Duisburg. Markus Psotta stand als Zehnjähriger für rund 60 Shows auf der großen Musical-Bühne im Theater am Marientor in Duisburg. Ein Rückblick.
Duisburg, 26. Januar 1996, Theater am Marientor. Wo heute im Akkord zahlreiche Corona-Tests durchgeführt werden, hob sich vor 25 Jahren der Vorhang für eine glamouröse Deutschlandpremiere. Das Musical "Les Misérables", basierend auf Victor Hugos Roman "Die Elenden", sollte den Tourismus in Duisburg kräftig ankurbeln. Mit dabei: Markus Psotta. Der heute 36-jährige Bankkaufmann aus Bottrop stand als Zehnjähriger in der Kinderrolle des Gassenjungen "Gavroche" in rund 60 Shows mit auf der großen Bühne.
"Zu der Zeit war die große Musical-Phase", erklärt er im Gespräch mit dieser Redaktion. "Starlight-Express in Bochum war damals mein Musical." Unzählige Male hat er die Show auf dem Schulhof nachgespielt. Dass er Talent besitzt, merkte er spätestens bei einem Türkei-Urlaub mit seinen Eltern. "Da gab es eine Kinderanimation. Dort haben wir das Musical 'Cats' aufgeführt", erinnert er sich. Seine Darbietung begeisterte das Publikum.
Casting in Duisburg: Kinderdarsteller für "Les Misérables" gesucht
Psottas Großonkel war es, der vom Kinder-Casting für "Les Misérables" in Duisburg erfuhr. Die Jungenrolle "Gavroche" und die beiden Mädchenrollen "Cosette" und "Éponine" werden von Kindern dargestellt. "Meine Eltern dachten sich: Lass den Jungen mal machen, das wird eh nichts", erinnert sich Psotta lachend. Er fuhr zu einem ersten Casting. Rund 30 Kinder sind gekommen, spielerisch sollten sie sich an Szenen und Songs herantasten. Nicht alle überzeugten. Einige Kinder mussten das Vorsprechen verlassen, haben keine Rolle in der Musicaladaption ergattern können. "Meine Eltern haben verzweifelt auf mich gewartet, ich kam aber nicht raus", sagt Psotta.
Er überzeugte. Auch in der zweiten und dritten Casting-Runde stach sein Talent hervor. Insgesamt zehn Jungs wurden für den Gavroche-Part verpflichtet - auch Markus Psotta. Im Frühherbst 1995 starteten schließlich die Proben. Erst im Einzelunterricht, später dann zusammen mit dem großen Ensemble. "Die komplette Bühne wurde in einer Sporthalle in Duisburg nachgebaut", erinnert er sich. Aufgeregt war er, als er das erste Mal mit den den "großen Darstellern" zusammentraf. "Damals war das Ensemble riesengroß, da standen 40 bis 50 Leute auf und neben der Bühne", erklärt er.
Musical "Les Misérables": Große Drehbühne änderte das Bühnenbild
Eine erste Herausforderung: Die riesige Drehbühne, mit der das Bühnenbild blitzschnell wechseln konnte. "Die hatte verschiedene Geschwindigkeiten. Da musste erstmal geschaut werden: Wie viel halten kleine Jungs eigentlich aus?", erinnert sich Psotta lachend. Mit jedem Tag wuchs die Aufregung. Seine erste Vorstellung spiele Psotta zwei Tage nach der Premiere. "An diesem Tag wurde noch ein Auftritt von Gavroche geändert", sagt er. Ursprünglich sollte der kleine Junge bei seiner ersten Szene auf den aufgebauten Barrikaden sitzen. Kurzfristig entschied man, dass er doch lieber mit dem Ensemble einlaufen soll.
[Weitere Nachrichten aus Duisburg lesen Sie hier]
"Meine Eltern saßen bei der Premiere in der Kantine des Theaters und haben die Show über einen Bildschirm verfolgt. Sie wussten nichts von der kurzfristigen Änderung", erklärt Psotta. "Mein Papa ist total nervös geworden, weil ich nicht auf den Barrikaden saß." Seine Premiere funktionierte reibungslos. Fortan stand er einmal pro Woche als Gavroche auf der Bühne, einen weiteren Tag war er als "Stand by" verpflichtet - wenn der geplante Kinderdarsteller kurzfristig ausfiel, musste Psotta einspringen.
Musical im Theater am Marientor: Pannen gehörten dazu
In rund 60 Shows lief nicht alles reibungslos. "Einmal hat der Tontechniker geschlafen", erinnert sich Psotta lachend. Gavroche wird in der Show mit drei Schüssen getötet. Psotta stand bereits auf der Bühne - die Schussgeräusche kamen aber nicht. "Da musste man einfach durchziehen", sagte er. Er spielte die Todesszene, brach auch ohne Schussgeräusche auf der Bühne zusammen.
Seine letzte Vorstellung spielte er am Ostersonntag 1997. "Danach konnte ich Les Misérables weder sehen noch hören", erinnert er sich. Nicht aus Überdruss. Vielmehr machte es ihn traurig, dass seine Zeit beim Musical vorbei war. Andere wichtige Lebensabschnitte standen jetzt bevor: Schulabschluss, Ausbildung, andere Hobbys. Der Bühne ist er dennoch treu geblieben: Mit Pausen hat er immer wieder an Musicalprojekten teilgenommen, stand als Jugendlicher beim "kleinen Horrorladen" auf der Bühne, spielte später eine Hauptrolle in "Hair". Bis heute ist er in seiner Freizeit in semiprofessionellen Produktionen zu sehen.
"Les Misérables" sah er übrigens zum ersten Mal nach Duisburg 2012 in London. "Am Ablauf der Show hat sich rein gar nichts geändert", sagt er. "Natürlich habe ich besonders auf Gavroche geachtet." Eine Herzensrolle eben.