Duisburg. Die Corona-Variante aus England ist bei fünf Duisburgern nachgewiesen worden. Wie es ihnen geht und wie die Stadt nun nach Mutanten suchen will.
Labore haben Mutanten des Coronavirus bei Infizierten aus Duisburg nachgewiesen. Die britische Variante B.1.1.7 sei bislang in fünf Fällen entdeckt worden, sagte Stadtsprecher Peter Hilbrands auf Nachfrage.
Die Duisburger Stadtverwaltung lasse Corona-Abstriche seit Anfang voriger Woche auf Virus-Mutationen hin untersuchen, so Hilbrands. Von den fünf Nachweisen stammten „zwei Fälle aus der letzten Woche, und drei Fälle sind an diesem Wochenende festgestellt worden“. Die Ergebnisse für 13 weitere analysierte Proben standen am Dienstagnachmittag noch aus.
Die fünf Infizierten befänden sich im Austausch mit dem Gesundheitsamt. Es handele sich um Männer und Frauen im Alter zwischen 35 und 45 Jahren. Ihre Krankheitsverläufe seien bislang „eher leicht“, ergänzte Stadtsprecherin Gabi Priem.
So will Duisburgs Corona-Krisenstab sequenzieren lassen
Der städtische Corona-Krisenstab habe am Freitag beschlossen, fortan grundsätzlich 20 Prozent aller positiven Duisburger Proben auf Virusmutationen untersuchen zu lassen. Zudem würden nachträglich 15 Prozent der positiven Duisburger Fälle sequenziert, die seit etwa 25. Januar labortechnisch bestätigt worden waren.
Mit der Genom-Sequenzierung positiver Proben lassen sich potenziell ansteckendere Varianten feststellen. Allerdings wurden hierzulande noch im Dezember lediglich 0,06 Prozent der positiven Tests sequenziert, kritisierte am Wochenende der FDP-Fraktionsvize im Bundestag, Michael Theurer. Nach Vorgaben des Robert Koch-Instituts (RKI) sollen seit dem 19. Januar in Deutschland fünf Prozent der positiven Proben in deutschen Laboren sequenziert werden. Noch ist das Verfahren vergleichsweise teuer und langwierig; der Nachweis ist jedoch offenbar auch über eine zweite PCR-Testung möglich, die spezifisch auf Mutationen aus England, Südafrika und Brasilien anschlägt.
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Der Duisburger Krisenstab unter der Leitung des Beigeordneten Andree Haack verfolgt also ein ehrgeiziges Ziel, wenn er 20 Prozent aller positiven Tests sequenzieren lassen will. „In der Regel erfolgt die Nachuntersuchung durch die Labore, die den Befund erhoben haben, da oft Rückstellproben der Labore vorliegen“, erklärt Stadtsprecher Peter Hilbrands. In Duisburg „werden viele Befunde zudem über das Labor laufen, welches das Testzentrum im TAM versorgt“. Dies ist die MVZ Labor Krone GbR in Bad Salzuflen.
Im benachbarten Düsseldorf lässt die Stadtverwaltung gleichwohl seit dem 1. Februar nach eigenen Angaben alle positiven PCR-Proben aus dem städtischen Testzentrum sowie der mobilen Testdienste zusätzlich auf Mutationen untersuchen.
Unerforschte Mutationen als besonderes Risiko für Ex-Hotspot
Die Verringerung der Dunkelziffer ist im Falle der Mutanten besonders wichtig, weil die nun auch bei Duisburgern attestierte SARS-CoV-2-Variante B.1.1.7, die sich seit September in Großbritannien ausbreiten soll, ersten Untersuchungen zufolge leichter übertragbar sei als bisher zirkulierende Varianten. Das RKI erklärt zum aktuellen Forschungsstand: „Während anfangs nicht davon ausgegangen wurde, dass diese Variante mit schwereren Krankheitsverläufen einhergeht, gibt es inzwischen – bei begrenzter Datenlage – erste Hinweise darauf, dass sie mit einer erhöhten Fallsterblichkeit einhergehen könnte.“ Hinweise auf eine verringerte Wirksamkeit der Impfstoffe gebe es dagegen bislang nicht.
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Die Neuinfektionsrate sinkt in Duisburg zwar seit Tagen schneller als in einigen anderen ehemaligen NRW-Hotspots, und die Sieben-Tage-Inzidenz liegt mitunter unter dem NRW-Schnitt (Montagabend: 79,6; siehe Grafik). Für die 2020 monatelang stark betroffene Stadt mit all ihren Risikofaktoren – hohe Armutsquote und hohe Bevölkerungsdichte im Logistik-Zentrum einer Grenz- und Pendlerregion – wäre eine ansteckendere und gefährlichere Virusvariante jedoch eine besondere Gefahr.
Zusätzlich zu Stichproben systematische Nachuntersuchungen
Das Duisburger Gesundheitsamt reagiert darauf, indem es über die Sequenzierungsstichproben hinaus zusätzliche Nachuntersuchungen anstrebt. Laut Stadtsprecher Peter Hilbrands sollen in Duisburg positive Fälle nun über den 20-Prozent-Anteil hinaus untersucht werden,
• wenn die/der Infizierte aus dem Ausland eingereist ist,
• sich zum zweiten Mal angesteckt hat
• oder einem auffällig großen Ausbruch zugeordnet werden kann.
• Eine Nachuntersuchung werde zudem erfolgen, sollte sich ein bereits zweimal geimpfter Duisburger anstecken.
Ein solcher Fall sei dem Gesundheitsamt bislang noch nicht bekannt. In Seniorenheimen hatten sich vereinzelt Bewohner infiziert, obwohl ihnen die erste Dosis des Biontech/Pfizer-Vakzins bereits gespritzt worden war. Dies kann jedoch vorkommen, wenn der Impfschutz noch nicht vollständig aufgebaut ist (wir berichteten).
„Mit diesen zusätzlichen Untersuchungen und insgesamt also über 20 Prozent haben wir derzeit ein gutes Lagebild“, erklärte Stadtsprecherin Gabi Priem für den Krisenstab zur Suche nach Mutanten. „Wir beobachten aber das weiteres Geschehen und steuern gegebenenfalls nach.“
>> BRITISCHE CORONA-VARIANTE: VERBREITET IM NACHBARLAND – STUDIE IN NRW
■ In den benachbarten Niederlanden gilt die Variante B.1.1.7 bereits als verbreitet.
■ Wegen der fehlenden Sequenzierung ist unklar, wie viele Menschen sich in Nordrhein-Westfalen bereits mit Mutationen angesteckt haben.
■ Das Ministerium von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann gab vorige Woche den Start eines Modellprojektes „Molekulare Surveillance von SARS-CoV-2-Varianten in NRW“ bekannt. Forscher der Universitätsklinika Münster und Düsseldorf sollen etwa 1000 positive SARS-CoV-2-Proben aus NRW sammeln und auswerten.
■ Dass Coronaviren wie beispielsweise auch Influenzaviren mutieren, ist ganz natürlich. Manchmal helfen die so entstandenen Eigenschaften den Viren, sich (wieder) erfolgreicher zu verbreiten.
■ Zur Übersicht: Corona-Grafiken zum Infektionsgeschehen in Duisburg