Ein unscheinbarer Hinterhof. Sie grüßt ihre Nachbarn auf den Balkons und hinter den Fenstern. Ein Industriezaun. Sie hievt ihn zur Seite. Dahinter ist Brachland. In einem Gehege grasen zwei Ziegenböcke, Hunde bellen und Hühner gackern.
Doris Püschel wohnt nicht etwa im Allgäu, sondern in Duisburg-Marxloh. Die Weseler Straße mit ihren Geschäften, Restaurants, Trink- und Spielhallen ist ganz in der Nähe.
Das Brachland liegt an der Dahlstraße am Schwelgernpark. Hundetrainerin Püschel hat es mit ihrer Freundin, der Pädagogin Claudia Hussong, angemietet. „Die Lage ist toll“, sagt Hussong. „Marxloh ist ein gutes Pflaster und hat viel Potential“. Hier entsteht die Firma „Wir und Tier“. Die gemeinnützige GmbH wird tiergestützte Therapie für Kinder, Jugendliche und Senioren anbieten. „Reittherapie ist schon lange anerkannt, Therapie mit Haus- und Nutztieren ist allerdings noch nicht etabliert“, sagt Claudia Hussong. Sie habe viele Jahre mit Kindern gearbeitet und wisse, dass es jedoch „sehr positive Reaktionen“ auf einen Hund gebe. Herkömmliche Therapien will sie nicht ersetzen, sondern ergänzen. Eine Kooperation mit Ergotherapeuten und Logopäden ab 2011 ist bereits vereinbart.
Zwar steht die therapeutische Idee bei dem Projekt im Vordergrund, doch sehen Püschel und Hussong auch einen Erziehungsgedanken. „Kinder sitzen oft vor dem Computer und haben noch nie den Rhein gesehen, obwohl sie in Duisburg leben. Wir wollen ihnen helfen, Schritte in Richtung Natur zu machen,“ sagt Hussong. Dazu gehöre die Vermittlung des richtigen Umgangs mit Tieren. Erfahren sollen die Kinder aber auch, wo ein Schnitzel herkommt und dass „Eier vom Huhn und nicht aus dem Supermarkt kommen“. Die beiden Freundinnen von „Wir und Tier“ wünschen sich, dass das tierische Angebot einfester Bestandteil von Marxloh wird. Ein erster Schritt ist bereits gemacht, denn ab September wird die „Lebenshilfe“ regelmäßig zu den Tieren am Schwelgernpark kommen. Der Verein unterstützt geistig behinderte Menschen.
Der gemeinsame Traum von Doris Püschel und Claudia Hussong ist bislang aber nur in Teilen wahrgeworden. Für das, was die beiden erreicht haben sie „sehr, sehr viel gekämpft“. Das Firmengelände zu bekommen, war nicht einfach. Zunächst war es verwuchert und eine wilde Müllkippe. Da hieß es Ärmel hochkrempeln. „Zehn Riesenmüllcontainer“ hat es am Ende gebraucht, aber mit viel Eigenleistung und nachbarschaftlicher Unterstützung und der EG Duisburg konnte ein „ordentliches Stück“ des etwa 4000 Quadratmeter großen Grundstücks wiederhergerichtet werden. Hunde, Ziegenböcke, Zwergziegen, Minischweine, Kaninchen, Hühner und Enten sollen es am Ende sein. Es ist allerdings noch viel zu tun. Teile des Geländes konnten wegen Vogelbrutzeiten noch nicht hergerichtet werden, vereinzelt ist noch Müll zu finden. Rasen muss dringend gesät werden, aber es gibt keine Saat. Hütten für die Tiere müssen noch gebaut werden. Dixi-Klos werden gebraucht. Aber es herrscht Zuversicht. Man lebe inzwischen nach dem Motto „steter Tropfen bringt einen Zaun oder so,“ verrät Doris Püschel und lächelt.