Duisburg. Die Lage an den Duisburger Grundschulen ist angespannt wie nie: Dort sind an 24 der 81 Grundschulen der Stadt Rektorenstellen unbesetzt. Ein Problem, das ganz NRW betrifft: Dort fehlen insgesamt an elf Prozent der Grundschulen die Leiter. Die geringe Besoldung könnte eine mögliche Ursache sein.
Diese Faustregel ist schmerzhaft bekannt, wie aber auch reichlich absurd: Kleine Kinder, kleines Geld – große Kinder, großes Geld: Die Rektoren an Grundschulen in NRW bekommen gerade mal so viel Gehalt wie ein junger Berufsanfänger an einem Gymnasium – Besoldungsstufe A13, eventuell A13 mit Zuschlag. Ist dies möglichweise ein Grund von vielen, warum nicht nur deutschlandweit, sondern auch an den 81 Grundschulen der Stadt Duisburg die Zahl der unbesetzten Führungs-Positionen - Rektor und Konrektor - so groß ist?
Eine aktuelle Umfrage der Kultusminister in Deutschland hat es an den Tag gebracht: Elf Prozent der Grundschulen in NRW (328 von 2891) sind derzeit ohne festen Leiter.
„Die Lage ist derzeit so entspannt wie noch nie.“
In Duisburg sind es sogar noch etwas mehr. Nach Angabe des zuständigen Schulamtes sind derzeit von 81 Grundschulen elf ohne Rektor (= 13 Prozent) und 13 Schulen ohne Stellvertreter, sprich ohne Konrektor. Doch für Schulamtsdirektorin Monika Müller von der Schulaufsicht ist diese Zahl und somit die kritische Sicht auf die Dinge eher relativ: „Von diesen elf freien Stellen werden in den kommenden zwei bis drei Monaten zehn Stellen besetzt sein, dafür liegen Bewerbungen vor. Wir haben also derzeit nur eine einzige Rektor-Vakanz.“ Auch die Anzahl der freien Konrektoren-Stellen belaufe sich lediglich auf fünf. Für acht Stellen lägen ebenfalls Bewerbungen vor.
Müller: „Vom Grundsatz stimme ich aber zu, es wird zunehmend schwerer, freie Leitungspositionen an Grundschulen zu besetzen. Nicht nur in Duisburg, überall. Dafür gibt es tatsächlich eine Reihe von Gründe.“ Doch zum aktuellen Zeitpunkt sei aus ihrer Sicht der Dinge die Personallage „so entspannt wie noch nie.“
Für Martin Fey, Rektor an der städtischen Gemeinschaftsgrundschule Zoppenbrückstraße (Großenbaum) und Sprecher der Duisburger Grundschullehrer ist diese Interpretaion der Zahlen reichlich schön gefärbt.
24 Leiterfunktionen in Duisburg unbesetzt
Fey: „Man muss bedenken, dass nicht jede Bewerbung zu einer Stellenbesetzung führt. Es ist zum Beispiel ein Fall einer Konrektorstelle bekannt, die bereits seit acht Jahren nicht besetzt werden konnte.“ Zudem bleibe es Fakt, dass gestern – am 6. Mai – elf Rektorenposten plus 13 Konrektorenstellen, also 24 Leiterfunktionen an 81 Duisburger Grundschulen unbesetzt waren. Kein Pappenstil.
Aus diesem Grund hatten die Duisburger Grundschulleiter bereits zum Jahresbeginn, am 27. Januar, ihrer obersten Dienstherrin, der Schulministerin, einen Brandbrief geschrieben: „Schon jetzt ist abzusehen,“ heisst es darin, „dass wieder neue Stellen frei werden. Die Gesamtzahl der nicht besetzten Stellen liegt seit mittlerweile fünf Jahren (seit 2008) immer zwischen 15 und 30 Stellen. Diese nicht besetzten Stellen sorgen für eine erhebliche Zusatzbelastung für die amtierenden Schulleitungen. Zahlreiche Duisburger Schulleitungen mussten in den vergangenen Jahren für einen vorübergehenden Zeitraum zwei Schulen leiten.“
Schon lange nicht mehr zeitgemäß
Ihe Forderung: Die Schaffung eines Vertretungspools für nicht besetzte Schulleitungsstellen, eine bessere Besoldung für Grundschulleiter, und Konrektoren-Stellen auch für kleinere Grundschulen. Denn: Konrektorstellen nur bei Grundschulen mit mehr als 180 Schülern zu führen, sei „schon lange nicht mehr zeitgemäß“. Alles Forderungen, die richtig ins Geld gehen. Kein Wunder, dass Fey noch heute vergeblich auf eine Antwort aus Düsseldorf wartet.
Doch auch Monika Müller, die Schulaufsichtsbeamtin, hat Verständnis für die breite Zurückhaltung gegenüber dem Rektoren-Posten an einer Grundschule: „Rektoren müssen viel Zusätzliches leisten, bekommen aber - verglichen mit jungen Studienräten an Gymnasien oder Sonderschullehrerrinnen, die vielleicht nur vier Kinder unterrichten, exakt das gleiche Geld.“
Zu wenig für die Leistung: Das schmälert die Motivation für solche Posten. Und neben Verwaltungsaufgaben wie Statistiken führen, täglich Vertretungspläne erarbeiten, den offenen Ganztag organisieren und die alle fünf Jahre wiederkehrende, aufwändige Qualitätsanalyse der Schule abliefern müssen diese Pädagogen auch noch zehn bis 17 Wochenstunden an Unterricht leisten. Von der neuen Aufgabe „Inklusion“ (gemeinsames Beschulen von Kindern mit und ohne Behinderung) ganz zu schweigen. Müller: „Man muss schon eine hohe Motivation für diese Rektoren-Position mitbringen!“
Das Land hat große Probleme, die Stellen zu besetzen
Und die ist im Schulkollegium nicht mehr so häufig anzutreffen. Die Tendenz geht hin zur Teilzeit-Lehrerin, weg von der familien-störenden Vollzeit und erst recht weg von der Karriere als unterbezahlter Schulleiter. „Somit hat das Land Probleme, solche Stellen zu besetzen.“ Dies alles sei aber dem Ministerium wohl bekannt.
Aber auch dem Sprecher der Grundschulleiter ist klar, dass eine Veränderung nicht von heute auf morgen umzusetzen ist: „Wir hoffen allerdings“, so aus seinem Brief an die Schulministerin, „dass Sie sich dieser Problematik noch in dieser Legislaturperiode annehmen, damit sich die Situation bald deutlich verbessert und die Duisburger Grundschulen bald wieder alle mit einer kompletten Schulleitung arbeiten können.“ Hofft er vergeblich?