Duisburg-Rheinhausen. „Grrrls“ heißt das neue Stück, das am Samstag im Rheinhauser Kom’ma-Theater Premiere feierte. Es ist ein verrücktes und mitreißendes Road-Movie.
Es ist schon gemein, an seinem elften Geburtstag in eine dunkle Garage eingesperrt zu werden. Und das von den eigenen Mitschülern. Doch irgendwie gelangt die pubertierende Fritzi zurück ans Licht und erlebt von da ab ein Road-Movie, ja eine Geschichte, irgendwo zwischen „Thelma & Louise“ und „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ für Mädchen, die den 90 Zuschauern im gut gefüllten Rheinhauser Kom`ma-Theater ständig den atemberaubenden Spagat zwischen Realität und Fiktion offenhält.
Gefühlt 587 Sommersprossen
„Grrrls“ ist ein abgefahrerer Coming-of-Age-Trip von der Theaterschreiberin Uta Bierbaum. Fritzi (grandios gespielt von Kaja Hansen) hat gefühlt 587 Sommersprossen, das ist auch ein Grund, warum sie in der Schule gehänselt wird. „Und keinen Busen“, wie sie sagt. Ohne Freunde, die die Zeit mit ihr verbringen wollen, geht sie an ihrem Ehrentag traurig zu ihrer ausgeflippten Oma Luzy (Renate Frisch). Die hat die verrückte Idee mit ihrem alten schwarzen Volvo eine Geburtstag-Tour nach Bielefeld zu machen. „Bielefeld – gibt’s das überhaupt“, entgegnet das Geburtstagskind konsterniert.
Nicht nur dadurch wird die Surrealität der Geschichte dem Theaterzuschauer suggeriert – auch die ständige Introperspektive in die Gefühle der Hauptperson legt die melancholische, aber auch lebenslustige Seite von Fritzi offen; aber gleichzeitig durchleben die Zuschauer noch mal ihre eigene Pubertät mit den Irrungen und Wirrungen – mit ihrem ganzen Körpereinsatz bringt die junge Nachwuchsschauspielerin diese vertrackte Gefühlswelt auf die Bühne und fesselt das Publikum. Und da gibt es noch Ella, das in der Welt umhertingelnde junge Model, („New York, Rio, Tokyo“) die einst eine Freundin von Fritzi war und natürlich – Sven, den sie am liebsten an ihrem Geburtstag küssen möchte. „Ich weiß nur nicht, ob mit Zunge oder nicht“, sagt sie als Running-Gag.
Spanner aus der Toilette vertrieben
Doch heraus aus diesen einengenden Klischees von Schönheit und Patriarchat gelangt sie, als sie auf einer Autobahnraststätte kurz vor Bielefeld die burschikose Nowak trifft (mitreißend verkörpert von Stephanie Lehmann), die mit jungenhafter Kurzhaarfrisur und Hosenträgern daherkommt und in kein Raster aus Fritzis Welt passt. Zusammen beschimpfen sie einen Spanner, der sich in die Frauentoilette eines Raststättenklos gewagt hat. Und Fritzi spürt geradezu die Befreiung durchs Schreien – nachdem sie sich lange genug mental darauf vorbereitet hat, was auch für Gelächter im 2 G gecheckten Publikum sorgt.
Mal eben die Welt auf den Kopf gestellt
Hier gibt es mehr Artikel aus dem Duisburger WestenJedenfalls stellt Nowak Fritzis Welt mal eben auf den Kopf. „In Oakland Neuseeland auf der anderen Seite der Welt, da ist es bestimmt genauso“, sagt Fritzi irgendwann metaphorisch. An einer Tankstelle füllen sie Benzin ein und flüchten, ohne zu bezahlen. Von der Polizei gestellt setzen sich die jungen Feministinnen gegen die männlichen Beamten in einer Genderdebatte zur Wehr, und entkommen zur Ostsee – oder ist es doch Kalifornien am Ende, wie bei „Thelma und Louise“? Eine Frage, die offen bleibt, genauso wie, ob alles nur ein Traum war...