Duisburg. Die Duisburger Genossenschaft, die das Mercatorhaus realisieren wollte, ist Geschichte. Gibt es dennoch Hoffnung auf einen Bau? So gehts weiter.
Die Genossenschaft, die das historische Mercatorhaus im künftigen Mercatorquartier in der Duisburger Altstadt bauen sollte, ist Geschichte. Am Montagnachmittag hat sich die Vereinigung aufgelöst. Das Geld, das die mehr als 80 Mitglieder eingebracht haben, immerhin rund 350.000 Euro, wird zurückgezahlt. Damit ist eine Realisierung der Wirkungsstätte von Duisburgs wohl berühmtesten Gelehrten in weite Ferne gerückt. Einer Beerdigung sollte die Versammlung im Kultur- und Stadthistorischen Museum allerdings nicht gleichen.
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„Ich trage zwar eine dunkle Krawatte, aber vielleicht findet sich irgendwann ein Zeitfenster, wo es noch einmal die Chance für das Mercatorhaus gibt“, erklärt Prof. Ulrich Radtke, ehemaliger Rektor der Universität Duisburg-Essen und Aufsichtsratschef der Genossenschaft. Auf einem Banner steht noch geschrieben: „Wir bauen das Mercatorhaus.“ Den meisten Anwesenden dürfte da aber längst klar sein, dass das so schnell nichts wird.
Baukosten explodieren: Duisburger Baugesellschaft Gebag prüft jedes Vorhaben
Die Preise für Neubauten sind in den vergangenen Monaten explodiert. Die städtische Baugesellschaft Gebag, die inzwischen für die restliche Entwicklung des Geländes zwischen Gutenberg-, Post- und Oberstraße verantwortlich ist, hat sämtliche Wohnungsbauprojekte auf Eis gelegt – da ist die Umsetzung eines Liebhaberprojektes nicht vermittelbar.
Die Idee hat ohnehin eine lange Vorgeschichte. Früher hat auf dem Areal in bester Innenstadtlage eine Schule gestanden. Als diese abgerissen wurde, um ein neues Wohnviertel zu errichten, fanden Archäologen die Grundmauern und das Kellergewölbe vom Wohn- und Arbeitshaus des Kartographen und Gelehrten Gerhard Mercator. 2013 gab die Bürgerstiftung Duisburg eine Machbarkeitsstudie zum Nachbau des Hauses in Auftrag.
„Danach schlossen sich einige aktive Bürger zusammen und beschlossen, das Mercatorhaus wieder aufzubauen“, erinnert sich Klaus Becker von der Bürgerstiftung und Vorstand der 2018 gegründeten Genossenschaft. Denn Geld war auch damals schon knapp. Interessierte Privatpersonen, Firmen und Institutionen konnten Mitglied werden und einen Anteil von 100 Euro zeichnen. Einige kauften direkt mehrere Anteile. Eine Verzinsung von vier Prozent wurde versprochen und die Tatsache, dass man ein bisschen Miteigentümer des Mercatorhauses werden konnte. 350.000 Euro kamen auf diese Weise zusammen. Der Eigenanteil und ein Kredit von Duisburger Banken sollte dafür sorgen, dass das millionenschwere Bauprojekt realisiert werden sollte. Geld, das nun an die Mitglieder zurückgezahlt wird.
Uni Duisburg-Essen sollte die Räume teilweise nutzen
Außerdem musste überlegt werden, wer die Räume nutzen könnte. Die Uni wurde mit ins Boot geholt, schließlich befand sich die erste Hochschule Duisburgs im Jahr 1654 in der Altstadt. Zudem sollte es in dem Haus Angebote aus dem Bereich kultureller Bildung für eine breite Zielgruppe geben. „Damit wird das Haus wie zu Gerhard Mercators Lebzeiten zu einem Ort der Begegnung, des Wissens, Lernens und Austauschs“, stellten sich die Macher seinerzeit vor.
„Der immaterielle Wert des Hauses ist Höher als der materielle und schwierig zu bemessen, wenn es um Zahlen geht“, weiß Prof. Radtke. Sämtliche geschichtsinteressierte Vertreter der Genossenschaft, aber auch Oberbürgermeister Sören Link, der zu der Versammlung ins Museum gekommen war, beeilten sich denn auch zu sagen, dass sie weiterhin an eine Umsetzung der Pläne glauben. „Das Mercatorhaus wird gebaut werden. Aber da es bislang aus unterschiedlichen Gründen nicht realisiert werden konnte, werden wir uns jetzt für den nächsten Anlauf und vor allem für eine sinnvolle tragfähige Nutzung Zeit lassen, auch angesichts der aktuellen Zins- und Baukostensituation. Es ist jetzt Geduld gefragt, bis es ein finanzierbares Konzept gibt“, erklärt Oberbürgermeister Sören Link den Status quo.
Was denn mit der Baulücke passiere, wenn das Haus später gebaut werde, fragte Pfarrer Martin Winterberg von der evangelischen Gemeinde Alt-Duisburg. Mit der Salvatorkirche gehört er quasi zur Nachbarschaft. Das Gotteshaus, das Rathaus und das Mercatorhaus könnten künftig als stadtgeschichtliches Areal stärker wahrgenommen werden. „Nichts ist dauerhafter als eine Übergangslösung“, weiß er. Die Marienkirche der Gemeinde liegt schließlich ebenfalls an einer Ewigkeitsbaustelle, nämlich neben dem Loch an der Steinschen Gasse. „Dafür werden wir uns was einfallen lassen“, verspricht Link. Stadtarchäologe Dr. Kai Thomas Platz betont, dass an den Mauern und dem Gewölbe Vorkehrungen getroffen wurden, damit diese nicht beschädigt werden.
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„Uns bleibt keine andere Wahl, als die Genossenschaft aufzulösen, wenn der Zweck, der Bau des Mercatorhauses, nicht von uns realisiert wird“, sagt Klaus Becker. Er hat sich stark engagiert und immer davon geträumt, irgendwann seinen 80. Geburtstag in dem Gebäude ausrichten zu können. Inzwischen ist er 81 Jahre alt, gefeiert wurde der Runde im vergangenen Jahr im Landhaus Milser. Aufgeben will er aber nicht. „Meine Ärzte haben gesagt, der Einsatz fürs Mercatorhaus halte mich jung.“