Duisburg-Ruhrort. Dreckecken, Industrie-Tristesse und herausgeputzte Neubauten: Fotograf Stefan Arend fotografiert in Duisburg - und fühlt sich „reich beschenkt.“
Als Stefan Arend vor zwei Jahren als Fotograf für die WAZ und NRZ nach Duisburg kam, war er gespannt, was ihn erwartet. Mittlerweile ist er begeistert: „Duisburg beschenkt mich mit Motiven.“ Oft ist er nach seinen fotojournalistischen Terminen noch unterwegs, macht sich auf die Suche nach Szenerien der Stadt, findet überraschende Blickwinkel und porträtiert Duisburger. Die Ergebnisse kann man ab sofort in dem zum Kreativquartier umgebauten alten Ladenlokal „Plus am Neumarkt“ in Duisburg-Ruhrort besichtigen.
Schon als 14-Jähriger wusste Arend, dass er Fotograf werden will – schuld war ein Ferienlager der Falken, in dem eine Foto-AG angeboten wurde. „Mit der Kamera kann man Zustände aufdecken und erklären“, verinnerlichte der Essener. Der Vater schenkte ihm eine „Voigtländer Bessa“, die der Filius allerdings nicht besonders toll fand – aber eigentlich wollte die Familie ja auch lieber, dass er nach der Schule bei der Stadtverwaltung anheuert.
Fotograf ist seit zwei Jahren für Duisburger Zeitungen unterwegs
So kam es nicht. Stattdessen kaufte sich Arend von seinem ersten Geld einen neuen Fotoapparat, schrieb sich nach dem Abi an der Folkwang-Uni für das Fach Fotografie ein, „doch das war mir irgendwann alles zu verkopft.“ Er verließ die Uni ohne Abschluss und zog mit seiner heutigen Frau ins britische Sheffield. Dort arbeitete für die Zeitung „Yorkshire Post“ und in einem Fotolabor - „acht Stunden im Dunkeln.“ Entwickelt wurden professionelle Aufnahmen, „aber die Dessous-Strecken haben wir uns natürlich besonders gründlich angeschaut.“
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Zurück in Deutschland spezialisierte sich der heute 59-Jährige auf Gebäude, lichtete für Architekturbüros Häuser ab. Einmal sperrte die Polizei für ihn sogar in Hamburg eine Hauptstraße, „denn Architekten mögen am liebsten leere Straßen und ein paar weiße Wölkchen am Himmel.“ Im entscheidenden Moment schoben die sich allerdings vor die Sonne. Nach drei, vier Versuchen, hatte Arend das Motiv im Kasten - und entschied, dass ihm dieser Job auf Dauer zu langweilig ist. Er wechselte lieber zur Hannoverschen Allgemeinen und später zur Agentur Action Press.
Die Häuser, die nun in der Ausstellung zu sehen sind, haben denn auch mit den Aufnahmen von damals nicht viel gemein. Ein Bild zeigt ein recht neues Reihenhaus, abgeschottet mit einer Gabione. Auf einem anderen Foto ist eine Wohnung zu sehen - im Fenster warnt ein Zettel, dass der Bewohner eine Pistole besitzt. Es sind „diese Welten, die in Duisburg nebeneinander existieren“, die ihn faszinieren. So wie die akkurat angeordneten Neuwagen auf dem Logport-Gelände oder eine Protz-Karre vor türkischer Flagge. „Klischees möchte ich nicht bedienen, aber manchmal finden die Foto-Motive mich.“
Szenen in Duisburg: „Das Foto ist in dem Moment fertig, in dem ich es mache“
Ausfindig macht Arend sie auch, ganz klassisch, mit einem Stadtplan. „Dann hab ich geguckt, wo es viele Hafenbecken gibt und mich dort in der Umgebung umgesehen.“ Ein anderes Mal kam er von einem Termin in einem Jugendzentrum im Duisburger Norden, als drei Jungs ihn ansprachen: „Ey, machst du Foto?“ Macht er. Nun ist das Trio vor einem türkischen Imbiss zu sehen, komplett ungestellt.
Am Rhein sprach er einen anderen Mann an, der mit nacktem Oberkörper, wie ein Fels in der Brandung, dort saß. Er hatte nichts dagegen, dass Arend ihn porträtierte. „Das Foto ist in dem Moment fertig, in dem ich es mache. Ich verändere im Nachhinein nichts.“
Serie „In Duisburg“ regelmäßig auf Facebook veröffentlicht
Seine Serie „In Duisburg“, die er regelmäßig auch bei Facebook veröffentlicht, will er bald abschließen und sich einem neuen Projekt widmen. Duisburger will Arend dann zeigen. Er freut sich über die Gelegenheit, die das Kreativquartier im Ruhrort bietet. Am liebsten hätte er dem Oberbürgermeister mal seine Sicht auf Duisburg präsentiert. Dieser könnte dann sehen, dass Müllhaufen, in warmes Licht getaucht, durchaus ein Fotomotiv wert sind.
Ruhrort hält Arend indes für eines der spannendsten Fleckchen von Duisburg. „Meine tägliche Ausstellung ist aber die Zeitung.“
>> Ausstellung ist Dienstag und Donnerstag geöffnet
Die Ausstellung „In Duisburg“ ist bis zum 6. Juli am Neumarkt 19 zu sehen. Geöffnet ist die umfunktionierte Parfümerie Dienstag und Donnerstag von 10 Uhr bis 13 Uhr. Nach Vereinbarung (Kontakt per Mail: starend@mac.com) kann man auch Stefan Arend dort antreffen.
„Es ist ja das erste Mal, dass wir wegen der Corona-Pandemie wieder öffnen können. Aber Nachbarn berichten uns, dass unser Ladenlokal für viele ein Anlaufpunkt geworden ist und der Stadtteil belebt wird“, freut sich Heiner Heseding vom Kreativquartier.