Duisburg-Rheinhausen. Konkrete Hilfe: Die Alevitische Gemeinde sammelt Geld für die Opfer des Erdbebens. So helfen die Rheinhauser persönlich vor Ort in der Türkei.
Als das Telefon klingelt, sitzt Zeki Çakir vor dem Fernseher. Seit dem Erdbeben am Montag läuft das Gerät ohne Pause. Live-Bilder aus der Türkei und Syrien erreichen auf diesem Wege den Duisburger Westen. „Wir sind hier alle schockiert“, sagt der Vorsitzende der Alevitischen Gemeinde Duisburg, die ihren Sitz in Rheinhausen hat. 450 Familien gehören zur Gemeinschaft. Viele von ihnen haben Verwandte im Erdbebengebiet der Türkei. Und manche hat die grausame Nachricht erreicht, dass ihre Liebsten in dem Land, wo die familiären Wurzeln sind, durch die Naturgewalt ihr Dach über dem Kopf verloren haben, dass sie schwer verletzt wurden oder in den Trümmern ihrer Häuser sogar ums Leben gekommen sind.
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Was könnten wir tun, um zu helfen? Um diese Frage dreht sich in der Rheinhauser Glaubensgemeinschaft momentan alles. „Es sind noch so viele, die unter den Trümmern auf Hilfe warten“, beschreibt Zeki Çakir die kaum auszuhaltenden Bilder, die er im Fernsehen sieht. Stündlich klettert die Zahl der gemeldeten Toten. Irgendwo zwischen 8 000 und 11 000 ist sie während unseres Telefonats angekommen. „Die Zustände vor Ort sind aktuell chaotisch, da können wir noch nicht hin“, sagt der Vorsitzende der Aleviten. Deshalb konzentrieren sich die Rheinhauser jetzt erst mal auf das, was sie jetzt leisten können: Spendengelder sammeln.
Die Betonung liegt in diesem Fall tatsächlich auf „Geld“, denn das, so Çakir, ist nach seiner Erfahrung die beste Soforthilfe. Er erinnert sich an den 24. Januar 2020, als der Osten der Türkei zuletzt von einem Erdbeben erschüttert wurde. „Das war kein Vergleich mit diesem“, sagt er. Aber auch damals gab es große Not. „Wir haben 2020 auch Geldspenden gesammelt und sind persönlich in die Erdbebenregion gefahren, um zu helfen.“
Mit Fatma Yaşar, die ebenfalls Vorsitzende ist, hat Zeki Çakir gemeinsam mit Helfern vor Ort im Krisengebiet von dem Geld aus Rheinhausen Nahrungsmittel und die nötigsten Utensilien für die Grundausstattung an bedürftige Familien verteilt. „Wir sind mit dem Lkw von Ort zu Ort gefahren.“ Und er hat gesehen, wie die Leute dort bei Kälte vor ihren zerstörten Häusern leben mussten. „Das war ja auch im Winter.“
Die Aleviten aus Rheinhausen helfen persönlich im Erdbebengebiet in der Türkei
Jetzt ist es wieder so – und noch viel schlimmer. Ihre Hilfe will die Alevitische Gemeinde genau so wie vor zwei Jahren organisieren. Dadurch, dass sie persönlich hinfahren, können sie den Menschen garantieren, dass die Spenden dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Eingekauft werden die Lebens- und Hilfsmittel erst in der Türkei. „Das ist viel einfacher, als die Sachen dorthin zu transportieren“, hat Çakir selber schon erlebt. „Mit einem Lkw voller Sachen kommen sie nicht so einfach über die Grenze. Das ist ein riesiger Aufwand.“ Alles müsse vor der Einreise aufgelistet und von Behörden genehmigt werden. Der Zeitplan für die schnelle Hilfe steht: Noch bis zum 16. Februar wird die Alevitische Gemeinde Geldspenden sammeln und sich dann auf den Weg machen.
Einladung zum Gebetsabend bei den Aleviten in Duisburg-Rheinhausen
Bis dahin ist das Gemeindehaus an der Friedrich-Alfred-Straße 182 in Rheinhausen auch Anlaufstelle für alle, denen die Katastrophe nahegeht. Am Donnerstag, 9. Februar, wird es hier einen besonderen Gebetsabend geben: „Unser Dachverband hat dazu aufgerufen, dass alle Alevitischen Gemeinden in Deutschland am Donnerstag gemeinsam für die Opfer des Erdbebens beten“, sagt Zeki Çakir. Ab 18 Uhr geschieht das auch im Rheinhauser Cemhaus, der Gebetsstätte der Aleviten. Aber auch wer nicht Mitglied der Gemeinde ist, ist willkommen. „Unser Haus ist offen.“ Es wird nicht nur gebetet, sondern auch über die Hilfsaktion geredet. Wer Fragen dazu hat, wie das Spendengeld genau eingesetzt wird, der kann darüber mit den Organisatoren besprechen.
Rheinhausens Bezirksbürgermeisterin Elisabeth Liß: „Ich bin bestürzt.“
Austausch, Miteinander und Mitgefühl – das macht für Elisabeth Liß das Menschsein in Zeiten wie diesen aus. Es fällt der Bezirksbürgermeisterin am Telefon hörbar schwer, ihre persönliche Betroffenheit in Worte zu fassen: „Ich bin bestürzt“, sagt sie, die seit Montag auch die Nachrichten und Fernsehbilder verfolgt. Das greift sie nicht nur seelisch, sondern auch körperlich an. „Das geht mir so nah, das spüre ich auch in Herz und Bauch.“ Die Welt komme gar nicht mehr zur Ruhe.
Sachspenden werden an die zentrale Sammelstelle in Duisburg-Homberg weitergeleitet
Viele wenden sich momentan auch an sie mit der Frage, wie sie helfen können. „Ich denke, dass es jetzt tatsächlich das Geld ist, das schnell helfen kann.“ Aber auch Sachspenden können weitergeleitet werden. „Grade habe ich zwölf Heizlüfter als Spende vom Rheinhauser „Elektro Outlet“ angeboten bekommen. Die leitet sie weiter an die zentrale Sammelstelle, die die Stadt auf der Feuerwache in Homberg eingerichtet hat.
Elisabeth Liß ist außerdem dabei, eine ganze Reihe an Aktionen zu planen. Zum Beispiel eine Benefizaktion für die Opfer des Erdbebens, die am 4. März im Kom’ma-Theater stattfinden soll. „Noch ist nichts spruchreif“, sagt sie. Aber sie ist überzeugt davon, dass es auch solche kleinen Dinge sind, mit denen die Rheinhauser die Not leidenden Menschen in der Türkei unterstützen können.
>>> HIER KANN FÜR DIE ERDBEBENOPFER GESPENDET WERDEN:
- Die „Alevitische Gemeinde Duisburg E.V.“ hat für ihre Erdbebenhilfe ein Spendenkonto eingerichtet: IBAN: DE20 3505 0000 0251 0100 88; BIC: DUISDE33XXX, der Verwendungszweck lautet: Erdbeben 2023.
- Wer sich vor Ort mit den Mitgliedern der Gemeinde austauschen möchte, kann das am Donnerstag, 9. Februar, an der Friedrich-Alfred-Straße 182 in Rheinhausen tun. Um 18 Uhr öffnet die Türe des Gemeindehauses für Gespräche und Gebete. Mehr Information www.alevi-du.com. E-Mail info@alevi-du.com, Tel.: 02065 67 63 26.
- Eine zentrale Sammelstelle für Sachspenden hat die Stadt Duisburg auf der Feuerwache 5 in Homberg, Rheindeichstraße 22, eingerichtet. Informationen dazu, was genau hier angenommen wird und zu welchen Uhrzeiten findet man unter www.duisburg.de. Kontakt für dringende Rückfragen: 0203/308-3957, Mail: feuerwehrbetriebe@feuerwehr.duisburg.de.