Duisburg.. Endgültige Entscheidung über Räumungsklage der Stadt gegen die Wagenburg-Bewohner in Duisburg steht aber noch aus. Richter regt weitere Gespräche an.

Nach und nach füllt sich der Saal 210 des Amtsgerichts Ruhrort. Die Bewohner und Sympathisanten des Bauwagenplatzes in Homberg sind auf den Zuschauerbänken leicht zu erkennen. Dreadlocks, teils bunte Haare, Piercings und Kapuzenpullis prägen das Bild. Dazwischen auch einzelne, wenige Bezirksvertreter wie der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus Radny, die sich die Verhandlung über die Räumungsklage der Stadt an diesem Montagmorgen ebenfalls nicht entgehen lassen wollen.

Es ist der vorläufige Höhepunkt eines Streits, der bereits seit 2014 andauert – seit die Stadt als Eigentümerin aufgrund von Vorwürfen wie Hygiene-Mängel und nach einem damals noch einstimmigen Beschluss der zuständigen Bezirksvetretung den 1995 geschlossenen Nutzungsvertrag mit den Bauwagen-Leuten aus ihrer Sicht fristgerecht, ordnungsgemäß und damit wirksam gekündigt hat. Dies sieht die Gegenseite, der Verein Experimentelles Wohnen ganz anders. Deshalb hat man sich gestern vor Gericht wiedergesehen und über Fristen, Widersprüche und Probleme bei der Postzustellung diskutiert. Am Ende wird auch Richter Hilland klar, dass keine gütliche Einigung möglich ist.

Reduzierte Fläche

Die hat Erich Eisel, Anwalt der Wagenburgbewohner, zuvor noch versucht zu erreichen und an die Gegenseite appelliert, das Verfahren zumindest bis auf Weiteres ruhen zu lassen. Hintergrund ist, dass auch durch die zurückliegenden, zahlreichen Protestaktionen der Bauwagenleute politisch längst noch einmal Bewegung in die Sache gekommen ist. CDU, FDP und Wolfgang Bißling (parteilos) halten die von der Stadt vorgebrachten Vorwürfe gegen die Wagenburg-Bewohner mittlerweile für mehr als zweifelhaft.

Sie fordern die Rücknahme der Kündigung, fanden dafür aber keine Mehrheit. Die erhielt indes vor einigen Monaten in der Bezirksvertretung ein Antrag von SPD, Grünen und Karl-Heinz Trzaskaz (damals Linke/jetzt SPD), die sich nun auch für einen Erhalt des Bauwagenplatzes aussprechen – allerdings auf deutlich reduzierter Fläche. Der freiwerdende Platz, so der Plan, soll dem angrenzenden Abenteuerspielplatz Tempoli zur Verfügung gestellt werden.

Rechtlich strittige Fragen

Der Verein „Experimentelles Wohnen“ ist bisher von diesem Vorschlag wenig angetan. Trotzdem hat dessen Anwalt Eisel dafür plädiert, erst einmal die Gespräche diesbezüglich mit der Stadt abzuwarten und den Wagenburg-Leuten darüber hinaus eine Räumungsfrist bis zum 31. Januar 2017 zu gewähren. Die Gegenseite lehnt beides ab und pocht unabhängig vom Ausgang der Gespräche über einen möglichen neuen, veränderten Nutzungsvertrag darauf, nun die rechtlich strittigen Fragen zu klären.

Richter Hilland trifft an diesem Morgen, wie in solchen Zivilprozessen üblich, noch keine Entscheidung, wird diese erst am Montag, 22. Februar, ab 9 Uhr an gleicher Stelle verkünden. Er macht aber deutlich, dass er dazu tendiere, das Kündigungsschreiben für wirksam zu halten. Gleichwohl sehe er die Fronten nicht so verhärtet. Hilland rät dem Verein „Experimentelles Wohnen“, weiter das Gespräch mit der Stadt zu suchen und sich gegebenenfalls auch über einen Bauwagenplatz an anderer Stelle Gedanken zu machen.

Es kann noch Gewinner geben – ein Kommentar von Daniel Wiberny

Ob Richter Hilland Recht hat, ob die Fronten zwischen Stadt und den Homberger Bauwagenleuten wirklich nicht so verhärtet sind, muss sich erst noch zeigen. Fakt ist, dass es für beide Seiten noch die Chance gibt, als Gewinner aus einem ziemlich verfahrenen und von politischem Gezerre begleiteten Streit hervorzugehen. Dazu müssen nun allerdings zügig Gespräche über einen neuen veränderten Nutzungsvertrag für das Gelände an der Ehrenstraße aufgenommen werden.

Bisher stehen dem Verein „Experimentelles Wohnen“ dort laut Stadt 3000 Quadratmeter zur Verfügung. Angesichts dieser Größe für ein paar Bauwagen ist der in der Bezirksvertretung zuletzt mehrheitliche beschlossene Vorschlag, die Fläche zu Gunsten des angrenzenden Abenteuerspielplatzes auf rund ein Drittel zu reduzieren, zumindest eine Diskussionsgrundlage. Es ist trotzdem verständlich, dass die Wagenburg-Bewohner keine Luftsprünge machen – zumal sie sich in der Vergangenheit seitens der Stadt mit Vorwürfen wie Hygienemängel konfrontiert sahen, die zumindest von den Nachbarn aus der Rheinpreußensiedlung längst entkräftet wurden.

Doch unabhängig davon muss den Bauwagenleuten auch klar sein: Große Alternativen sind bisher Fehlanzeige. Und weniger Platz ist besser als nichts. Die Stadt sitzt als Eigentümerin des Grundstücks in Homberg am längeren Hebel und hat – das hat die Verhandlung in Ruhrort gezeigt – beste Karten, was die Wirksamkeit der bislang noch im Raum stehenden Kündigung betrifft.