Die Kondolenzbücher aus dem Tunnel Karl-Lehr-Straße und dem Rathaus, in denen der Opfer der Loveparade-Katastrophe gedacht wurde, haben seit gestern eine neue provisorische Bleibe gefunden: das Stadtarchiv.

Hier sollen die insgesamt acht Bände vorerst lagern – und zwar so lange, bis ihr endgültiger Verbleib geklärt ist. Der „Bürgerkreis Gedenken“ hofft darauf, dass die Bücher einmal einen würdigen Platz innerhalb jener Gedenkstätte erhalten werden, die es fortan noch zu planen und gestalten gilt.

Die vier Bände, die zwischen dem 26. und 30. Juli im Tunnel auslagen und mehr als 3000 Einträge enthalten, überbrachte gestern Dr. Michael Willhardt als Mitglied des Bürgerkreises und 1. Vorsitzender des Vereins „Zukunftsstadtteil e.V.“. Ergänzt wurden diese durch jene vier Bände aus dem Rathaus, die addiert rund 400 Einträge aufweisen. Hier agierte Peter Wende, der Leiter des Referates für Repräsentation im Dezernat des OB, als offizieller Überbringer. In Empfang wurden sie von Stadtarchiv-Leiter Dr. Hans Georg Kraume genommen.

„Wir fungieren hier als Zwischenlager und behalten die Kondolenzbücher, bis klar ist, was mit ihnen geschieht“, erläuterte Kraume und fügte hinzu: „Nun werden wir erst einmal Sicherheits-Kopien auf Mikrofilm von allen Exemplaren anfertigen, damit wir sie für die Ewigkeit erhalten. Vielleicht sind sie an ihrem endgültigen Bestimmungsort ja für niemanden mehr einsehbar.“ Das könnte etwa der Fall sein, wenn die Bände im Fundament einer Gedenkstätte einbetoniert werden sollten.

Der Erhalt für die Nachwelt sei ein wichtiger Schritt, stellte Kraume klar. Er kann sich schon heute sehr gut ausmalen, dass die Inhalte der Kondolenzbücher einmal Teil von wissenschaftlichen Arbeiten werden könnten. Er selbst habe bislang nur flüchtig durch die in Schwarz gebundenen Bücher blättern können, weil er vor der offiziellen Übergabe noch keine Möglichkeit hatte, in sie hineinzuschauen.

Dr. Michael Willhardt und seine Mitstreiter vom „Zukunftsstadtteil e.V.“ hatten dazu hingegen reichlich Gelegenheit – und haben es auch ausgiebigst getan. Dabei sind viele Eindrück hängen geblieben: „Der Kanon der tiefen Trauer und Bestürzung zieht sich quer durch alle Altersklassen. Zwar wird an vielen Stellen auch nach der Verantwortung und den Verantwortlichen gefragt, doch Hetzparolen gegen einzelne Personen gab es im Gegensatz zu den Plakaten im Tunnel hier keine einzige“, erklärte Dr. Willhardt.

Zwei der vier Bände hat er ebenfalls Seite für Seite durchfotografiert. Als Erinnerung. Und als Dokument für sein Archiv. Als würdigen Platz für die Original-Bände betrachtet Willhardt die Gedenkstätte. Bis diese aber tatsächlich fertig sei, würden wohl noch zwei bis drei Jahre ins Land ziehen. Denn zunächst bedürfe es einer Kommission, die das Projekt Gedenkstätte betreut. Und es müsse ein Wettbewerb für Künstler oder Architekten ausgeschrieben werden – je nachdem, für welche Lösung sich die Verantwortlichen am Ende erscheinen. „Denn wichtig ist, dass diese Gedenkstätte auch in 50 und in 100 Jahren noch funktioniert“, beschreibt Willhardt das für ihn wichtigste Anforderungsprofil.

Bis es so weit ist, werden die Kondolenzbücher im Stadtarchiv schlummern. Doch die Augen der Öffentlichkeit können somit zumindest noch in der näheren Zukunft regelmäßig einen Blick darauf werfen.