Duisburg-Rheinhausen. In Duisburg-Rheinhausen treffen sich regelmäßig Angehörige von Alkoholkranken. Warum die Krankheit nicht nur für Betroffene belastend ist.

Eine Alkoholsucht ist nicht nur für Trinker selbst belastend, sondern auch für dessen Angehörige. Für diese gibt es auch in Rheinhausen eine Selbsthilfegruppe von Al-Anon. Die Selbsthilfegemeinschaft wurde vor mehr als 70 Jahren in den USA gegründet und hat rund 24.000 Gruppen in über 115 Ländern. Irmgard aus Hochheide und Bärbel gehen seit vielen Jahren zu den Treffen ihrer Gruppe.

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„Wir arbeiten ganz anonym“, erklärt Irmgard. Deswegen wollen die beiden auch in der Zeitung nur ihre Vornamen lesen. Denn auch in der Gruppe sei das das Einzige, das die Mitglieder voneinander wissen. „Auch unsere Berufe wissen wir nicht. Wir erzählen hier von unseren Erlebnissen.“ Dabei ähneln sich die Geschichten immer etwas, sagt Bärbel. „Da zieht sich ein roter Faden durch.“

Al-Anon in Rheinhausen: Alkoholsucht ist für die ganze Familie belastend

Al-Anon sei wie eine Therapiestunde, sagt Irmgard. Bärbel kann sich dort öffnen, sagt sie. „Ich habe immer nur darauf geachtet, dass es unserer Familie gut geht. Aber es ist wichtig, auf sich selbst zu achten und einen Tag nach dem anderen zu leben.“

Dabei sei der Alkoholismus für die ganze Familie belastend, erklärt Irmgard. „Das ist für mich das Schlimmste, dass die Kinder in Mitleidenschaft gezogen werden.“ So war es auch bei ihrer Familie. Ihr Mann war lange alkoholkrank. „Irgendwann hat jeder Alkoholiker den Punkt, an dem er Suizidgedanken bekommt“, sagt Irmgard. „Einmal habe ich unsere Kinder oben weinen hören. Mein Mann hatte ihnen gesagt, er wolle sich das Leben nehmen.“

Trotz des Trinkens hätten ihre Männer nicht dem Stereotyp eines Alkoholikers entsprochen, sagen die Frauen. „Mein Mann wurde alkoholkrank und ist dann relativ früh verstorben. Es hat mich alles viele Tränen gekostet“, erzählt Irmgard. „Aber unsere beiden Männer sahen trotz allem nicht so aus, dass man sagen würde ‚die gehören in die Gosse‘. Er ging ja auch weiter arbeiten.“

Gruppe für Angehörige von Alkoholkranken in Duisburg unterstützt

Auch Bärbels Mann sei nicht aggressiv gewesen, wenn er getrunken hatte. „Aber wir waren selbstständig und durch das Trinken hat er alles fallen lassen. Ich dachte, ich müsse noch mehr übernehmen. Bis ich zusammengebrochen bin.“

Den Weg zu Al-Anon hat sie vor 15 Jahren nach ihrem Zusammenbruch gefunden. Damals wurde ihr Mann alkoholkrank und sie pflegte ihre Schwiegermutter. „In der Reha riet man mir, zu Al-Anon zu gehen. Meine älteste Tochter und mein Mann sind beide an den Folgen des Trinkens gestorben. Ich bin froh, dass ich den Weg zu Al-Anon gefunden habe, denn ohne hätte ich besonders den Tod meiner Tochter nicht verkraftet.“

Bei ihren Treffen arbeiten die Al-Anon-Gruppen auch mit dem Zwölf-Schritte-Programm der Anonymen Alkoholiker. „Der erste Schritt davon ist zuzugeben, dass wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind. Das gilt für den Alkoholiker und für dessen Angehörige“, erklärt Irmgard. Und einmal im Monat kommen von den Anonymen Alkoholikern auch einige zu den Al-Anon-Treffen. So lerne man auch die Sicht der Alkoholiker kennen, berichtet Bärbel. „Denn wir dachten ja immer, wir würden alles richtig machen. Aber das ist nicht so.“

Al-Anon in Rheinhausen: „Viele haben kein Selbstwertgefühlt“

Viele Angehörige denken, sie hätten durch eigene Fehler dazu beigetragen. „Wichtig ist: Niemand ist schuld am Trinken des anderen“, betont Bärbel. Und Irmgard ergänzt: „Trinker finden immer einen Grund zu trinken.“ Neue Besucher werden bei Al-Anon immer herzlich begrüßt. Die meisten trauen sich zu Beginn nicht etwas zu sagen. „Viele, die zu uns kommen, haben gar kein Selbstwertgefühl“, erklärt Bärbel.“ Aber bei Al-Anon darf jeder reden und besonders wichtig: „Es muss nicht jeder etwas sagen. Man kann auch einfach nur zuhören. Aber jeder darf ausreden“, sagt Irmgard.

Doch viele kommen mit anderen Erwartungen zu den Treffen. „Viele kommen zu uns und denken, wir könnten ihnen sagen, was zu tun ist, damit der Alkoholiker trocken wird“, sagt Bärbel. Das könne man aber gar nicht, so Irmgard. „Wir geben ja keine Ratschläge. Man kann eben nichts machen, damit der Alkoholiker aufhört zu trinken. Ein Trinker wird nicht für andere trocken.“

Früher dachte man, Alkoholiker haben selbst Schuld an ihrem Schicksal, berichtet Irmgard. „Heute ist es als Krankheit anerkannt. Und für eine Krankheit kann niemand etwas.“ Es gebe aber Wege da herauszukommen und das müsse man begreifen.

Jeder ist gleichwertig in der Gruppe für Angehörige von Alkoholkranken

„Auch wichtig ist Ehrlichkeit. Zu sich selbst und zu den anderen“, setzt Irmgard fort. „Denn es ist ein Lebensprogramm und kein Kaffeeklatsch. Ich habe mittlerweile keinen nassen Alkoholiker mehr, aber ich gehe gerne zu Al-Anon, weil es guttut.“

Neue Besucher verstünden beim ersten Besuch manchmal nicht ganz, wie es dort funktioniert. „Deswegen sollte man immer mehrmals kommen, um zu sehen, ob es zu einem passt“, empfiehlt Irmgard. „Jeder ist gleichwertig in der Gruppe. Es gibt keine Beiträge, nur kleine Spenden am Ende des Treffens.“

>>> HIER TRIFFT SICH DIE AL-ANON GRUPPE IN RHEINHAUSEN

  • Die Al-Anon Gruppe in Duisburg-Rheinhausen trifft sich im Gemeindetrakt der Erlöserkirche der evangelischen Emmaus-Kirchengemeinde, Beethovenstraße 18a. Gruppengespräche gibt es sonntags um 11 Uhr oder donnerstags um 19 Uhr.
  • Alternativ gibt es die Gruppe in Moers, die sich freitags ab 19.30 Uhr in der Begegnungsstätte Haus am Schwanenring, Schwanenring 5 in Moers trifft. Kontakt zu den Gruppen in Duisburg und Moers unter 0176/63352079