Duisburg. Wurst- und Schinkensommelier Rafael Herrmann ist Duisburgs erster Cortador. Was er dafür können muss und warum er einen Pferdeknochen braucht.

Rafael Herrmann ist ein ausgezeichneter Schinkenaufschneider. Das hat er schriftlich. Der 54-jährige Obermeidericher wurde schon 2021 Wurst- und Schinken-Sommelier. Jetzt ist er auch Duisburgs erster Cortador.

Beide Auszeichnungen, für die er noch einmal die Schulbank drücken musste, sind auf Urkunden dokumentiert, die er stolz in den Händen hält. Das Wort Sommelier stammt aus dem Französischen, der Cortador ist die spanische Bezeichnung für jemanden, der es versteht, das Verzehren eines Schinkens schon durch das gekonnte Aufschneiden zum Erlebnis werden zu lassen. „Auf das Mundgefühl kommt es für den Genießer an“, betont Rafael Herrmann, „aber auch das Auge isst mit.“

Duisburger Schinkenspezialist ist deutschlandweit tätig

Der Sommelier und Cortador führt uns in seine Küche. Dort liegt ein stattlicher Iberico-Schinken auf der Arbeitsplatte. Einkaufspreis 350 Euro. Rafael Herrmann zieht eine Schublade auf und holt einen kleinen spitzen Gegenstand heraus. „Das ist ein speziell bearbeiteter und völlig geruchsneutraler Pferdeknochen. Damit prüfe ich den Reifegrad eines Schinkens.“

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„Ich gehe ja nicht mit einer Fahrradfelge an einen edlen Schinken“, lacht er und geht an seine umfangreiche Sammlung an Spezialmessern. Herrmann schneidet den Schinken in Platten, je dünner desto besser, und legt ihn anschließend so, dass sich mit der Fettstruktur ein schönes Bild ergibt. Das macht Appetit auf mehr.

„Mir kommt es aber auch darauf an, dass ich den Kunden mehr über den Schinken erzähle“, berichtet er. So ist er für das Versmolder Unternehmen „The Family Butchers Germany“ fast deutschlandweit unterwegs, um in Metzgereien, Lebensmittelmärkten, bei Caterern, auf Seminaren und Fachmessen sein umfangreiches Wissen weiterzugeben.

Fleisch: Haltung und Aufzucht der Tiere spielen große Rolle

Und der von ihm beratene Personenkreis informiert dann seine Kunden. „Wo wird am meisten geplaudert?“, fragt Herrmann und gibt selbst die Antwort: „Beim Friseur und an der Metzgertheke.“

Der Endverbraucher sei qualitätsbewusster geworden und wolle mehr wissen, und das sei gut. Woher das Fleisch komme, spiele eine Rolle, wie Haltung und die Aufzucht eines Tieres und letztlich der Geschmack der angebotenen Ware sei. Und da müssten die Verkäuferinnen und Verkäufer ehrlich und sachkundig Rede und Antwort stehen. „Sie sind schließlich Genussbotschafter.“

Bei seiner Zusatzqualifikation zum Sommelier und Cortador hat der Familienvater und Metzger mit Herz und Leidenschaft seine langjährige Erfahrung genutzt, aber selbst auch, wie er es in Anspielung auf das Schinkenschneiden schmunzelnd formuliert, „zusätzlichen Schliff“ bekommen.

Fleischer aus Duisburg hat sich in Augsburg weitergebildet

Auf der Fleischerschule in Augsburg habe er viel über Raucharomen erfahren, über die Veredelung mit Reifekulturen und Mikroorganismen. Er zeigt auf die gerade angeschnittene große Schinkenkeule. Dort sind winzige kleine Flecken zu erkennen. „Eiweißkristalle. Das sind die Diamanten im Fleisch“, erläutert er.

Einige Neu-Cortadore wie auch er selbst haben inzwischen begonnen, ihre eigenen Knochenschinken-Kreationen zu reifen. Das sei allerdings keine Angelegenheit von Tagen oder Wochen. So ein Schinken kann schon mal bis zu einem oder mehreren Jahren reifen, um sein optimales Aroma zu entwickeln.

Er fühle sich durch seine Zusatzqualifikationen neu motiviert, kreativ beflügelt und rundum zufrieden. Wenn er auf seine langjährige Berufstätigkeit zurückblickt, sei jetzt als Sommelier in Cortador eine neue Phase eingetreten, die auch etwas mit Lebensmittelkultur und erhöhter Wertschätzung eines Produktes zu tun habe.

>>IN MEIDERICHER TRADITIONSMETZGEREI GELERNT

Das Metzgerhandwerk hat Rafael Herrmann in der ehemaligen Obermeidericher Traditionsmetzgerei Geimer von der Pike auf gelernt.

Danach gab es kurze Episoden, in denen er als Lohnschlächter gearbeitet hat und auch zwei Jahre im Bergbau tätig war. Aber dann ging es für Herrmann zurück zu den Wurzeln.

die Erfüllung in seinem erlernten Beruf wiedergefunden und reicht als Cortador und Sommelier sein Wissen nun weiter.