Duisburg. Corona und Ukraine-Krieg beuteln die Wirtschaft. Dennoch ist der Umgang mit dem Fachkräftemangel ein Topthema beim Unternehmertag in Duisburg.
Das hätte Marcus Korthäuer nie gedacht: Aber beim Unternehmertag in Duisburg hätte er lieber über Corona gesprochen als über die aktuelle wirtschaftliche und politische Lage.
Der Krieg in der Ukraine, so der Vorstandsvorsitzende des Unternehmerverbandes, habe alles verändert und wie die Pandemie vor Augen geführt, dass die globale Wirtschaft von vielfältigen Rahmenbedingungen abhängig sei. „Ethik und Moral gehören dazu, viel stärker als zuvor“, stellt Korthäuer in seiner Rede vor zahlreichen Gästen aus Wirtschaft und Politik im Haus der Unternehmer klar. „Werden diese Rahmenbedingungen gestört, kommt das gesamte Konstrukt ins Stocken.“
Korthäuer beim Unternehmertag in Duisburg: „Die Inflation gerät außer Kontrolle“
Kosten für Rohstoffe und Energie seien nicht mehr kalkulierbar. „Unsere Wertschöpfungs- und Lieferketten reißen jeden Tag an einer anderen Stelle“, so Korthäuer. „Unsere Erzeugerpreise explodieren. Die Inflation gerät außer Kontrolle.“
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Und dennoch: Trotz der Pandemie- und Kriegsfolgen sei der Fachkräftemangel weiter ein Topthema in den Unternehmen. 2022 gehen laut Korthäuer in Deutschland über 300.000 Menschen mehr in den Ruhestand als in den Arbeitsmarkt eintreten.
Fachleute werden oft mit der Lupe gesucht
In den sogenannten MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Natur- und Ingenieurwissenschaft und Technik) würden schon seit geraumer Zeit Fachleute mit der Lupe gesucht. Dem Handwerk fehle der Nachwuchs und Trucker wolle sowieso niemand mehr werden. „Wer erfindet, baut und repariert in Zukunft, wer transportiert die Waren?“, fragt der Vorstandsvorsitzende des Unternehmerverbandes.
Er fordert deshalb von der Bundes- und Landesregierung, qualifizierte Zuwanderung schnellstmöglich zu erleichtern und das Bildungssystem konsequent auf die Zukunft auszurichten. „Deutschland tut zu wenig für seine wichtigste Ressource: gut ausgebildete Menschen. Hier brauchen wir geradezu eine Revolution!“
Außerdem müsse anders gelehrt werden. Diese These vertritt auch Rona van der Zander. Die Arbeits- und Bildungsexpertin referiert zum Thema des Abends „New Work vs. Fachkräftemangel – ohne bessere Bildung ist alles nichts“. Sie sagt: „Wir bilden immer noch für das Industriezeitalter aus, während sich die Arbeitswelt immer schneller verändert und immer digitaler wird.“
Sprung von der Industrie- in die Wissensgesellschaft
Menschen, betont van der Zander, die jetzt in den Arbeitsmarkt eintreten, „werden bis zu 30 verschiedene Arbeitstellen in ihrem Leben haben – und in Zukunft sieben unterschiedliche Berufe“. Angesichts immer kürzerer Innovationszyklen „stehen wir an dem Punkt, dass wir den Sprung von der Industrie- in die Wissensgesellschaft schaffen müssen“.