Duisburg. Zufahrt plötzlich versperrt: Der Verein für Deutsche Schäferhunde hat Streit mit den Wirtschaftsbetrieben Duisburg. Er fürchtet das Vereins-Aus.

Als Sportstadt will Duisburg deutschlandweit bekannt werden. Für eine Marketingkampagne hat man sich extra den Slogan „Duisburg ist echt ... sportlich“ überlegt. Echt unsportlich findet allerdings der Verein für Deutsche Schäferhunde, wie die städtischen Wirtschaftsbetriebe (WBD) mit ihm umgehen. Wegen eines Streits mit den WBD sieht er sich in seiner Existenz bedroht.

Verein in Duisburg: nach 70 Jahren plötzlich Zufahrt verboten?

Seit 72 Jahren hat die Wanheimer Ortsgruppe des Vereins Sitz und Trainingsgelände am Anfang des Biegerparks; dort, wo die Angertaler Straße übergeht in die Angerhauser Straße. Gegenüber der Reihenhäuser auf der anderen Straßenseite führt ein Weg in den Park und zum Hundesportverein. Plötzlich aber heißt es: Zufahrt verboten.

Mensch und Hund können zwar weiterhin zum Vereinsgelände gelangen, aber nur zu Fuß beziehungsweise Pfote. Für den Verein ist das weit mehr als eine lästige Unbequemlichkeit: Er fürchtet wegen des Zufahrtverbots das Aus.

Andrea Czok ist Vorsitzende der Ortsgruppe Wanheim des Vereins für Deutsche Schäferhunde.
Andrea Czok ist Vorsitzende der Ortsgruppe Wanheim des Vereins für Deutsche Schäferhunde. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

„Das ist die einzige Zufahrt“, sagt die Vereinsvorsitzende Andrea Czok. Heißt in der Praxis: Mit dem Anhänger für den Hund aufs Gelände fahren? Ist jetzt verboten. Getränke bringen lassen für Veranstaltungen? Unmöglich. Heizöl liefern lassen? Geht nicht mehr.

„Ich habe hier Laufen gelernt, meine Kinder haben hier Laufen gelernt.“

Andrea Czok
Vorsitzende des Vereins für Deutsche Schäferhunde Duisburg-Wanheim

Dabei ging es jahrzehntelang. „Wir sind seit über 70 Jahren hier auf dem Gelände“, sagt Andrea Czok. Allein ihr Vater führte 30 Jahre lang den Vorsitz des Vereins. „Ich habe hier Laufen gelernt, meine Kinder haben hier Laufen gelernt.“

Dann fand sie im Nachlass ihrer plötzlich verstorbenen Vorgängerin ein Schreiben der Wirtschaftsbetriebe: Die Zufahrt sei dem Verein verboten. Ein Telefonat mit den Wirtschaftsbetrieben beruhigte sie: Ein Mitarbeiter habe sich zugänglich gezeigt, eine Lösung in Aussicht gestellt. Bis dahin solle der Verein die Wege weiter nutzen.

Mit dem Auto zum Vereinsheim fahren: Strafe von 250 Euro droht

„Dann kam das zweite Schreiben.“ Erneut untersagten die WBD den Vereinsmitgliedern, über den Weg am Anfang des Biegerparks ihr Vereinsgelände anzufahren. Bei Zuwiderhandlung drohe eine Strafe von 250 Euro. „Dann war erstmal Aufregung“, sagt Czok.

Normalerweise finden beim Verein für Deutsche Schäferhunde in Wanheim zweimal pro Jahr Prüfungen statt, bei denen Teams aus Mensch und Hund ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen; alle zwei Jahre findet vor Ort außerdem eine große Hundesportveranstaltung statt.

Trainiert wird bei der Ortsgruppe Wanheim des Vereins für Deutsche Schäferhunde noch. Prüfungen können ohne Zufahrtmöglichkeit aber nicht stattfinden, sagt der Verein. Er befürchtet deshalb das Aus.
Trainiert wird bei der Ortsgruppe Wanheim des Vereins für Deutsche Schäferhunde noch. Prüfungen können ohne Zufahrtmöglichkeit aber nicht stattfinden, sagt der Verein. Er befürchtet deshalb das Aus. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Genau das ist Zweck des Hundesportvereins – und eine wichtige Einnahmequelle. Seit Frühjahr 2023 aber, seit dem Wegeverbot durch die Duisburger WBD, findet in Wanheim nichts mehr statt. „Wenn das so weitergeht, sind wir bald in den Miesen“, sagt Vorstandsmitglied Ralf Smets. Der Verein bangt um seine Existenz.

„Dann haben wir bei sonnigem Wetter gegrillten Hund.“

Ortsgruppenvorsitzende Andrea Czok zum Parken an der Straße

Denn wenn die Halter ihre Hunde nicht auf den Platz fahren dürfen, wo die Tiere in Anhängern auf ihren Einsatz warten: Wohin dann mit den Hunden? Statt auf dem Vereinsgelände an der Straße zu parken, sei keine Alternative, sagt Andrea Czok: „Dann haben wir bei sonnigem Wetter gegrillten Hund.“ Und: An der Straße herrscht, im Gegensatz zur vereinseigenen Fläche, ständig Bewegung. Das bringt Unruhe; so mancher Hund schlägt dann an.

Zufahrt zum Vereinsheim verboten: massive Probleme für Duisburger Verein

Auch die weitere Vereinslogistik ist plötzlich problematisch bis unmöglich: Getränkekisten für eine Veranstaltung, bisher vom Lieferdienst zum Vereinsheim gebracht, müssen die Mitglieder jetzt selber schleppen, und das ziemlich weit. Nicht tragbar ist für sie etwas anderes: Heizöl. 3500 Liter fasst der Tank im Vereinsheim, gefüllt wurde er zuletzt im Winter 2022. Vor dem kommenden Winter wird die nächste Lieferung nötig. Aber wie, solange die Zufahrt verboten ist?

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„Wir haben Wegerecht“, sagt Ralf Smets. Nur: Das wurde nie schriftlich festgehalten. Anfangs, nachdem die Wirtschaftsbetriebe die beiden Wege zur Zufahrt des Vereins mit Pollern verbarrikadiert hatten, gab es Schlüssel für die Sperren. „Wir fahren ran, klappen die um, stellen die wieder auf. Jedes Mitglied, das hier runterfährt, hat einen Schlüssel“, beschreibt der zweite Vorsitzende Werner Loockmann das Vorgehen.

Im Schreiben der WBD aber ist die Rede von Fahrzeugen, die in den Biegerpark fahren, dazu die Poller entfernen und liegenlassen. Der Verein für Deutsche Schäferhunde weist ein solches Vorgehen von sich. „Hier fahren täglich etliche private Pkw: zum Biergarten, zum Kleingartenverein – und wir sind der Buhmann“, ärgert sich Vorstandsmitglied Smets.

Verein für Deutsche Schäferhunde schlägt Lösung vor – WBD lehnt sie ab

Die Hundehalter machen einen Vorschlag, der das Problem lösen würde: Die Wirtschaftsbetriebe mögen die Poller einfach keine hundert Meter weiter versetzen, hinter die Weggabelung zum Vereinsheim. Auf diese Weise könnten die Hundesportler ihr Vereinsgelände nutzen wie in den vergangenen Jahrzehnten, und der Biegerpark wäre vor unbefugtem Befahren geschützt.

Dieser Lösung erteilen die Wirtschaftsbetriebe eine Absage. „Es handelt sich bei den beiden Wegen um ausgewiesene Geh- und Radwege, welche nicht für Pkw frei gegeben sind. Ein Versatz der Absperrung ist daher zunächst nicht vorgesehen“, sagt WBD-Sprecherin Silke Kersken.

WBD: Verein hatte nie die Erlaubnis, die Wege zu befahren

Sie betont: Die beiden Wege mit Autos zu befahren, sei schon immer verboten gewesen. „Eine Gestattung zur Befahrung wurde nie erteilt.“ Das Schreiben an den Hundesportverein erklärt sie mit Beschwerden an die WBD, Mitglieder des Hundesportvereins würden „vermehrt die öffentliche Grünanlage befahren, die Poller entfernen und diese in der Grünanlage liegen lassen.“ Von wie vielen Anwohnern es Beschwerden gab, beantworten die Wirtschaftsbetriebe nicht.

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Die Wege zum Verein seien „seit Jahren“ gesperrt; seit wann genau, darauf gibt es keine Antwort. Bilder von Google Street View zeigen: Im August 2022 war zumindest einer der beiden Wege noch nicht versperrt. Schlüssel für die Poller sind dem Verein laut Wirtschaftsbetrieben nie ausgehändigt worden. Aber: „Alle Poller können mit einem handelsüblichen Dreikantschlüssel geöffnet werden.“

Das taten die Mitglieder nach eigenen Angaben. Nur: „Die Wege zum Hundeverein befinden sich im Eigentum der Stadt Duisburg und gehören zur öffentlichen Grünanlage Biegerpark“, sagt WBD-Sprecherin Silke Kersken. Damit dürfen sie vom Verein nicht mit Kfz befahren werden – der Grund für das Anschreiben an den Verein für Deutsche Schäferhunde.

Wirtschaftsbetriebe Duisburg wollen Lösung mit Verein finden

Mehrfach hat sich der Verein seitdem an die Wirtschaftsbetriebe gewandt. Von dort wurde ihm im Oktober 2023 „kurzfristig eine Rückmeldung“ angekündigt. Die gab es bisher nicht. Auf Anfrage unserer Redaktion kündigen die WBD jetzt an, es sei „in Kürze ein Gespräch mit dem Verein geplant, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen.“

Sprecherin Silke Kersken sagt: „Natürlich ist uns die besondere Lage des Vereinsgeländes bekannt. Es ist unser Ziel, eine Lösung zu finden, die sowohl den Bedürfnissen des Vereins gerecht wird, gleichzeitig aber auch die Sicherheit und den Zugang für die übrigen Parknutzer sowie die Schülerinnen und Schüler des angrenzenden Schulzentrums Süd gewährleistet.“

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  • Der Verein für Deutsche Schäferhunde hat seinen Sitz in Augsburg.
  • Bundesweit hat er nach eigenen Angaben 60.000 Mitglieder in rund 2.000 Ortsgruppen.
  • In der Ortsgruppe Wanheim sind zwischen 30 und 40 Mitglieder organisiert. Sie sind zwischen 6 und 80 Jahre alt.
  • Seit dem Streit mit den Wirtschaftsbetrieben sorgt sich die Wanheimer Ortsgruppe um ihre Mitglieder. Der zweite Vorsitzende Werner Loockmann sagt: „Viele sind weggegangen, seit wir nicht mehr weiter dürfen.“