Hauptamtler. Jeder, der bei den Maltesern aktiv wird, unterzeichne einen Verhaltenskodex und eine Selbstverpflichtungserklärung.

Maren von Contzen arbeitet als Präventionsbeauftragte der Malteser in NRW.
Maren von Contzen arbeitet als Präventionsbeauftragte der Malteser in NRW. © Malteser | Malteser

Malteser wollen eine „täterunfreundliche Organisation sein“

Damit sich alle sicher fühlen können, setzen die Malteser darauf, eine „täterunfreundliche Organisation zu sein, wir haben aus der Vergangenheit gelernt“. Das Maskulinum wählt die Präventionsbeauftragte bewusst, denn die Täter seien zum Großteil Männer.

Wenn Vorfälle so heikel sind, dass die internen Anlaufstellen nicht reichen, dann können auch externe Ombudsstellen angesprochen werden, betont von Contzen. Außerdem gebe es ein anonymes Hinweisgebersystem. Wenn Polizei oder Staatsanwaltschaft ermitteln, sei sie allerdings erst mal raus, „wir wollen nicht zweigleisig fahren“.

Dass in diesem Fall anonyme Briefschreiber agieren, findet sie „schade, wir können ihnen dann kaum zeigen, dass wir transparent aufgearbeitet haben“.

Bei den Maltesern arbeiten ehrenamtliche und hauptamtliche Kräfte zusammen. Einer Duisburger Führungskraft wird grenzverletzendes Verhalten vorgeworfen.
Bei den Maltesern arbeiten ehrenamtliche und hauptamtliche Kräfte zusammen. Einer Duisburger Führungskraft wird grenzverletzendes Verhalten vorgeworfen. © Michael Schneider | Michael Schneider, Bramsche

Vorfall werde im Nachhinein für eigene Interessen ausgenutzt

Althaus bedauert, dass der Vorfall, der nicht strafrechtlich relevant gewesen sei, genutzt werde, um im Nachhinein Stimmung zu machen und lokalen Führungskräften zu schaden. Das sei überhaupt nicht im Sinne der Betroffenen, für die der Fall eigentlich erledigt war. „Die beiden machen auch wieder Dienst miteinander“, verdeutlicht Althaus.

Was sie gar nicht müssten, denn „das ist ein Ehrenamt, das ist Freizeit“. Schichten könnten anders gelegt werden, um Begegnungen zu vermeiden, nötig sei das in diesem „umfangreich dokumentierten Fall“ nicht gewesen. Althaus betont, dass die Malteser genau hinschauen: Wäre ein Minderjähriger betroffen oder wäre der Fall schwerwiegender, „dann würden wir die Person nicht halten“.

Auch von Contzen betont, dass vor allem wichtig sei, was die Betroffenen ihr rückmelden. Und in diesem Fall sei nach der Aufarbeitung „wieder alles in Ordnung gewesen“. Wenn danach jemand anonym an die Öffentlichkeit geht, schade das der Betroffenen unter Umständen erneut.

Null-Toleranz-Haltung bei sexuellen Übergriffen

Bei sexuellen Übergriffen gebe es bei den Maltesern eine Null-Toleranz-Haltung, „wir wollen niemanden in unseren Reihen, der sich nicht an unsere Regeln hält“. Im konkreten Fall ging es aber um eine „einmalige Grenzverletzung“, nach dem ersten anonymen Brief reagierten die Malteser nach eigenen Angaben unter anderem mit einem Helferabend, um Gesprächsangebote zu machen und transparent zu sein.

An diesem Abend hätten einzelne Mitglieder einen Vereinsausschluss gefordert. „Aber diesen Auftrag hatten wir von der Betroffenen nicht und sie steht für uns an erster Stelle.“ Im Gegenteil: Das Geschehnis werde jetzt ausgenutzt für eigene Interessen, das mache sie „traurig“. Auch Maren von Contzen betont, dass der Fall aufgrund der nach und nach verschickten anonymen Briefe immer wieder aufgerissen und „drei Mal abgeschlossen werden musste“. Das sei im Prinzip eine neue Grenzverletzung.

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Individuell werden die Konsequenzen innerhalb der Malteser besprochen

Wie mit Vorkommnissen umgegangen wird, sei höchst individuell. Entscheidend sei dabei auch, ob ein Macht- oder Altersgefälle ausgenutzt wurde. Es könne ein Mitwirkungsverbot ausgesprochen werden, das den Mitarbeiter aus gewissen Diensten ausschließt. Er darf dann beispielsweise nicht mehr mit ins Jugendlager fahren, könnte bei einem Katastropheneinsatz aber in der Feldküche mitarbeiten. Möglich sei in gravierenden Fällen auch ein Tätigkeitsverbot, das meist mit einem Vereinsausschluss einhergehe.

Wie in vielen Vereinen beginnen auch bei den Maltesern Liebesgeschichten und Ehen, so von Contzen, ebenso häufig würden aber auch Signale fehlinterpretiert. Wichtig sei dann, auszuloten, wie es mit den Betroffenen weitergehen kann, welche Nähe möglich, welche Grenzen wichtig seien.

Maren von Contzen betont, dass sie kontinuierlich Fälle aufarbeite. Im vergangenen Jahr seien es landesweit 34 konkrete Ereignisse gewesen. Hinzu kommen Beratungen, Fortbildungen, Vor-Ort-Besuche: „Ich freue mich über hohe Meldezahlen. Es heißt, dass endlich angesprochen wird, was schon immer da war.“

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>> DIE MALTESER IN DUISBURG

  • Die Malteser begleiten im Ehrenamt das ganze Leben, vom Säuglingsbesuchsdienst bis zum Hospiz.
  • Zu den Aufgaben der Malteser gehört die Ausbildung von Ersthelfern, der Katastrophenschutz, der Sanitäts- und Rettungsdienst.
  • Die Malteser bieten einen Hausnotruf, einen Schulbegleitdienst und ein Seniorencafé. Der Herzenswunsch-Krankenwagen erfüllt unheilbar kranken Menschen letzte Wünsche.
  • Zum weiteren Engagement gehören die Jugendarbeit und das Angebot einer medizinischen Behandlung für Menschen ohne Krankenversicherung.
  • Weitere Infos gibt es auf der Webseite www.malteser.de

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Dieser Artikel wurde erstmals am 9.7.2024 veröffentlicht.